Aktivitäten oppositioneller Personen in Leipzig und Dresden
10. Juli 1989
Information Nr. 337/89 über Aktivitäten feindlicher, oppositioneller Personen unter Missbrauch kirchlicher Veranstaltungen und Einrichtungen in Leipzig und Dresden
Während der Abschlussveranstaltung des Kirchentages der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens in Leipzig auf der Rennbahn Scheibenholz am Nachmittag des 9. Juli 1989 (ca. 50 000 Teilnehmer) formierte sich eine Gruppe von etwa 150 Personen.1 Nachdem es dieser Gruppe nicht gelungen war, ihre Forderungen über Mikrofon zu verbreiten, zeigten Angehörige dieser Gruppe zwei Plakate mit provokatorischem Inhalt: »Demokratie« (und zusätzliche Abbildung eines chinesischen Schriftzeichens) sowie »Nie wieder Wahlbetrug«.2
Als auch damit die erhofften Reaktionen ausblieben, verließ die Gruppe das Gelände, formierte sich – auf 100 Personen reduziert – erneut und bewegte sich mit dem erstgenannten Plakat in Richtung Stadtzentrum (Plakat wurde durch Sicherungskräfte abgenommen).
Im Ergebnis abgestimmter Maßnahmen wurde die Gruppe in die geöffnete Petrikirche abgedrängt, wodurch weitere öffentlichkeitswirksame Provokationen unterbunden wurden. Bis gegen 17.45 Uhr haben diese Personen die Kirche in kleinen Gruppen verlassen.
Durch einen namentlich bekannten DDR-Bürger aus Dresden (24, Mitarbeiter der Volkssolidarität Dresden, Antragsteller auf ständige Ausreise,3 Februar 1989 abgelehnt) wurde am 8. Juli 1989 im Hausflur seines Wohnhauses in Dresden ein Zettel mit dem handschriftlichen Text »Sonntag, 09.07.1989, 15.00 Uhr; Kreuzkirche; ›Trommeln für Peking‹,4 Autonomes Forum« angebracht. (Ordnungsstrafverfahren eingeleitet.)
Am 9. Juli 1989, 15.20 Uhr, begannen vier Jugendliche (später sechs) in der Kreuzkirche ein ca. zweistündiges Trommeln auf mitgebrachten Gegenständen, fertigten in der Kirche vier weiße Plakate mit provokatorischen Texten gegen die »Gewalt in China« und hefteten diese an Kirchenbänke. Infolge der durch die geöffnete Kirchentür dringenden Trommelgeräusche hatten sich auf dem Altmarkt zeitweilig bis ca. 60 schaulustige Passanten angesammelt, die auf Veranlassung von Ordnungskräften diszipliniert den Standort verließen.
Durch Einflussnahme auf die Leitung der Kreuzkirche wurde die Kirchentür geschlossen und damit die Öffentlichkeitswirkung der Aktion reduziert. Während des provokatorischen Trommelns befanden sich im Wechsel ca. 200 Personen in der Kreuzkirche. Gegen 18.25 Uhr verließen die letzten 25 Personen in Begleitung des Pfarrers die Kirche in Richtung Stadtzentrum/Neustädter Bahnhof. Der Pfarrer äußerte in einem Gespräch mit staatlichen Stellen, dass die Leitung der Kreuzkirche von der Trommelaktion völlig überrascht war und vom Landeskirchenamt nicht von der staatlicherseits geforderten Unterbindung der Aktion in Kenntnis gesetzt worden sei. Er bedankte sich für das besonnene Verhalten der Sicherungskräfte und drückte sein Verständnis für erforderliche Maßnahmen aus.
Gegen sechs Hauptakteure werden Ordnungsstrafverfahren in Höhe von jeweils 1 000 Mark durchgeführt.
Aufgrund vorliegender Hinweise waren am 8. und 9. Juli 1989 Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung eines auf dem Altmarkt in Dresden geplanten Trommelmarsches »Gegen die Gewalt in China« eingeleitet worden. Im Ergebnis dieser Maßnahmen wurden 20 Personen zugeführt. Gegen sie werden differenziert ordnungsrechtliche Maßnahmen eingeleitet.