Verhinderter Grenzdurchbruch
22. November 1983
Information Nr. 407/83 über einen verhinderten gewaltsamen Grenzdurchbruch durch zwei Bürger der DDR mit einem Tankzug-Auflieger am 21. November 1983 an der Grenzübergangsstelle Marienborn/Autobahn
Am 21. November 1983, 21.18 Uhr, unternahmen die Bürger der DDR Fricke, Hans-Jürgen (29), wohnhaft Magdeburg, [Straße, Nr.], Kraftfahrer, VEB Minol Magdeburg, geschieden, und [Name, Vorname] (15), wohnhaft Bahrensdorf, Kreis Wanzleben, [Straße, Nr.], Maurerlehrling, VEB WBK Magdeburg, Abschluss der Sonderschule, ledig, den Versuch, mit einem Tankzug-Auflieger, Typ Volvo, des VEB Minol Magdeburg, die Staatsgrenze der DDR im Bereich der Grenzübergangsstelle Marienborn/Autobahn gewaltsam zu durchbrechen.
Der Durchbruch wurde nach Ausfahren der Rollsperre im Sicherungsbereich der Grenztruppen der DDR und nach Anwendung der Schusswaffe durch die eingesetzten Angehörigen der Grenztruppen der DDR verhindert.
Die Täter wurden verletzt festgenommen.
Die bisher geführten Untersuchungen ergaben, dass sich die Täter, die sich seit Juli 1983 kennen, am 20. November 1983 entschlossen, die DDR mittels eines Tankzuges ungesetzlich nach der BRD zu verlassen.
Am 21. November 1983 übernahm Fricke den leeren Tankzug im normalen Wechsel von einem anderen Kraftfahrer, und beide [Fricke und [Name]] vereinbarten für diesen Tag, ihr Vorhaben durchzuführen.
Gegen 21.17 Uhr näherten sie sich auf der Autobahn der Grenzübergangsstelle und durchfuhren hinter einem Lkw aus der BRD den VP-Kontrollpunkt.
Der VP-Posten informierte unverzüglich die Passkontrolleinheit. In der weiteren Folge durchfuhr dieses Fahrzeug auf einer frei gewordenen Spur die Vorkontrolle/Ausreise. Durch die Passkontrolleinheit wurden sofort Alarm ausgelöst und entsprechend den Varianten der Handlungen die erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung eines gewaltsamen Grenzdurchbruches eingeleitet. Die Abfertigung des grenzüberschreitenden Verkehrs wurde auf der gesamten Grenzübergangsstelle eingestellt.
Mit zunehmender Geschwindigkeit (ca. 70–80 km/h) durchbrach der Tankzug Passagensperreinrichtungen, verkehrsregulierende Schlagbäume in der Vorkontrolle/Einreise und im Grenzstreckenabschnitt und prallte mit einer Geschwindigkeit von ca. 80 bis 100 km/h auf die geschlossene Rollsperre im Sicherungsbereich der Grenztruppen der DDR. Dabei wurde die Zugmaschine total zerstört, das Fahrerhaus völlig deformiert und der Auflieger beschädigt.1
Durch den Aufprall wurde die Rollsperre ca. drei Meter aus der Verankerung herausgedrückt und beschädigt. Die Zugmaschine hat sich derart in der Rollsperre verkeilt, dass spezielle Bergungstechnik zum Einsatz gebracht werden musste.
Die Täter verließen das Fahrzeug und versuchten, zu Fuß im Laufschritt zur Staatsgrenze zu gelangen.
Durch die diensthabenden Kräfte der Grenztruppen der DDR wurde die Schusswaffe zur Anwendung gebracht (insgesamt 21 Schuss); die Täter wurden ca. 650 Meter von der Staatsgrenze entfernt festgenommen.
Fricke wurde am rechten Bein durch einen Wadendurchschuss verletzt. Außerdem zog er sich an beiden Knien je eine Platzwunde zu.
[Name] hat eine oberflächliche Schusswunde in Höhe der 12. Rippe.
Gegen 21.50 Uhr wurde die Einreise- und Ausreiseabfertigung wieder aufgenommen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich in der Einreiseabfertigung insgesamt 32 Fahrzeuge und in der Ausreiseabfertigung 66 Fahrzeuge angestaut.
Westliche Massenmedien berichteten über das Vorkommnis. Die Untersuchungen werden fortgeführt.