Äußerungen Kardinal Meisner
11. Januar 1989
Information Nr. 13/89 über Äußerungen Kardinal Meisners im Zusammenhang mit seiner Ernennung zum Erzbischof von Köln
Streng intern wurden Äußerungen Kardinal Meisners bekannt,1 die im Zusammenhang stehen mit seiner Ernennung zum Erzbischof von Köln.
Kardinal Meisner habe das am 22. Dezember 1988 mit dem Staatssekretär für Kirchenfragen, Genossen Löffler,2 stattgefundene Gespräch als gut und nützlich bezeichnet. Die seitens des Staatssekretärs gestellte Frage, weshalb die Regierung der DDR vom Vatikan nicht über die beabsichtigte Ernennung Kardinal Meisners zum Erzbischof von Köln informiert worden sei, wäre nach Auffassung Meisners berechtigt gewesen. Niemand könne es dem Staat verübeln, wenn er hinter dieser Nachlässigkeit ein Politikum sehe. Er habe sich für diese Schlamperei der vatikanischen Behörden nur entschuldigen können.
Es habe sich tatsächlich um eine große Nachlässigkeit gehandelt, die jedoch nur derjenige beurteilen könne, der die Verhältnisse im Vatikan genauer kenne. Es vollziehe sich dort alles langsam, schleppend und ohne erforderliche Gründlichkeit. Jüngstes Beispiel hierfür wäre seine, dem Vatikan mündlich und schriftlich übergebene Information zu einem geplanten Papstbesuch in der DDR,3 die nicht die von ihm erhofften schnellen Reaktionen und entsprechende Aktivitäten auf diplomatischer Ebene seitens des Vatikans ausgelöst hätte. Dies sei erst auf seine Initiative hin erfolgt. Kardinal Meisner wolle in Rom auf diese Unzulänglichkeiten in der Arbeitsweise vatikanischer Stellen aufmerksam machen. Auf keinen Fall dürfe mit einer solchen Arbeitsweise der angestrebte Papstbesuch in der DDR behindert werden.4
Im Verlaufe des Gespräches habe der Staatssekretär für Kirchenfragen in Beantwortung einer entsprechenden Frage Meisners darauf verwiesen, dass es angesichts einiger Probleme mit den evangelischen Kirchen in der DDR im Zusammenhang mit der Relegierung von vier Schülern der EOS »Carl von Ossietzky«,5 Berlin-Pankow, keine Möglichkeit der Einlösung einer gegenüber der katholischen Kirche gewährten Zusage hinsichtlich einer Veröffentlichung über die Freiwilligkeit der Teilnahme an der Jugendweihe gegeben habe. Es sei um Verständnis für eine Hinauszögerung dieser Veröffentlichung gebeten worden. Meisner habe sich hierüber sehr verärgert gezeigt und erklärt, dass dies nicht die Glaubwürdigkeit in staatlicherseits gegebene Versprechen fördere. Es sei deshalb beabsichtigt, auch im Jahre 1989 in Predigten, Hirtenbriefen u. Ä. erneut zu dieser Thematik Stellung zu nehmen.6
Meisner erklärte weiter, er habe Staatssekretär Löffler mündlich zur Teilnahme an dem am 4. Februar 1989 in der Berliner Hedwigs-Kathedrale stattfindenden Abschlussgottesdienst sowie zu der am 12. Februar 1989 in Köln/BRD erfolgenden Übernahme des Bischofsstuhles eingeladen.7
Er messe dem Abschlussgottesdienst am 4. Februar 1989 in der Hedwigs-Kathedrale besondere Bedeutung bei, da ungeachtet eines weiteren Abschlussgottesdienstes am 5. Februar 1989 in Westberlin, mit der Teilnahme hochrangiger Persönlichkeiten aus der BRD und aus Westberlin zu rechnen sei. So rechne er u. a. mit der Anwesenheit der drei Stadtkommandanten der alliierten Besatzungsmächte in Westberlin, mit Vertretern des Westberliner Senats, möglicherweise des Regierenden Bürgermeisters von Westberlin sowie mit kirchenleitenden Personen aus dem Bistum Köln.
Als weitere Maßnahmen im Zusammenhang mit seiner Amtsübernahme in Köln erwähnte Kardinal Meisner die Bevollmächtigung des Weihbischofs Weider, Berlin,8 für die Übernahme aller wesentlichen Aufgaben des Bistums Berlin verbunden mit der Erwartungshaltung gegenüber dem Staat, diesem die gleichen Reisemöglichkeiten nach Westberlin einzuräumen wie Kardinal Meisner sowie die Ernennung eines Diözesenadministrators für das Bistum Berlin durch das »Berliner Domkapitel« unmittelbar nach der Amtseinführung Kardinal Meisners in Köln, der bis zur Ernennung eines neuen Bischofs dessen Amtsgeschäfte wahrnimmt. (Nach Auffassung Meisners ist mit dem Einsatz des Weihbischofs Weider als Diözesenadministrator zu rechnen.)
Bezogen auf die Wahl eines neuen Bischofs für das Bistum Berlin wolle sich Kardinal Meisner dafür verwenden, dass für dieses Amt nur ein in der DDR tätiger kirchlicher Würdenträger in Betracht gezogen werde.
Kardinal Meisner ließ in seinen Ausführungen durchblicken, dass seine Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR nicht vor dem 7. Februar 1989 erfolgen sollte, da er bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin als Vorsitzender der Berliner Bischofskonferenz und als Bischof des Bistums Berlin fungiert.9
Anlässlich seiner Amtseinführung in Köln wolle er insgesamt 40 Personen aus der DDR, darunter seine bisherigen engsten Mitarbeiter sowie Familienangehörige einladen, wofür er bereits Anträge auf Dienstreisen gestellt habe.
Außerdem beabsichtige er, zu einem noch nicht näher bezeichneten Termin um einen Abschiedsbesuch beim Staatssekretär für Kirchenfragen nachzusuchen.
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