5. Tagung der IX. Synode der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg
17. April 1989
Information Nr. 181/89 über wesentliche Inhalte der 5. ordentlichen Tagung der IX. Synode der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg (31. März bis 4. April 1989 in Berlin)
An der Synode nahmen 121 der 125 gewählten und berufenen Synodalen teil.
Als ausländische ökumenische Gäste wurden kirchliche Vertreter aus der ČSSR, der BRD und aus Westberlin begrüßt. Grußworte dieser Gäste an die Synode enthielten keine gesellschaftspolitischen Bezüge.
Zeitweilig anwesend waren Mitarbeiter der in der DDR akkreditierten diplomatischen Vertretungen der USA (Lipping),1 Großbritanniens (Morton)2 und Frankreichs (Paillarse).3 Außerdem nahmen 13 in der DDR akkreditierte Korrespondenten aus dem nichtsozialistischen Ausland, ein Korrespondent von ADN und ein Vertreter von ADN-Zentralbild zeitweilig an der Tagung teil.
Internen Hinweisen zufolge habe es bei kirchenleitenden Amtsträgern Verwunderung ausgelöst, dass angesichts der verabsäumten Einladung eines ADN-Journalisten zur Teilnahme am Pressegespräch der Synode kein öffentlicher Protest von ADN erfolgte.
Die Frühjahrssynode der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg war durch das Bemühen der Kirchenleitung gekennzeichnet, gegenüber den unterschiedlichsten, teilweise gegensätzlichen Standpunkten der Synodalen zum kirchenpolitischen Konzept der Kirchenleitung einschließlich ihrer Haltung zum Staat ausgleichend zu wirken und es nicht zu offenen Auseinandersetzungen darüber während der Synodaltagung kommen zu lassen. Internen Einschätzungen von Synodalen zufolge war der Verlauf der Synode durch eine Art »inneren Burgfrieden« gekennzeichnet. Das widerspiegelte sich sowohl in der Behandlung vielfältiger theologischer und innerkirchlicher Fragen als auch in der Art und Weise der Darstellung von gesellschaftspolitischen Themen. Obwohl erneut das ganze Spektrum hinlänglich bekannter kirchlicher Positionen zu gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen in der DDR dargelegt wurde, die seit dem Frühjahr 1988 zu einer erheblichen Belastung des Staat – Kirche-Verhältnisses geführt haben, enthielt sich die Kirchenleitung einer neuerlichen Bewertung dieser Vorgänge.
Einige auf politisch realistischen Positionen stehende kirchliche Personen, insbesondere der Synodale Prof. Fink,4 Berlin, nahmen aktiv Einfluss auf den Verlauf der Synode. Auf ihre Initiative hin wurde erstmalig im Rahmen eines Abendmahlgottesdienstes der offizielle Auftritt eines Vertreters der »Christlichen Friedenskonferenz«5 (CFK) (Metropolit Mar Gregorius,6 Indien, Vizepräsident der CFK) ermöglicht. Des Weiteren wurde entsprechend ihrer Einflussnahme durch die Synode ein Beschluss verabschiedet, in dem die Außenpolitik der sozialistischen Staaten und ihre Abrüstungsinitiativen begrüßt werden.7
Dennoch enthielten der Teil II des Berichtes der Kirchenleitung, die Eröffnungsansprache von Präses Becker8 sowie der öffentliche Vortrag von Pfarrer Thomas9 vielfältige Aussagen und Standpunkte zu gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen in der DDR, die erneut die Absicht erkennen ließen, ein politisches Mitspracherecht der Kirchen zu demonstrieren. Sie ermunterten außerdem solche hinlänglich bekannten Synodalen wie Pfarrer Freimark10 (Kyritz), Pfarrer Hülsemann11 (Berlin), Landesjugendpfarrer Schwochow12 (Potsdam) und Pfarrer Iskraut13 (Berlin) zu Aussagen gegen Teilbereiche der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung und begünstigten die Verabschiedung mehrerer Synodalbeschlüsse mit politisch negativem Charakter.
Die von Präses Becker gehaltene Eröffnungsansprache enthielt u. a. die Aussagen, die UdSSR, die VR Polen und die Ungarische VR befänden sich in Prozessen von Reformen und Wandlungsfähigkeit; die Veränderungen bedeuteten »Revolution oder Reformation der marxistischen Theorie«. Auf die DDR Bezug nehmend sprach Becker die Hoffnung aus, dass auch innerhalb der sich in Einheit von Kontinuität und Wandel vollziehenden gesellschaftlichen Entwicklung in der DDR »der zweite Bestandteil (Wandel) für alle kräftiger erfahrbar« werde, auch in Form von »entwicklungsbedürftigem und entwicklungsfähigem gesamtgesellschaftlichem Dialog«. Die evangelischen Kirchen würden immer wieder die Richtung anmahnen, in der gesellschaftliche Veränderungen geboten seien: »Mündigkeit der Bürger, vermehrte öffentliche Diskussion über die öffentlichen Dinge, neue bildungspolitische Ansätze usw.«.
Die »verbesserten Reiseregelungen«,14 die Becker als »Einlösung der Zusagen des Staatsratsvorsitzenden« bezeichnete, würden mit Befriedigung zur Kenntnis genommen. »Allerdings« – so Becker – »hat unser Staat mit jener … kulanten Praxis, die sich bis 1988 herausgebildet hatte, selbst Maßstäbe gesetzt, an der die verbesserte Reiseregelung von Bürgern gemessen werden wird.«
Der gleichfalls am 1. Beratungstag gehaltene öffentliche Vortrag von Pfarrer Thomas (Berlin), (Chefredakteur »Die Kirche«) zum Thema »Nach uns die Sintflut? Unsere Umwelt – Gottes Schöpfung« nannte als Ursachen »für die auch in der DDR existierende Umweltkrise die rücksichtslose Verfolgung eigener Machtinteressen, eine Wirtschaftsordnung, die ganz selbstverständlich auf Wachstum aufgebaut ist …, eine immer weiter gesteigerte Arbeitsproduktivität, einen immer höheren Lebensstandard, eine immer perfektere Befriedigung nicht immer einsichtiger Bürgerbedürfnisse, also auch Planziele in unserem Land«. Thomas forderte Maßnahmen zur verbesserten Wahrnehmung von gesellschaftlicher Umweltverantwortung, so u. a. durch verstärkten Einsatz der Medien zur allumfassenden Information über Umweltfragen, durch aktive Breitenwirkung an der Basis, wie z. B. mittels der von der BEK-Synode getragenen Aktion »Eine Mark für Espenhain«.15 Als wesentliche Erfordernisse nannte er, die in der Nationalen Front16 zusammengeschlossenen Parteien und Massenorganisationen mit Blick auf künftige Wahlen um eine ökologische Vereinigung zu erweitern und die Einheit von Sozial- und Wirtschaftspolitik um eine dritte Komponente – die Umweltpolitik – zu ergänzen.17
Diese von Thomas aufgeworfenen Probleme wurden im Verlauf der Synodaltagung wiederholt aufgegriffen, wobei mehrfach die Forderung erhoben wurde, in der DDR mehr zum Schutz der Umwelt ingangzusetzen, eine zielgerichtete und abrechenbare Umweltpolitik zu betreiben, um Leben und Schöpfung zu bewahren.
Der Bericht der Kirchenleitung, Teil II, die Aussprache im Plenum sowie die Antworten der Kirchenleitung befassten sich insbesondere mit solchen gesellschaftspolitischen Themen wie Reiseverkehr, Antragsteller auf ständige Ausreise,18 Volksbildung, politisches Mandat der Kirche und Medienpolitik der DDR.
Im Kirchenleitungsbericht wurde die Reiseverordnung vom 30. November 1988 begrüßt, aber einschränkend erklärt, für eine abschließende Beurteilung sei es noch zu früh. Generalsuperintendent Esselbach19 (Eberswalde) verwies auf die dazu erlassene Durchführungsbestimmung, die in der Praxis erst erprobt werden müsste.
In der Aussprache wurde zur Reiseproblematik wiederholt herausgestellt, Verordnung und Durchführungsbestimmung seien zwar ein Fortschritt, aber für die Masse der DDR-Bürger nach wie vor unbefriedigend. Sie würden eine Zwei-Klassen-Gesellschaft – Reisende und Nichtreisende – hervorbringen (Pfarrer Freimark, Kyritz). Gefordert wurde weiter, dass Genehmigungen für Reisen von Jugendlichen in das nichtsozialistische Ausland nicht von der Ableistung des Wehrdienstes abhängig gemacht werden dürften. Es sei ungerechtfertigt, dass sogar die FDJ als Entscheidungsinstanz für Reisen Jugendlicher ins nichtsozialistische Ausland in Erscheinung trete (Landesjugendpfarrer Schwochow, Potsdam).
Mehrfach Stellung genommen wurde zur Genehmigungspraxis für ständige Ausreisen. Im Kirchenleitungsbericht wurde die Bereitschaft der Kirchenleitung erklärt, mit den staatlichen Organen zusammenzuarbeiten, um »Menschen, die sich resigniert, verbittert oder trotzig ins gesellschaftliche Abseits zurückgezogen haben, wieder eine Perspektive zu eröffnen«.20 Das Leben in der DDR sei für Christen »als Auftrag Gottes anzunehmen«. Zu Motivationen für Antragstellungen wurde angeführt, sie würden von einer »grundsätzlichen Ablehnung der sozialistischen Gesellschaftsordnung über Erfahrungen in Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten bis hin zu persönlichen Verwundungen durch lieblos bürokratisches Verhalten, Gängelei und Überwachung reichen«.
Pfarrer Günther21 (Belzig-Niemegk) erklärte, es sei notwendig, Gründe und Motive für Anträge auf ständige Ausreisen stärker zu thematisieren, um Ermutigung geben zu können, im Lande zu bleiben.
Bezug nehmend auf in das nichtsozialistische Ausland übergesiedelte ehemalige DDR-Bürger verwies Stadtjugendpfarrer Hülsemann auf die Notwendigkeit, solchen Personen die Rückkehr in die DDR und ihre »Reintegration« zu ermöglichen.
Als ein weiteres, sich immer stärker abzeichnendes Problem wurden die Reisemöglichkeiten von DDR-Bürgern in sozialistische Länder angeführt. So erklärte Stadtjugendpfarrer Hülsemann (Berlin), insbesondere bei vielen Jugendlichen gäbe es verstärkt Sorgen, da sich die innenpolitische Situation in verschiedenen sozialistischen Ländern weiter verschlechtern würde. Das könnte zu einer Einengung von Reisemöglichkeiten führen.
In einer abschließenden Stellungnahme zu den während der Synodaltagung aufgeworfenen Problemen des Reiseverkehrs forderte Konsistorialpräsident Stolpe,22 dass sich die Synode »den im Land dazu vorhandenen Wünschen und Erwartungen sachlich, redlich und seelsorgerisch anzunehmen habe«. Er formulierte zusammengefasst in vier Punkten:
- –
Die Kirche dürfe keine falschen Hoffnungen wecken. Sie habe die Aufgabe, Sorgen der Bürger weiterzugeben; sie müsse sich jedoch gegen Illusionen wehren. Denn aus Illusionen entstünden Enttäuschungen, daraus Resignationen bis hin zur »Ausreise«. Reisemöglichkeiten für alle DDR-Bürger bleiben auch für ihn sein »Idealfall«, dies sei aber 1989 noch Illusion.
- –
In Diskussionen über Reiseprobleme und Anträge auf ständige Ausreise dürfe nicht vergessen werden, welche Ursachen dazu geführt hätten. Es sei »deutsche Schuld, die zu solch harter Grenze geführt« habe.23
- –
Weitere Reiseerleichterungen für DDR-Bürger seien im weitesten Sinne auch konkret als Mitverantwortung für Frieden und Entspannung zu sehen. Reisen führten zu menschlichen Kontakten im Sinne des KSZE-Prozesses.24 Die Verordnung vom 30. November 1988 und die dazu erlassene Durchführungsbestimmung erhöhten die Rechtssicherheit der Bürger.
- –
Weitere Reisemöglichkeiten und eine kontinuierliche Erweiterung gesetzlicher Bestimmungen seien »mit Phantasie für morgen« anzustreben, wie z. B. Reisen im Rahmen kirchlicher Partnerschaften zwischen Gemeinden und Reisen zu Nichtverwandten. Der Rückblick auf die letzten zehn Jahre verheiße Hoffnung, bedeute aber auch, Geduld zu haben.
(Streng internen Hinweisen zufolge bewerteten kirchenleitende Kräfte der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg die am 29. März 1989 ihnen gegenüber durch den Staatssekretär für Kirchenfragen, Genossen Löffler,25 erfolgte Vorabinformation über den Inhalt der 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über Reisen von Bürgern der DDR nach dem Ausland als Ausdruck für die gewachsene politische Stellung der Kirche und ihrer Anerkennung als politischer Dialogpartner.)26
Im Zusammenhang mit der Thematik Volksbildung wurde festgestellt, dass die angestrebten Sachgespräche mit zuständigen staatlichen Vertretern nach wie vor offengeblieben und auch nicht in Aussicht seien. Deshalb werde Mitte April in Potsdam in Verantwortung der Kirchenleitung eine Tagung mit christlichen Lehrern unter der Bezeichnung »Pädagogische Werkstatt« durchgeführt. Eingaben möglichst vieler Christen an den IX. Pädagogischen Kongress27 seien gegenwärtig wichtiger als Synodenbeschlüsse (Generalsuperintendent Esselbach, Pfarrer Freimark).
Weitere Diskussionen und Anträge beinhalteten den Vorschlag an den IX. Pädagogischen Kongress, das Fach »Wehrunterricht«28 durch ein Fach »Friedenserziehung« zu ersetzen, generell eine Minimierung der militärischen Aspekte im Unterricht zu erwirken, die Gleichberechtigung und Gleichachtung christlicher Eltern und Schüler zu garantieren.
Die staatlichen Maßnahmen zur Relegierung von vier Schülern der »Carl-von-Ossietzky«-Oberschule in Berlin-Pankow29 wurden im Bericht der Kirchenleitung dahingehend interpretiert, dass »die unverhältnismäßige Härte des staatlichen Vorgehens gegenüber den Jugendlichen als Abschreckung gedacht war. Der Kirche und ihren Gruppen, aber auch den westlichen Medien sollte demonstriert werden, dass die Regierung sich nicht durch öffentlichkeitswirksame Kampagnen erpressen lassen will. Der Vorgang hat bei nicht wenigen christlichen Eltern bereits vorhandene Sorgen hinsichtlich des sozialistischen Bildungssystems bestärkt.«30
Die Kirchenleitung hoffe, dass im Umfeld des IX. Pädagogischen Kongresses staatlicherseits die Bereitschaft größer wird, auf Erwartungen christlicher Eltern einzugehen.
Insbesondere Landesjugendpfarrer Schwochow griff dieses Thema auf, hob die angebliche Benachteiligung von Christen in den Schulen hervor und forderte eine Weiterentwicklung im Bereich der Volksbildung entsprechend den bekannten kirchlichen Positionen.
Bestandteil des Kirchenleitungsberichtes war eine Stellungnahme der Kirchenleitung »Grundsätzliches zum politischen Mandat der Kirche in der DDR«.31 Die dazu genannten vier Punkte enthalten im Wesentlichen folgende Aussagen: In der DDR könne man trotz aller Behinderungen als Christ in evangelischer Freiheit leben; für ein Leben im Glauben seien keine gesellschaftlichen Veränderungen notwendig; vor der Bibel stünden keine gesellschaftlichen Muster und Programme; die Kirche dürfe sich zur Erreichung bestimmter Ziele nicht als Mittel benutzen lassen bzw. dürfe keine anderen Mittel haben als das Wort, den Dialog und zeichenhaftes Handeln.
Bischof Forck32 erklärte in diesem Zusammenhang, dass diese Stellungnahme eine allgemeine Grundlage geben solle. Es müsse jedoch daran noch weitergearbeitet werden. Geltend sei nach wie vor der Artikel 64 der Grundordnung der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, der die politische Verantwortung der Kirche festlege.33
Im Kirchenleitungsbericht wurde im Absatz »Pressefrage« auf Probleme bei der Herausgabe der kirchlichen Wochenzeitungen »Die Kirche« und »Potsdamer Kirche«, die sich in der Vergangenheit durch Interventionen des Presseamtes beim Vorsitzenden des Ministerrates der DDR ergeben hätten, hingewiesen. Es wurde gefordert, dass die durch die SED und SPD in ihrem gemeinsamen Dokument »Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit« formulierten Leitlinien auch auf innenpolitische Auseinandersetzungen angewandt werden.34
Dieses Thema wurde u. a. von Propst Furian35 aufgegriffen, der ausführte, in den letzten Monaten seien die kirchlichen Zeitungen zwar nicht mehr behindert worden; über die dahinterliegende Motivation wäre aber viel zu sagen. Er betonte, durch die Kirchenleitung werde kein Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung der Kirchenzeitungen genommen, den Chefredakteuren würden keine Auflagen erteilt.
Pfarrer Freimark forderte in der Diskussion die Chefredakteure auf, die Zeitungen weiter wie bisher zu gestalten, »da eine Zeitung, die nicht immer erscheinen darf, gar nicht so schlecht sein kann«.
Ablehnung wurde während der Tagung wiederholt zum Tonfall und der Art und Weise des ADN-Kommentars »Herr Stolpe und der Idealfall« geäußert.36
In Antworten der Kirchenleitung auf entsprechende Fragen wurde erneut deutlich, dass diese nach wie vor nicht bereit ist, eindeutige Standpunkte zur Arbeit kirchlicher Basisgruppen einzunehmen.
Stadtjugendpfarrer Hülsemann wies darauf hin, durch die Kirche müssten engagierte Gruppen als Chance begriffen werden.
Propst Furian erläuterte, ein zweites Gespräch zwischen der Kirchenleitung und den Gruppen sei für Oktober 1989 geplant; über Inhalt und Methodik seien aber bisher keine Festlegungen getroffen worden. Bisherige Gespräche hätten wenig erbracht.
Von den durch die Synode verabschiedeten Beschlüssen, die zwar von der Anzahl her überwiegend innerkirchliche und theologische Probleme beinhalteten, sind folgende mit gesellschaftspolitischen Aussagen hervorzuheben:
- –
Beschluss zu den geltenden Reisebestimmungen in der DDR, in dem formuliert wird, dass diese die Erwartungen der Bevölkerung der DDR im Sinne der Wiener KSZE-Dokumente37 noch nicht erfüllen würden. Es wird gefordert, in Gesprächen mit der Regierung der DDR »auf die kontinuierliche Erweiterung der Reisemöglichkeiten im Sinne des KSZE-Abschlussdokumentes für alle Bürger hinzuwirken – z. B. Reisen zu Freunden und Verwandten ohne besonderen Anlass …, gegenseitiger Besuch von Gemeinden –«. (Beschluss wurde mit nur einer Gegenstimme und vier Enthaltungen angenommen.)
- –
Beschluss zu ständigen Ausreisen von Bürgern der DDR. Darin wird der Staat aufgefordert, einen »öffentlichen gesamtgesellschaftlichen Dialog« über die Gründe der Anträge zu beginnen und ausgereisten Bürgern die Rückkehr oder besuchsweise Einreise zu ermöglichen. (drei Gegenstimmen, acht Enthaltungen)
- –
Im Beschluss der Synode zur Volksbildung wird u. a. die Einstellung des Wehrunterrichts und die Aufnahme des Fachs »Friedenserziehung«, die Ausbildung von Fähigkeiten zu Dialog und Toleranz, Erziehung zu Friedensfähigkeit, Raum für Spontanität und Anerkennung geleisteter Beiträge christlicher Schüler und Eltern gefordert. Es wurde festgelegt, diese »Vorschläge« an den IX. Pädagogischen Kongress weiterzuleiten.
- –
Der Beschluss zur »gesellschaftlichen Mitverantwortung« enthält die Feststellung, »dass Christen sich einerseits aus dieser Mitverantwortung heraushalten und andererseits an der Wahrnehmung gesellschaftlicher Mitverantwortung gehindert werden«, und die Forderung, »dass in unserem Staat jedem Bürger die Möglichkeit gegeben wird, an der Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens durch Mitdenken und Mittun mitzuwirken«.
- –
In einem weiteren Beschluss wird die Kirchenleitung beauftragt, die Regierung der DDR zu bitten, kirchlichen Vertretern Besuche der Mülldeponien und Müllverbrennungsanlagen Deetz, Vorketzin und Schöneiche zu ermöglichen, um sich vor Ort über mögliche Umweltbelastungen und Technologien der Müllbeseitigung dieser von der BRD und Westberlin belieferten Anlagen zu informieren.38
- –
In einem Beschluss zur SR Rumänien wird die Kirchenleitung aufgefordert, »umgehend Gespräche mit der Regierung der DDR zu führen über die Frage, welche Möglichkeiten einer schnellen Hilfe es für die Menschen in Rumänien gibt und wie die Möglichkeiten persönlicher Hilfe verbessert werden können, da die Synode beunruhigt ist durch Nachrichten über die Situation in Rumänien, die uns durch Kontakte mit diesem Land erreichen«.
- –
Ausgehend vom Bericht der Kirchenleitung, der unter der Überschrift »Schutz der Persönlichkeit« auf in der Wohnung von Pfarrer Eppelmann39 gefundene Abhörgeräte40 verwies und die Feststellung enthielt, dass im Strafrecht der DDR »kein genereller Schutz gegen Lauschangriffe« enthalten sei, wurde (mit nur drei Stimmenthaltungen) ein Beschluss angenommen, in dem die Initiative des Konsistoriums der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg einen Gesetzentwurf bei zuständigen staatlichen Organen einzubringen, wonach Abhöraktionen unter Strafe gestellt werden sollen, begrüßt wird.
Durch die Synode wurden die zehn Synodalen der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg für die VI. Synode des BEK in der DDR gewählt. Nur bei drei Synodalen erfolgte eine Wiederwahl (Konsistorialrätin Cynkiewicz,41 Berlin, Rechtsanwalt de Maizière,42 Berlin, Pfarrer Zimmermann,43 Treuenbrietzen). Sieben Synodalen wurden neu gewählt (Fr. Dr. Bodek,44 Berlin, Fr. Dr. Rosenberg,45 Treuenbrietzen, Dipl.-Physiker Dr. Hirte,46 Bergholz-Rehbrücke, Kreiskatechetin Schramm,47 Templin, Kirchensteueramtsleiterin Scharnbeck,48 Rathenow, Pfarrer Hallmann,49 Hohennauen, Fr. Kluth,50 Brandenburg). Bei allen Genannten handelt es sich um Synodale, die bisher kaum in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten sind.
Einige langjährige Synodalen der Synode des BEK, wie Pfarrer Passauer,51 Berlin, Dipl.-Physiker Domke,52 Potsdam, Dipl.-Geophysiker Semper,53 Oranienburg, u. a., wurden nicht wieder durch die Synode bestätigt.
Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.