Vorkommnisse mit Bauarbeitern, Berlin-Marzahn
22. Juni 1983
Information Nr. 229/83 über ein Vorkommnis mit Bauarbeitern auf der Baustelle in Berlin-Marzahn, Karl-Holtz-Straße, am 17. Juni 1983
Am 17. Juni 1983, um 6.30 Uhr, nahm die Maurerbrigade [Name 1] des VEB Hochbau Nord im Wohnungsbaukombinat Berlin auf o. g. Baustelle ihre Arbeit auf.
Anwesend waren der Brigadier [Name 1, Vorname] (44) sowie sieben Brigademitglieder.
Unmittelbar nach Arbeitsbeginn begannen die Brigademitglieder in ihrem Bauwagen den Geburtstag ihres Kollegen [Name 2, Vorname] (33) zu feiern und tranken dabei größere Mengen Alkohol (insgesamt fünf große Flaschen Weinbrand bzw. Wodka und mehrere Flaschen Bier).
Nach dem Absingen von »Stimmungs- und Scherzliedern« stimmte das Brigademitglied [Name 3, Vorname] (40) die erste Zeile des sogenannten Deutschlandliedes an und wurde daraufhin vom Brigadier zur Ordnung gerufen, worauf er das weitere Absingen des Liedes sofort einstellte.
Die Handlungen wurden vom Bauleiter [Name 4, Vorname] (51) beobachtet, der die genannten Personen nach Feststellung ihres Trunkenheitsgrades aufforderte, die Baustelle unverzüglich zu verlassen. Dieser Aufforderung kamen jedoch nur drei Brigademitglieder, u. a. der genannte [Name 2], gegen 10.00 Uhr nach.
Als gegen 11.30 Uhr Genosse [Name 5, Vorname] (44) in Ausübung seiner Funktion als Kontrollbeauftragter des Hauptdirektors die Baustelle aufsuchte, fand er die anwesenden Brigademitglieder in einem von ihm als volltrunken charakterisierten Zustand vor.
Beim Betreten des Bauwagens wurde er vom [Name 3] mit den Worten: »Was schnüffelst du hier herum, du Stasi-Spitzel?« beschimpft und mit den Worten: »Hau ab, sonst drücke ich Dir eine aufs Auge« bedroht. Gleichzeitig stieß er ihn an die Schulter und versuchte, ihn mit der Faust zu schlagen, was durch das Eingreifen anderer Brigademitglieder verhindert wurde.
Als [Name 5] daraufhin die anwesenden Personen nochmals aufforderte, die Baustelle zu verlassen, äußerte das Brigademitglied [Name 6, Vorname] (35), dass man »in diesem Scheißstaat« nicht einmal Geburtstag feiern könne.
In ihren Vernehmungen sagten [Name 3] und [Name 6] aus, sich aufgrund ihres hohen Trunkenheitsgrades nicht mehr an die von ihnen gemachten Äußerungen sowie begangenen anderen Handlungen erinnern zu können, bestreiten diese jedoch nicht.
Seitens des Bauleiters wird beiden Personen bestätigt, dass sie bisher gute Arbeitsleistungen vollbracht und ein korrektes Verhalten gezeigt haben.
Durch die Deutsche Volkspolizei wurden gegen beide Ermittlungsverfahren (öffentliche Herabwürdigung)1 ohne Haft eingeleitet. Es ist vorgesehen, beide Verfahren beschleunigt mit Verurteilung zu Geldstrafen abzuschließen.
Am 20. Juni 1983 erfolgte durch den Betriebsleiter in Anwesenheit des Parteisekretärs, des BGL-Vorsitzenden sowie des verantwortlichen Bauleiters eine Auswertung des Vorkommnisses mit der Brigade, bei der alle Brigademitglieder den Vorfall bedauerten, sich entschuldigten und vom Brigadier [Name 1] im Namen der Brigade erklärte wurde, durch erhöhte Arbeitsleistungen und Arbeitsdisziplin den entstandenen Rückstand aufzuholen.
Die BGL will gemeinsam mit dem Betriebsleiter in einer Betriebsversammlung das Vorkommnis öffentlich auswerten, um damit auch den Genuss von Alkohol während der Arbeitszeit zu unterbinden.