Westkontakte von Pfarrer Eppelmann
8. Juli 1988
Information Nr. 350/88 über weitergehende Erkenntnisse des MfS zum Zusammenwirken von Pfarrer Eppelmann mit Führungskräften politischer Parteien und kirchlichen Amtsträgern sowie gegnerischen Kräften in der BRD und Westberlin
Ausgehend von der in der Information des MfS Nr. 397/87 vom 6. November 19871 enthaltenen komplexen Darstellung zum subversiven Zusammenwirken gegen die DDR agierender äußerer und innerer Feinde und der besonderen Stellung, die dabei Pfarrer Eppelmann einzunehmen versucht, liegen dem MfS streng intern weitergehende Erkenntnisse zu diesbezüglichen Aktivitäten von Eppelmann vor. Sie stehen im Zusammenhang mit dem erneuten Missbrauch einer dem Eppelmann genehmigten Reise in dringenden Familienangelegenheiten im Zeitraum vom 20. bis 23. Juni 1988.
Das von Eppelmann angegebene Reiseziel – Besuch des Vaters anlässlich dessen Geburtstages – diente offensichtlich wiederum als Vorwand zur Erschleichung der Reisegenehmigung. Tatsächlich hielt sich Eppelmann lediglich die Hälfte der Zeit bei seinem Vater auf und nutzte den verbliebenen Teil für umfangreiche und von ihm im engen Zusammenwirken mit gegnerischen Kräften langfristig geplante und vorbereitete Zusammentreffen mit Politikern der BRD, kirchlichen Amtsträgern sowie seinem aus der Staatsbürgerschaft der DDR entlassenen und Anfang des Jahres 1988 in die BRD übergesiedelten langjährigen Intimus und Erfüllungsgehilfen bei der Organisierung feindlich-negativer Aktivitäten, Ralf Hirsch.2
Das beachtenswerte Interesse bestimmter politischer Kreise in der BRD an Kontakten und Verbindungen mit Eppelmann verdeutlicht u. a. auch die Tatsache, dass der Leiter der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR, Bräutigam, sich gegenüber den zuständigen Organen der DDR für eine Erweiterung der anfangs auf lediglich drei Tage gestatteten Reisedauer von Eppelmann einsetzte.
Nach äußerst streng internen Hinweisen fand am 22. Juni 1988 in Bonn eine Begegnung zwischen Eppelmann und Rita Süssmuth, Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit, statt. Dieses Treffen bewertete Eppelmann positiv. Vereinbart wurde ein Besuch der Süssmuth bei Eppelmann am 13. August 1988 in der Hauptstadt der DDR, Berlin. Bei einem Zustandekommen dieser Begegnung plant Eppelmann eine gemeinsame Dampferfahrt mit ausgewählten Mitgliedern des »Friedenskreises Samariter« seiner Kirchengemeinde nach Bad Saarow, während der er bei Einbeziehung der Süssmuth eine sogenannte Philosophierunde zu organisieren beabsichtigt.
Am gleichen Tage fanden Zusammentreffen von Eppelmann mit dem Kanzleramtsminister Schäuble, dem Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU im Bundestag, Dregger, und dem Berater des Bundeskanzlers, Dr. Eisel, statt. Besonders das Gespräch mit Schäuble schätzte Eppelmann als wertvoll ein, da dieser inzwischen der einflussreichste Mann in der BRD bezogen auf die »Deutschlandpolitik« sei und »grundsätzlich nichts laufe, was vorher nicht über dessen Schreibtisch gehe«. Im Ergebnis vorgenannter Zusammentreffen äußerte Eppelmann im internen Kreis: In Bonn gehe man davon aus, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der DDR in den nächsten Monaten erheblich anwachsen würden. Dadurch würde die DDR praktisch gezwungen, der Bundesregierung bestimmte Zugeständnisse zu machen, wolle sie »dringende Unterstützung« nicht infrage stellen. Man glaube, die DDR dürfe kein Interesse daran haben, die »sich mit jedem Tag verschlechternde innenpolitische Lage« weiter zu eskalieren. Dabei wurde besonders auf die »kritische Versorgungslage« angespielt, die nur überwunden werden könne, wenn die DDR »etwas zu wahnsinnig günstigen Bedingungen geborgt« bekäme.
Ebenfalls am 22. Juni 1988 führte Eppelmann ein Gespräch mit dem Vertreter des Bevollmächtigten des Rates der »EKD« am Sitz der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, Oberkirchenrat Hermann Kalinna. Das Zustandekommen dieser Begegnung schätzte Eppelmann gleichfalls als wertvoll ein, da Kalinna einer der wichtigsten Amtsträger der »Evangelischen Kirche in Deutschland«/BRD sei und über weitreichende nationale und internationale Kontakte und Verbindungen im kirchlichen und außerkirchlichen Rahmen verfüge, dessen man sich versichern müsse.
Eppelmann traf sich ferner mit einem namentlich bekannten Pfarrer, der als sogenannter kirchlicher Beauftragter für Zivildienst und sozialen Friedensdienst fungieren soll.
Von Bonn aus reiste Eppelmann nach Westberlin zu Hirsch, mit dem er sich bereits am Morgen des 22. Juni 1988 auf dem Flughafen Düsseldorf getroffen hatte. Im Verlaufe des 23. Juni 1988 hatte Eppelmann in Westberlin Kontakt zu dem in der DDR akkreditierten Korrespondenten des Nachrichtenmagazins »Der Spiegel«, Ullrich Schwarz.
Durch das MfS sind Maßnahmen zur Beschaffung weiterer Informationen über Inhalte und Verlauf vorgenannter Begegnungen von Pfarrer Eppelmann sowie weitergehende Pläne, Absichten und Maßnahmen im Zusammenwirken äußerer und innerer feindlicher Kräfte eingeleitet.
Die Information ist wegen äußerster Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.