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Fluchten von Ärzten und medizinischem Personal

1. Juli 1988
Information Nr. 323/88 über Stand und Entwicklungstendenzen des ungesetzlichen Verlassens der DDR durch Ärzte/Zahnärzte und Angehörige des mittleren medizinischen Personals aus dem staatlichen Gesundheitswesen sowie den Bereichen Medizin des Hoch- und Fachschulwesens der DDR (Zeitraum 1. Januar 1986 bis 31. Mai 1988)

Aus dem Gesundheitswesen der DDR, insbesondere dem staatlichen Gesundheitswesen, sowie den Bereichen Medizin des Hoch- und Fachschulwesens, haben im Zeitraum vom 1. Januar 1986 bis 31. Mai 1988 395 Ärzte und Zahnärzte sowie 313 Angehörige des mittleren medizinischen Personals die DDR ungesetzlich verlassen.

Dazu folgende Aufgliederung:

[Zeitraum]

Ärzte

Zahnärzte

mittl. med. Personal

1986

76

19

50

1987

134

43

159

1.1. – 31.5.1988

93

30

104

Insgesamt

303

92

313

Damit setzt sich besonders seit dem Jahre 1987 die Zunahme des ungesetzlichen Verlassens fort und dürfte unter Beachtung der per 31. Mai 1988 festzustellenden Tendenz im Jahre 1988 die bisher höchste Zahl erreichen.

Territoriale Schwerpunkte des ungesetzlichen Verlassens der DDR bilden die Hauptstadt der DDR, Berlin (56 Ärzte/13 Zahnärzte) und die Bezirke Rostock (32/4), Erfurt (31/5), Dresden (26/10), Karl-Marx-Stadt (21/7) und Leipzig (15/17).

Konzentrationen sind insbesondere in den medizinischen Einrichtungen der Hauptstadt bzw. der Bezirksstädte sowie der Universitäten und Medizinischen Akademien zu verzeichnen. So u. a.

  • Krankenhaus Berlin-Friedrichshain (13 Ärzte),

  • Bereich Humboldt-Universität/Charite (5 Ärzte/2 Zahnärzte),

  • Klinikum Berlin-Buch (4 Ärzte),

  • Karl-Marx-Universität Leipzig (7 Ärzte/1 Zahnarzt),

  • Medizinische Akademie Dresden (4 Ärzte/1 Zahnarzt),

  • Medizinische Akademie Erfurt (10 Ärzte/1 Zahnarzt),

  • Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (6 Ärzte),

  • Wilhelm-Pieck-Universität Rostock (5 Ärzte),

  • Medizinische Akademie Magdeburg (6 Ärzte),

  • Friedrich-Schiller-Universität Jena (5 Ärzte/1 Zahnarzt),

  • Bezirkskrankenhaus Schwerin (6 Ärzte).

Nicht zu unterschätzende Auswirkungen in der medizinischen Versorgung entstanden auch durch das ungesetzliche Verlassen mehrerer oder einzelner Ärzte/Zahnärzte aus Polikliniken, Arztpraxen und Landambulatorien mit großen Einzugsbereichen. Beispielhaft zu nennen sind die Kreispoliklinik für Stomatologie Wernigerode/Magdeburg (4 Zahnärzte) und die Poliklinik Gransee/Potsdam (Zahnarztehepaar).

Die mit vollendetem ungesetzlichen Verlassen der DDR angefallenen 395 Ärzte/Zahnärzte waren tätig in Einrichtungen des

[Einrichtung]

[Zahl]

staatlichen Gesundheitswesens

288

Bereiches Medizin des Hoch- und Fachschulwesens

60

betrieblichen Gesundheitswesens

33

bzw. in medizinischen Einrichtungen der Kirche

14

Die mit ungesetzlichem Verlassen der DDR in Erscheinung getretenen Ärzte/Zahnärzte waren u. a. in folgenden Fachrichtungen tätig:

[Fachrichtung]

[Zahl]

Stomatologie

92

Chirurgie und Orthopädie

48

Allgemeinmedizin

48

Innere Medizin

24

HNO/Augen

17

Kinderheilkunde

14

Neurologie/Psychiatrie

13

Unter den 395 Ärzten/Zahnärzten befanden sich

  • 13 Ärztliche Direktoren bzw. Stellvertreter,

  • 20 Chefärzte bzw. Stellvertreter,

  • 40 Oberärzte [und]

  • 11 Stationsärzte

sowie drei Leiter von Arztpraxen und je ein Ärztlicher Direktor einer Poliklinik, Direktor einer Ambulanz, Abteilungsleiter, stellvertretender Abteilungsleiter und Kreisjugendzahnarzt.

Von den 395 Ärzten/Zahnärzten waren 39 Mitglieder der SED und 14 Mitglieder von anderen Blockparteien, darunter sieben Mitglieder der CDU.

Das ungesetzliche Verlassen der DDR durch die 395 Ärzte/Zahnärzte erfolgte überwiegend (347 Ärzte/Zahnärzte, darunter 12 Arztehepaare) unter Missbrauch erteilter Genehmigungen von Reisen in dringenden Familienangelegenheiten, insbesondere der seit Februar 1986 geltenden erweiterten Reisemöglichkeiten nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin.

Weitere Begehungsweisen des ungesetzlichen Verlassens der DDR durch Ärzte/Zahnärzte waren der Missbrauch genehmigter Dienstreisen (18) und Touristenreisen nach dem nichtsozialistischen Ausland (6) sowie von Touristenreisen in das sozialistische Ausland (15) und die Überwindung der Grenzsicherungsanlagen an der Staatsgrenze zur BRD (3). Drei Personen gelangten durch Ausschleusung bzw. auf bisher noch unbekannte Art und Weise in das nichtsozialistische Ausland.

Bezüglich der Altersstruktur ist festzustellen, dass 174 Ärzte/Zahnärzte im Alter von 25 bis unter 40 Jahren und 221 Ärzte/Zahnärzte im Alter von über 40 Jahren waren.

77 % der 395 Ärzte/Zahnärzte waren verheiratet. Hinsichtlich der damit verbundenen Folgeerscheinungen, insbesondere von Bemühungen zu sogenannten Familienzusammenführungen durch Stellen von Übersiedlungsersuchen, ist zu beachten, dass 167 der in der DDR verbliebenen Ehepartner über eine Fach- bzw. Hochschulausbildung verfügen, darunter 102 als Ärzte/Zahnärzte. Hier besteht ein enger Zusammenhang zur Entwicklung bei Übersiedlungsersuchen sowie zu bereits übersiedelten Ärzten/Zahnärzten.

Die Untersuchungen bestätigten die bereits vorliegenden umfassenden Erkenntnisse zu Motiven, Ursachen und Anlässen des ungesetzlichen Verlassens durch diesen Personenkreis, zu spürbaren insbesondere moralischen Auswirkungen und Folgeschäden sowie auch zu weiterhin begünstigenden Bedingungen im Bereich des Gesundheitswesen (siehe dazu Informationen Nr. 441/86 vom 13.10.1986 und Nr. 205/87 vom 21.05.1987).

Als Beispiel zu nennen sind hier die Verratshandlungen der Ärzte [Titel, Name] (Medizinische Akademie Magdeburg) und [Titel, Name] (Charite Berlin) hinsichtlich des Abflusses von Informationen und erheblicher ideologischer Folgeschäden sowie die zwischenzeitlich in die DDR zurückgekehrte Ärztin [Titel, Name] hinsichtlich erheblicher Mängel in der Leitungstätigkeit und in der ideologischen Arbeit in verschiedenen Gesundheitseinrichtungen des Bezirkes Frankfurt/O. und der Hauptstadt der DDR, Berlin.

Neben den vorgenannten Personenkreisen verließen im Zeitraum vom 1. Januar 1986 bis 31. Mai 1988 weitere 36 Hoch- und Fachschulkader aus medizinischen Einrichtungen oder angrenzenden Bereichen die DDR ungesetzlich. Dabei handelte es sich u. a. um Pharmazieingenieure/Apothekenleiter (8), Erzieher, Lehrer bzw. Medizinpädagogen an medizinischen Einrichtungen bzw. Fachschulen (10), Kader aus dem Bereich Medizin des Hoch- und Fachschulwesens (7) und leitende Mitarbeiter medizinischer EDV-Projekte (3).

(Des Weiteren ist zu beachten, dass außer den vorgenannten Personen, die die DDR ungesetzlich verlassen haben, im Zeitraum vom 1. Januar 1986 bis 31. März 1988 aus dem staatlichen Gesundheitswesen und dem Bereich Medizin des Hoch- und Fachschulwesens insgesamt 850 Personen mit Hoch- und Fachschulausbildung mit Genehmigung der zuständigen staatlichen Organe der DDR nach dem nichtsozialistischen Ausland übersiedelten, davon 274 Ärzte und Zahnärzte und 576 Angehörige des mittleren medizinischen Personals; und mit Stand 31. März 1988 aus den genannten Bereichen 4 359 Personen mit Hoch- und Fachschulausbildung, davon 1 142 Ärzte und Zahnärzte und 3 217 Angehörige des mittleren medizinischen Personals als Übersiedlungsersuchende in Erscheinung treten.)

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    1. Juli 1988
    Information Nr. 332/88 über die Entwicklung der Lage im Zusammenhang mit der Übergabe des Lenné-Dreiecks an den Senat von Berlin (West) am 1. Juli 1988

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    1. Juli 1988
    Information Nr. 322/88 über Zusammenkünfte von Teilnehmern des Internationalen Treffens für atomwaffenfreie Zonen während ihres Aufenthaltes in der Hauptstadt der DDR, Berlin, mit Kräften des politischen Untergrundes in der DDR und Amtsträgern der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg