Technik in der Deutschen Staatsoper Berlin
[ohne Datum]
Information Nr. 82/83 über den mangelhaften Zustand technischer Anlagen in der Deutschen Staatsoper Berlin und mögliche Auswirkungen auf die Durchführung politisch bedeutsamer Veranstaltungen
Dem MfS wurden im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen der Partei- und Staatsführung in der Deutschen Staatsoper Berlin (DSO) Hinweise über den mangelhaften Zustand technischer Anlagen dieser Einrichtung bekannt.
Diese Mängel, die insbesondere durch entsprechende Maßnahmen des Staatlichen Amtes für Technische Überwachung (SATÜ) und anderer staatlicher Organe bestätigt wurden, beziehen sich in erster Linie auf die Gefährdung der stabilen Gewährleistung der Versorgungszuverlässigkeit mit Elektroenergie sowie auf die Verschleißentwicklung der elektrotechnischen Anlagen.
Die störungsfreie Durchführung von Festveranstaltungen in der DSO konnte deshalb bisher nur durch zusätzliche materielle und personelle Unterstützung, Auflagenerteilungen zur Mängelbeseitigung durch das SATÜ und entsprechende Einflussnahme des MfS gewährleistet werden.
In Vorbereitung der zentralen Veranstaltung aus Anlass des 60. Jahrestages der Gründung der UdSSR (Dezember 1982) wurde im Rahmen einer Sonderkontrolle »unter Berücksichtigung des derzeitigen Zustandes der elektrotechnischen Anlagen« durch das SATÜ empfohlen, »von der Nutzung der DSO für die Durchführung bedeutsamer politischer Veranstaltungen Abstand zu nehmen«.1
Die fortgeschrittenen Verschleißerscheinungen sowie die Überalterung der elektrotechnischen Anlagen und die zunehmende Verschlechterung der Ver- und Entsorgungszuverlässigkeit der anderen technischen Anlagen (Klima, Sanitär, Löschwasser, Aufzüge, Bühnentechnik), die weitere Auswirkungen auf die elektrotechnischen Anlagen hervorrufen können, waren Anfang Januar 1983 Gegenstand einer Beratung, an der Mitarbeiter der Protokoll-Abteilungen des ZK der SED und des Ministerrates der DDR, Vertreter des Ministeriums für Kultur, des MfS und leitende Mitarbeiter der DSO teilnahmen.
(Im Ergebnis der Beratung wurde das Mitglied des Politbüros des ZK der SED, Genosse Prof. Hager,2 vom Minister für Kultur, Genossen Hoffmann,3 über die gegenwärtige Lage in der DSO Berlin informiert.)
Unter Hinweis auf die allgemeine Gefährdungssituation (Brandgefahr) und auf mögliche Störungen während der Veranstaltungen sowie im Interesse der Gewährleistung des sicheren Schutzes der führenden Repräsentanten der DDR wurde vom MfS empfohlen, bis auf Weiteres in der Deutschen Staatsoper Berlin keine Protollveranstaltungen durchzuführen.
Die DSO wurde nach Beseitigung der schweren Kriegsschäden 1955 wieder eröffnet.
Bei der Wiederherstellung der technischen Anlagen musste von den vorhandenen räumlichen und materiellen Bedingungen (zum Teil Nutzung 20 Jahre alter Kabel) ausgegangen werden, die jedoch einen störungsfreien Spielbetrieb gewährleisteten.
Bereits im Jahre 1977 hat die Gutachterstelle für Investitionen des Ministeriums für Kultur aufgrund des gestiegenen Leistungsbedarfs und der verstärkten Nutzung des Objektes für zentrale Festveranstaltungen auf die sich ergebenden Einschränkungen in der technischen Verfügbarkeit der Anlagen hingewiesen und eine komplexe Rekonstruktion vorgeschlagen.
Den Schwerpunkt dieser notwendigen Maßnahme bildeten die elektrotechnische Anlage und die Betriebsräume, die als ungeeignet, nicht erweiterungsfähig, dezentralisiert und unübersichtlich charakterisiert wurden.
Die bis dahin infolge des erhöhten Leistungsbedarfs vorgenommenen 180 Anlagenerweiterungen wurden bereits 1977 als Provisorien mit zum Teil erheblichem Risiko für den technisch sicheren Betrieb bezeichnet.
Eine auf der Grundlage des Gutachtens gebildete Arbeitsgruppe zur fachlichen und organisatorischen Vorbereitung der Rekonstruktionsdurchführung schlug vor, im Zeitraum 1981/82 die DSO für neun Monate zu schließen und die Rekonstruktion mit einem Investitionsumfang von ca. 70 Mio. Mark durchzuführen. Wegen der Realisierung anderer Vorhaben im Verantwortungsbereich des Ministeriums für Kultur (z. B. Deutsches Theater, Kammerspiele, Friedrichstadtpalast, Gewandhaus u. Ä.) wurde dieses Vorhaben zurückgestellt und auf die Dringlichkeitsliste für den Fünfjahrplanzeitraum nach 1985 gesetzt.
(In einer neuen Konzeption ist als voraussichtlicher Termin für die Realisierung der erforderlichen Rekonstruktionsmaßnahmen die Vorbereitungsperiode der 750-Jahr-Feier der Stadt Berlin, September/Oktober 1986, vorgesehen.4)
Zur Sicherung der Spielfähigkeit der DSO wurden seit 1980 Werterhaltungsmaßnahmen im Umfang von zwei Millionen Mark vorgenommen. Vom SATÜ werden in kontinuierlichen Abständen Isolationsmessungen durchgeführt.
Die Verschlechterung der elektrotechnischen Parameter (Isolationswerte der Kabel) veranlassten das SATÜ zu Forderungen, wonach zur weiteren Nutzung der DSO als Veranstaltungsobjekt für gesellschaftspolitische Höhepunkte der Neu- bzw. Umbau der Hoch- und Niederspannungsschaltanlagen, Hauptverbindungskabel, Notbeleuchtungsanlage und der Allgemeinbeleuchtung eine Mindestvoraussetzung bilden.
Eine langfristige Stabilisierung der Versorgungszuverlässigkeit der elektrotechnischen Anlagen in der DSO könne jedoch nur durch Neuanlagen erreicht werden.
Im Ergebnis der zur Sicherung zentraler staatlicher Veranstaltungen eingeleiteten Zusatzmaßnahmen wurde die Inbetriebnahme einer neuen und notwendigen Hochspannungsschaltanlage realisiert und damit die technische Sicherheit der Elektroenergieeinspeisung erhöht. Eine Verbesserung des Gesamtzustandes ergibt sich jedoch erst nach dem Abschluss aller elektrotechnischen und bautechnischen Rekonstruktionen in der DSO.
In Anbetracht dieser Situation beauflagte das SATÜ die DSO, bis zu diesem Zeitpunkt die Anlagen durch erhöhten Instandhaltungsaufwand für den normalen Spielbetrieb verfügbar zu halten.
Diese Auflage ist jedoch nach Meinung von Fachexperten sehr infrage gestellt, da das entsprechende betriebliche Personal vorwiegend mit der operativen Ausführung anfallender Reparaturen, mit bühnentechnischen Aufgaben und der Absicherung besonderer Veranstaltungen (Opernball, Gastspielreisen) ausgelastet sei, sodass die planmäßige Instandhaltung im erforderlichen Umfang nicht gewährleistet werden könne.
Ausgehend von der geschilderten Situation wird deshalb vorgeschlagen zu prüfen, inwieweit baldmöglichst eine entsprechende Entscheidung über die kurzfristige Rekonstruktion und Sanierung der technischen Anlagen und Einrichtungen mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen (z. B. Bilanzierung des ausführenden Fachbetriebes, Bereitstellung der erforderlichen finanziellen Mittel, zeitweilige Schließung des Objektes) herbeigeführt werden kann.