Vorkommnisse Strauß-Besuch
[ohne Datum]
Bericht über politisch-operativ bedeutsame bzw. beachtenswerte Vorkommnisse, Handlungen und Erscheinungen im Zusammenhang mit dem privaten Aufenthalt des Ministerpräsidenten des BRD-Landes Bayern und Vorsitzenden der CSU der BRD, Dr. Strauß, Franz Josef, in der DDR [K 1/129]
Am 24. Juli1983, 10.25 Uhr, erfolgte über die Grenzübergangsstelle Pomellen die Einreise des Dr. Strauß, Franz Josef1 (67), seiner Ehefrau Strauß, Marianne2 (53) und seines Sohnes Strauß, Max Josef3 (24), aus der VR Polen kommend, zu einem privaten Aufenthalt in der DDR.4
Während der Grenzpassage, dem Aufenthalt im Jagdschloss »Hubertusstock« und der anschließenden Weiterfahrt nach Dresden kam es zu keinen Vorkommnissen.
Am 25. und 26. Juli 1983 absolvierten Strauß und seine Begleitung das vereinbarte touristische Programm in den Städten Dresden, Meißen, Naumburg und Weimar.
Im Zusammenhang mit dem privaten Aufenthalt von Strauß und seiner Begleitung in der DDR kam es in
- –
Dresden vor dem Interhotel »Newa«, im Zwinger, in der Straße der Befreiung;
- –
Meißen während des Besuches der Porzellanmanufaktur und des Domes;
- –
Naumburg vor und im Dom;
- –
Erfurt vor dem Interhotel »Erfurter Hof«
zu öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten durch Bürger der DDR sowie durch Strauß begleitende Journalisten.
Im Einzelnen:
- –
Ansammlungen vor den Besuchsobjekten, durch rechtswidrig Übersiedlungsersuchende5 sowie schau- und sensationslustige DDR-Bürger (zwischen 100 und 450 Personen);
- –
Beifalls- und Sympathiebekundungen durch einzelne DDR-Bürger bei der An- und Abreise von Strauß vor den Besuchsobjekten (Klatschen, Zuwinken, Wünsche für Gesundheit, Übergabe von Blumen an die Ehefrau von Strauß; jeweils ca. 30 bis 50 Personen);
- –
Übergabe von Schriftstücken (Briefe, Zettel) durch rechtswidrig Übersiedlungsersuchende an Strauß bzw. auch an Journalisten (23 Personen, davon 17 in Dresden);
- –
Forderungen und Entgegennahmen von Autogrammen von Strauß auf dessen Foto (verteilte seine Ehefrau), auf Zetteln und Zahlungsmitteln der DDR (20- und 50-Mark-Scheine) durch DDR-Bürger aus den Ansammlungen heraus;
- –
Interviews für Journalisten der BRD, insbesondere durch rechtswidrig Übersiedlungsersuchende sowie demonstrative Verhaltensweisen von Rundfunk- und Fernsehteams der BRD vor den Interhotels »Newa« Dresden und »Erfurter Hof« in Erfurt (auffällige Aufschriften der Agenturen am Fahrzeug, demonstratives Aufsehen erregendes Ausleuchten vorgesehener Objekte, suggestive Fragestellungen bei Interviews).
Außer diesen angeführten Aktivitäten kam es zu keinen staatsfeindlichen Vorkommnissen, Handlungen und Erscheinungen, die Auswirkungen auf den Ablauf des privaten Aufenthaltes von Strauß in der DDR hatten oder die staatliche Sicherheit in den von Strauß besuchten Bezirken beeinträchtigten.
Im Zusammenhang mit den während des privaten Aufenthaltes von Strauß in der DDR aufgetretenen Vorkommnissen, Handlungen und Erscheinungen wurden keine Personen festgenommen. Der Deutschen Volkspolizei zugeführte Personen wurden in der Regel belehrt und mit Auflagen zu einem ordnungsgemäßen Verhalten bzw. Rückkehr in ihre Heimatorte wieder entlassen.
Strauß und seine Begleitung standen während des Aufenthaltes in der DDR unter ständiger operativer Kontrolle und Überwachung. Seine Sicherheit war jederzeit gewährleistet.
Am 27. Juli.1983, 9.30 Uhr, erfolgte (nach erteilter Sondergenehmigung) vom Flughafen Erfurt aus die Ausreise von Strauß und seiner Begleitung mit seinem Privatflugzeug nach der BRD.
Während des durch Strauß und seiner Begleitung absolvierten touristischen Programms kam es im Einzelnen zu folgenden bedeutsamen Vorkommnissen, Handlungen und Erscheinungen:
Am 24. Juli 1983, 21.40 Uhr, fuhr ein Team des »Bayerischen Rundfunks« vor dem Interhotel »Newa« in Dresden vor (in der Annahme, Strauß werde dort wohnen), wobei es zu einer Ansammlung von ca. 80 Personen kam.
Dieses Team führte durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten nicht genehmigte Interviews und Filmaufnahmen durch, wobei vorwiegend folgende Fragen an die Umstehenden gestellt wurden:
- –
Wie erhielten Sie Kenntnis vom Strauß-Besuch in der DDR?
- –
Welche Erwartungen knüpfen Sie an diesen Besuch?
- –
Welche persönliche Haltung haben Sie in Bezug auf zwischenstaatliche Beziehungen?
Daran beteiligten sich gleichfalls weitere Journalisten (ARD, »Die Welt«, »Rheinische Post«, »Westdeutsche Allgemeine Zeitung« und der Vertreter der Nachrichtenagentur »Reuters«). Während eines Interviews äußerte sich ein Ehepaar aus Bautzen (53, Invalidenrentner, vorher Zahntechniker; 51, Hausfrau, vorher Diplomlehrerin, seit 1981 rechtswidrig Übersiedlungsersuchende) wie folgt: »Wir sind extra angereist, um Strauß zu sprechen. Ich bin drei Jahre Antragsteller. Seit dieser Zeit ist meine Frau arbeitslos. Sie ist Lehrerin und hat Berufsverbot. Die Flüchtlingsbewegung ist nur in den Ostblockländern. Das gibt es in keinem westlichen Land. Es muss doch Ursachen haben.«
Ein weiteres Ehepaar aus Neustadt, Kreis Sebnitz (beide 26, seit August 1982 rechtswidrig Übersiedlungsersuchende) übergab den Journalisten einen an Strauß gerichteten Brief.
Gegen 23.00 Uhr entfernten sich auch die ca. 20 bis 30 noch vor dem Hoteleingang wartenden Personen.
Am 25. Juli 1983, gegen 10.15 Uhr, hatten sich beim Verlassen der Gemäldegalerie im Zwinger durch Strauß und seine Begleitung ca. 100 Personen eingefunden. Aus dieser Ansammlung löste sich ein Bürger aus Dresden (39, Produktionsingenieur, VEB Wohnungsbaukombinat Dresden, rechtswidrig Übersiedlungsersuchender in die Republik Österreich), trat auf Strauß zu, begrüßte ihn mit Handschlag und teilte mit, dass er seit zwei Jahren auf seine Ausreise nach Österreich warte und Diskriminierungen unterworfen sei. Durch Sicherungskräfte wurde er von Strauß abgedrängt. In der Annahme, verhaftet zu werden, rief er lautstark: »Herr Ministerpräsident, hier werden Leute verhaftet, bitte helfen Sie uns.« Zur gleichen Zeit versuchte eine weitere Bürgerin aus Oederan (30, Rinderzüchterin, rechtswidrig Übersiedlungsersuchende) am Ausgang des Zwingers einen Zettel an Strauß zu übergeben. Sie wurde durch einen Genossen aus einem Dresdener Betrieb daran gehindert und in eine Ecke abgedrängt. Da sie sich gleichfalls lautstark bemerkbar machte, bewegte sich Strauß auf sie zu. Sie übergab ihm einen Brief (offensichtlich das Übersiedlungsersuchen) und bestätigte auf Anfrage, dass ihre Adresse enthalten sei. Während Strauß mit der DDR-Bürgerin in Richtung Kathedrale lief, erläuterte sie ihr Anliegen. Der gesamte Ablauf der Handlungen wurde durch Journalisten in Bild und Ton festgehalten und durch die Medien der BRD ausgestrahlt.
Als Strauß gegen 10.35 Uhr – nach Verlassen der Kathedrale über die Dimitroff-Brücke,6 durch den Fußgängertunnel und die Straße der Befreiung7 lief, befanden sich ca. 300 bis 350 Personen in diesem Bereich. Die Ehefrau des Strauß verteilte Fotos von Strauß mit Autogramm und es kam in einzelnen Fällen zu Beifallsbekundungen.
Von 16.43 Uhr bis 17.37 Uhr erfolgte die Besichtigung der Festung Königstein. Während des Rundganges begegnete Strauß einer Gruppe von sechs Kindern im Alter von 10 bis 14 Jahren. Er wandte sich an die Kinder und fragte sie, ob sie ihn kennen. Nachdem dies von einzelnen Kindern bejaht wurde, übergab er diesen unaufgefordert Autogramme.
Nach der Fahrt mit dem Motorschiff »Lilienstein« von Königstein nach Pirna kam es an der Anlegestelle zu Beifallsbekundungen durch zwei sich dort aufhaltende Familien aus Dresden und Radeberg (an deren weiterer Identifizierung wird gearbeitet). Sie führten mit dem Sohn des Strauß ein kurzes Gespräch, tauschten Zettel aus. Sie wurden durch drei anwesende Journalisten fotografiert.
Am 26. Juli 1983 besichtigten Strauß und seine Begleitung die Porzellanmanufaktur Meißen. Vor dem Eingang der Schauhalle befanden sich ca. 200 Personen, darunter Reisegruppen, die auf eine Besichtigung warteten.
Während des Aufenthaltes von Strauß in der Vorführwerkstatt öffnete ein BRD-Journalist von außen ein wegen hoher Temperaturen nur angelehntes Fenster und filmte Strauß. Das wurde von vor der Schauhalle wartenden Personen wahrgenommen. Circa 35 bis 40 Personen begaben sich zu diesem Fenster und winkten Strauß zu. Aus der Personengruppe heraus wurden neun gefaltete Zettel und zwei Briefe durch das Fenster geworfen, die Strauß an sich nahm. Eine Person rief Strauß zu: »Helfen Sie uns, dass wir rauskommen«. (An der Identifizierung der Personen wird gearbeitet.)
Vor der anschließenden Besichtigung des Meißner Doms, auf dessen Gelände sich ca. 250 Personen, darunter eine Reisegruppe aus der BRD, aufhielten, nutzte ein ca. 45-jähriger Invalidenrentner aus Altenburg (befindet sich in neurologischer Behandlung) die Möglichkeit, Strauß anzusprechen. Er sei Invalide und benötige Mittelgebirgsklima. Auf die Frage von Strauß, ob er einen Sanatoriumsaufenthalt meine, entgegnete er: »Nein, es geht mir um eine Wohnung.« Strauß forderte von dem DDR-Bürger die Adresse. Während der Besichtigung des Doms und der Albrechtsburg sowie während des Aufenthaltes in der Moritzburg und der Gaststätte »Waldschänke« kam es, außer der Verteilung von ca. 20 Autogrammen, zu keinen weiteren Kontakthandlungen.
Gegen 16.45 Uhr traf Strauß in Naumburg ein, um den Dom zu besichtigen. Auf dem Domvorplatz befanden sich ca. 450 Personen und es kam durch ca. 30 Personen zu Beifallsbekundungen. Er wurde durch ca. 20 Personen um Autogramme gebeten.
Auf den Ausruf einer Bürgerin aus Naumburg (33, Näherin, VEB Kleinlederwaren Naumburg, rechtswidrig Übersiedlungsersuchende): »Ich warte schon drei Jahre auf meine Ausreise«, reagierte Strauß nicht.
Auf dem Innenhof übergab ein Bürger aus Jena (37, Dr., rechtswidrig Übersiedlungsersuchender) einen Brief an Strauß, den dieser ohne Kommentar an sich nahm.
Außer der Verteilung von Autogrammen auf dem Innenhof des Doms wurden keine weiteren Kontakthandlungen festgestellt.
Von mehreren auf dem Domvorplatz wartenden Personen wurde geäußert, dass sie aus Sensationslust gekommen seien, um einmal Strauß zu sehen. Andere gaben als Grund an, neugierig zu sein, ob es in Naumburg zu solchen Vorkommnissen käme wie in Dresden.
In den späten Nachmittagsstunden des 26. Juli 1983 reiste Strauß nach Weimar weiter. Außer dass er vor dem Goethehaus um einige Autogramme gebeten wurde, bei denen es zu keinen politischen Äußerungen kam, wurden keine Vorkommnisse festgestellt.
Bei seinem Eintreffen in Erfurt (19.40 Uhr) wurde Strauß von ca. 60 Personen erwartet, die in ca. 50 m Entfernung vom Eingang des Interhotels »Erfurter Hof« ein durch Sicherungskräfte unter Kontrolle gehaltenes Spalier bildeten. Als Strauß aus dem Pkw stieg, klatschten einige Personen Beifall. Ein Bürger aus Senftenberg (30, Fernmeldebaumonteur, seit Oktober 1982 ohne Arbeitsrechtsverhältnis, rechtswidrig Übersiedlungsersuchender wegen einer Erbschaft in den USA) löste sich aus dem Kordon, ging mit schnellen Schritten auf Strauß zu, übergab ihm einen Brief mit den Worten: »Danke schön, ich habe es geschafft« und lief genauso schnell zurück. Strauß zeigte bei der Übergabe des Briefes keine sonderliche Reaktion.
Im Ergebnis eingeleiteter Sicherungsmaßnahmen erfolgte am 26. Juli 1983, 21.25 Uhr, in der Nähe des Interhotels »Erfurter Hof« die Zuführung einer Bürgerin aus Römhild (42, Nebenwohnung in Erfurt). Sie beabsichtigte, bei entsprechender Gelegenheit einen Zettel an Strauß zu übergeben, der folgenden Wortlaut hatte: »Lieber Herr Dr. Strauß. Bitte helfen Sie mir. Ich bin politisch verfolgt (Was soll ich tun?). Habe aber noch keinen Ausreiseantrag gestellt, weil ich sonst hinter Gitter komme, und das ist fast so schlimm wie Konzentrationslager. Bin politisch sehr interessiert, und Sie sind für mich der Größte in der Politik nach Adenauer.8 Mein Beruf ist Krankenschwester. Ich mag halt die Bayern und das Bier. Gruß Annerose«
Sie motivierte ihre Haltung damit, dass sie sich bereits längere Zeit mit dem Gedanken der Übersiedlung trägt und am Vorabend im Westfernsehen gesehen habe, wie in Dresden eine Frau einen Brief an Strauß übergab. Das hätte sie angeregt, Gleiches zu tun.
Am 27. Juli 1983, gegen 1.15 Uhr, erfolgte durch Angehörige der Verkehrskontrolle/Transit auf dem Parkplatz Belvedere/Weimar der Autobahn die Kontrolle der Insassen eines dort parkenden Pkw aus Dresden. Da eine Person in Besitz eines PM 12a9 war, erfolgte die Zuführung. In der folgenden Befragung wurde bekannt, dass die Bürger aus Dresden (23, 22, beide rechtswidrig Übersiedlungsersuchende) beabsichtigten, in Erfurt einen vorgefertigten Brief an Strauß zu übergeben. Der Brief hatte folgenden Wortlaut:
»Übersiedlungsantrag | Hiermit beantrage ich die Umsiedlung aus der DDR in die Republik Österreich.
Begründung:
- –
keine Demokratie (Scheingesetze) in der DDR
- –
Verdummung der Menschen in der DDR
- –
Unterstützung der Friedensbewegung in der DDR, die sich für das beiderseitige Abrüsten einsetzt, denn auch die russischen SS-20-Raketen10 müssen weg.
In so einem Staat, der so zu handeln versteht, kann ich nicht mehr sein. Darum bitte ich um eine Umsiedlung in die Republik Österreich. [Name 1]«
Am 27. Juli 1983, 9.05 Uhr, begab sich Familie Strauß zum Pkw, um in Richtung Flughafen Erfurt zu fahren. Die Gepäckverladung und das Vorfahren der Pkw erregte die Aufmerksamkeit der am Bus-Bahnhof wartenden Bürger. Dadurch kam es vor dem Hoteleingang des Interhotels »Erfurter Hof« zu einem Auflauf Neugieriger. Diese Situation nutzend, nahmen vier DDR-Bürger Kontakt zu Strauß auf und übergaben ihm Zettel und Briefe. Bei den Personen handelte es sich um ein Ehepaar aus Saalfeld (26, 21, rechtswidrig Übersiedlungsersuchende), eine Bürgerin aus Erfurt (34, rechtswidrig Übersiedlungsersuchende) mit ihrem 4-jährigen Kind, und einen Diplomingenieur aus Erfurt (42, tätig als Hausmeister in der evangelischen Reglergemeinde Erfurt), der sich am Vorabend spontan zur Übersiedlung nach der BRD entschlossen haben will.
Insgesamt ist einzuschätzen, dass bei allen angefallenen bzw. zugeführten Personen kein abgestimmtes Vorgehen zu verzeichnen war. Ein Teil dieser Personen hatte sich – inspiriert durch die im Rundfunk und Fernsehen der BRD verbreiteten Meldungen über den privaten Besuch von Strauß in der DDR und die tendenziösen Veröffentlichungen der Einzelvorkommnisse in Dresden – spontan zur Nutzung der Möglichkeiten entschlossen, ihren rechtswidrigen Übersiedlungsersuchen Nachdruck zu verleihen.
Von den im Zusammenhang mit während des privaten Aufenthaltes von Strauß und seiner Begleitung in der DDR durch unterschiedlichste Aktivitäten in Erscheinung getretenen DDR-Bürgern wurden bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt insgesamt 187 Bürger der DDR (davon aus den Bezirken Halle 80, Dresden 64, Erfurt 27, Karl-Marx-Stadt vier, Gera drei, Berlin, Magdeburg, Leipzig, Schwerin je zwei Personen und Cottbus eine Person) identifiziert.
Circa 60 % dieser Personen befanden sich im Alter von 25 bis 40 Jahren. Der Anteil der Arbeiter überwiegt mit gleichfalls ca. 60 %.
Bisherigen Feststellungen zufolge verfügen die aktiv in Erscheinung getretenen DDR-Bürger in der Mehrzahl über starke Bindungen nach der BRD bzw. Westberlin (Verwandte, Bekannte, Rückverbindungen zu Übergesiedelten oder Personen, die die DDR ungesetzlich verließen, Verbindungen zu Kirchengemeinden der BRD u. a.), die durch die Kontaktpartner einer ständig negativen Beeinflussung unterliegen.
Unter den insgesamt identifizierten Personen befanden sich 50 Bürger der DDR, die rechtswidrige Ersuchen auf Übersiedlung nach der BRD oder anderen nichtsozialistischen Staaten gestellt hatten. Mit ihren erfolgten und zum Teil verhinderten Übergaben ihrer rechtswidrigen Ersuchen bzw. Zetteln mit ihren Adressen an Strauß, dessen Ehefrau und an Journalisten erhofften sie sich eine schnellere und reibungslosere Realisierung ihrer Übersiedlung. Während der erfolgten Zuführungen traten diese Personen uneinsichtig und bezüglich ihrer rechtswidrigen Übersiedlungsersuchen hartnäckig in Erscheinung.
Entsprechend der Weisung des Genossen Minister vom 28. Juli 198311 wurden durch die zuständigen Diensteinheiten12 zielgerichtet politisch-operative Maßnahmen zur Identifizierung, politisch-operativen Aufklärung bzw. Kontrolle weiterer mit feindlich-negativen oder anderen operativ-beachtenswerten Aktivitäten in Erscheinung getretenen Personen eingeleitet.
In Vorbereitung der privaten Einreise von Strauß in die DDR wurde durch zentrale Entscheidung insgesamt 16 Korrespondenten und Technikern von Presseagenturen nichtsozialistischer Staaten die Möglichkeit gewährt, im Zusammenhang mit den Treffen Honecker13 – Strauß in Hubertusstock am 24. Juli 1983 journalistisch tätig zu werden.
Bei allen darüber hinausgehenden Anträgen auf journalistische Aktivitäten wurde durch das MfAA jeweils darauf verwiesen, dass es sich bei dem Aufenthalt von Strauß in der DDR um einen Privatbesuch handele und Befragungen oder Interviews seiner Person von ihm entschieden werden.
Es wurde allen interessierten Korrespondenten die Einreise in die DDR gestattet.
Eine Betreuung seitens des MfAA erfolgte nicht.
Umfragen im Zusammenhang mit dem Strauß-Besuch waren genehmigungspflichtig.
Das zurückhaltende, teilweise abweisende Verhalten von Strauß, der mehrfach betonte, dass er zu einem Privatbesuch in der DDR weile, deshalb keine anstehenden Termine mitteile und auf die Pressekonferenz nach Rückkehr in die BRD verwies, löste bei den Korrespondenten/Journalisten Unsicherheit aus und führte zu den unterschiedlichsten, nicht voraussehbaren Aktivitäten, insbesondere hinsichtlich eigener Recherchen zum möglichen Quartier von Strauß (in Dresden) und zu seinem Besuchsprogramm. Es kam wiederholt zu Absprachen, Beratungen und zum Informationsaustausch unter den Korrespondenten/Journalisten und dem Leiter der Nachrichtenabteilung im Bundespresseamt, Schäfer,14 sowie zu Kontaktversuchen zu Strauß und seiner Begleitung.
So kam es bereits am 24. Juli 1983, gegen 21.40 Uhr, zu spontanen, demonstrativen Handlungen vor dem Interhotel »Newa« in Dresden. Das Abparken des VW-Kleinbusses eines Teams mit der für alle erkennbaren Aufschrift »Bayerischer Rundfunk« und der Aufbau der Bild- und Tontechnik, löste innerhalb kurzer Zeit eine Menschenansammlung aus, die zu dem bereits beschriebenen Interview genutzt wurde, an dem sich auch weitere Korrespondenten/Journalisten beteiligten.
Dieses Verhalten wurde auch in den Abendstunden des 26. Juli 1983 vor dem Interhotel »Erfurter Hof« in Erfurt fortgesetzt, indem ein ZDF-Aufnahmeteam versuchte, durch Aufbau der Aufnahmetechnik sowie die Ausleuchtung bestimmter Bereiche des Bahnhofsvorplatzes, die Aufmerksamkeit von Passanten auf sich zu lenken.
Im weiteren Verlauf der Absolvierung des touristischen Programms durch Strauß beteiligten sich alle Korrespondenten/Journalisten mit unterschiedlichen Aktivitäten. Sie nutzten jede Gelegenheit, um insbesondere feindlich-negativ in Erscheinung tretende DDR-Bürger zu interviewen bzw. zu ihnen Kontakt aufzunehmen. Wiederholt wurden im Verlauf des touristischen Programms sogenannte Übersichtsaufnahmen gefertigt (besondere Aktivitäten durch Fotojournalist [Name 2] vom »Osteuropa-Foto«), um das Verhalten der Bevölkerung festzuhalten und Sicherungskräfte zu erkennen.
Die gefertigten Bild-, Ton- und Fotoaufnahmen wurden jeweils am gleichen Tage nach Westberlin gebracht und zu tendenziösen, gegen die DDR gerichteten Berichten und Kommentaren im Fernsehen, Rundfunk und in der Presse verarbeitet.