Aktion von Antragstellern auf ständige Ausreise
[ohne Datum]
Information Nr. 122/89 über eine provokatorisch-demonstrative Aktion von Antragstellern auf ständige Ausreise in Leipzig
Nach Abschluss des montäglichen Friedensgebetes in der Nikolaikirche in Leipzig1 am 13. März 1989 (Teilnehmer ca. 650 Personen, darunter ein erheblicher Teil von Antragstellern auf ständige Ausreise2 sowie Messegäste;3 das »Friedensgebet« trug religiösen Charakter) rotteten sich ca. 300 Personen, mehrheitlich Antragsteller auf ständige Ausreise, vereinzelt mit Kleinkindern, auf dem Vorplatz der Nikolaikirche zusammen in der Absicht, sich zu einem geschlossenen Marsch in Richtung Thomaskirche (Stadtzentrum) zu formieren.
Durch den konzentrierten Einsatz von ca. 850 Angehörigen der Schutz- und Sicherheitsorgane sowie gesellschaftlicher Kräfte auf der Grundlage einer mit der Bezirksleitung der SED abgestimmten Einsatzkonzeption wurde diese provokatorische Aktion unterbunden.
Die Personenkonzentration konnte, nachdem sie ca. 300 Meter zurückgelegt hatte, gegen 18.30 Uhr, auf dem Markt zur Auflösung gebracht werden.
Als Reaktion auf die Maßnahmen der Schutz- und Sicherheitsorgane kam es seitens der Teilnehmer wiederholt zu solchen verleumderischen Rufen wie »Stasi raus«, »Stasischweine« sowie »Freiheit – Menschenrechte«. Es wurde ein Plakat mit der Aufschrift »Reisefreiheit statt Behördenwillkür« festgestellt. Der Träger dieses Plakates wurde zugeführt und nach erfolgter Befragung und Belehrung zunächst wieder entlassen.
Bisherigen Feststellungen des MfS zufolge befanden sich am Ereignisort 16 zur Frühjahrsmesse in Leipzig akkreditierte westliche Korrespondenten, darunter ARD und ZDF mit Kamerateam, Vertreter von dpa, AP und AFP. Sie hatten zuvor teilweise die an ihrer Kleidung befestigten Presseausweise entfernt. Durch ihr Auftreten und Verhalten inspirierten sie maßgeblich die Teilnehmer an dieser Zusammenrottung zu den gegen die Schutz- und Sicherheitsorgane gerichteten Äußerungen. Westliche elektronische Massenmedien berichteten über diese Provokation bereits in den Abendstunden des 13. März 1989 in Wort und Bild.
Die Maßnahmen zur Aufklärung der Initiatoren und Hintermänner dieser Zusammenrottung sowie zur Identifizierung der Teilnehmer werden zielstrebig fortgesetzt.
Während der Messe werden keine Maßnahmen getroffen, die zu einer verleumderischen Kampagne führen könnten.