Veranstaltung zur Übersiedlung in der Berliner Bekenntnis-Kirche
Februar 1988
Information über Aktivitäten der sogenannten Arbeitsgruppe Staatsbürgerschaftsrecht der DDR am 21. Februar 1988 und am 22. Februar 1988 in der Hauptstadt der DDR, Berlin [Bericht K 3/91]
Am 21. Februar 1988, in der Zeit von 19.00 Uhr bis 22.15 Uhr fand in der Bekenntnis-Kirche, Berlin-Treptow, ein »Sonntagsgespräch« zum Thema »Kirche von unten«1 statt. An dieser Veranstaltung nahmen ca. 350 Personen der DDR teil, überwiegend Angehörige der sogenannten Arbeitsgruppe für Staatsbürgerschaftsrecht2 sowie Übersiedlungsersuchende.
Neben Pfarrer Hilse waren des Weiteren Rechtsanwalt Schnur, ein namentlich bekannter Pfarrer der Erlöserkirche sowie Vertreter der sogenannten Kirche von unten anwesend.
Im Verlauf dieser Veranstaltung gelang es den Exponenten der »AG Staatsbürgerschafts- recht« die weitere Gesprächsführung zu bestimmen, wobei sie zum Teil in aggressiver Art und Weise u. a. bekundeten, dass ihre Hoffnungen nach »Glasnost« und »Perestroika« hier in der DDR nicht erfüllt worden seien und die Kirche die »Antragsteller« enttäuscht habe.
Sollte die evangelische Kirche weiterhin nicht bereit sein, Antragsteller politisch und rechtlich zu unterstützen, drohten sie in diesem Zusammenhang an, jeden Sonntag eine Kirchenbesetzung – beginnend am 28. Februar 1988 in der Sophienkirche – durchzuführen.
Im weiteren Verlauf der Veranstaltung wurden Laufzettel mit dem Text: »Wir treffen uns jeden Montag um 18.00 Uhr vor dem Brandenburger Tor zum Spaziergang!« verteilt.
Zur vorbeugenden Verhinderung dieser geplanten öffentlichkeitswirksamen Aktion wurden durch das MfS im engen Zusammenwirken mit der DVP entsprechende Sicherungsmaßnahmen durchgeführt.
Am 22. Februar 1988, gegen 18.15 Uhr kam es zu einer Ansammlung von ca. 10 bis 20 Personen auf dem Mittelstreifen der Straße Unter den Linden (zwischen Galerie und Barriere Brandenburger Tor) sowie vor dem Ministerium für Volksbildung und danach vor der Galerie Unter den Linden (ca. 20 bis 30 Personen).
Durch den sofortigen Einsatz der Sicherungskräfte wurden die Personen kontrolliert und aufgefordert, den Bereich zu verlassen, 14 Personen, die diesen Aufforderungen nicht nachkamen, wurden zugeführt. (Im Ergebnis der Verdachtsprüfungshandlungen3 wird am 23. Februar 1988 über die Einleitung weiterer Maßnahmen gegen die zugeführten Bürger der DDR entschieden).
Aufgrund der offensiven Maßnahmen konnte die Personenansammlung gegen 18.45 Uhr aufgelöst werden.
Ab ca. 19.30 Uhr wurden keine weiteren bedeutsamen Personenbewegungen festgestellt.
Insgesamt wurden 78 Personen identifiziert. In der Mehrzahl handelt es sich um Übersiedlungsersuchende.