Aktivitäten Prof. Furrer
23. Mai 1989
Information Nr. 264/89 über Aktivitäten des Leiters des »Weltraum-Instituts« in Berlin (West), Prof. Dr. Furrer, Reinhard, zur Herstellung von Kontakten zur Akademie der Wissenschaften der DDR
Dem MfS wurde intern bekannt, dass der Bundesminister für Forschung und Technologie der BRD, Riesenhuber,1 anlässlich seiner bevorstehenden Gespräche in der DDR über die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit auch den Vorschlag zu unterbreiten beabsichtigt, eine wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen dem »Weltraum-Institut-Berlin« (WIB-GmbH)2 in Berlin (West) und dem Institut für Kosmosforschung (IKF) der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) herzustellen.
Dem sind bereits entsprechende, nachfolgend aufgeführte Aktivitäten durch den Leiter des WIB-GmbH, Prof. Dr. rer. nat. Furrer, Reinhard3 (Diplom-Physiker und Astronaut), vorausgegangen:
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Anlässlich der Tagung »Spacetransfer – Nutzung von Weltraumbedingungen für Wissenschaft und Technik« vom 28. bis 29. November 1988 in Berlin (West) äußerte Furrer in persönlichen Gesprächen mit den an der Tagung teilnehmenden Mitarbeitern des IKF, Prof. Dr. Joachim4 und Kruspig,5 den Wunsch nach Zusammenarbeit auf kommerzieller Basis mit dem IKF;
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in einem Brief an den Generalsekretär der AdW der DDR, Prof. Grote,6 vom 9. Dezember 1988 bekundete Furrer ebenfalls sein Interesse an einer Zusammenarbeit der WIB-GmbH mit dem IKF;
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anlässlich eines Besuches des WIB-GmbH in Berlin (West) im März 1989 durch die Mitarbeiter des IKF Prof. Joachim, Prof. Oertel7 und Kruspig brachte Furrer diesen gegenüber den Wunsch nach einem persönlichen Besuch des IKF zum Ausdruck;
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auf postalischem Weg bemühte sich Furrer über die AdW der DDR um eine persönliche Unterredung mit dem Fliegerkosmonauten der DDR, Genossen Generalmajor Dr. Sigmund Jähn.8
(Furrer zeigte in jüngster Vergangenheit auch verstärktes Interesse an einer Beteiligung des WIB-GmbH am Interkosmosprogramm der UdSSR9 auf kommerzieller Basis. Es gelang ihm, eine offizielle Einladung der »Akademie der Wissenschaften der UdSSR« zu erwirken; er hielt sich vom 5. bis 7. April 1989 in Moskau auf.)
Zur Person des Furrer ist bekannt, dass er als Mitglied der »Arbeitsgemeinschaft 13. August e.V.«10 zum engsten persönlichen Freundeskreis des geschäftsführenden Vorsitzenden der Feindorganisation und ehemaligen Chef der »Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit«,11 Hildebrandt, Rainer,12 zählt. Unter seinem gebräuchlichsten Decknamen »Kurt Jacob« – weitere Alias-Namen waren »Reinhard«, »Jens«, »Heino«, »Nikolajew« und »Bartmann« – wurde er in den 1960er Jahren durch Hildebrandt im Rahmen von Foren und Diskussionsabenden sowie in Fernsehsendungen als erfolgreicher Fluchthelfer öffentlichkeitswirksam vermarktet.
Als damaliger Student der Physik an der Freien Universität (FU) zu Berlin (West) wirkte er maßgeblich am Bau verschiedener Schleusungstunnel mit und steht im Verdacht, am 4./5. Oktober 1964 an der Ermordung des Unteroffiziers der Grenztruppen der DDR, Egon Schultz, unmittelbar beteiligt gewesen zu sein.13
Nach eigenen öffentlichen Bekundungen habe er sich aus politischer Überzeugung bis 1967 aktiv an Personenschleusungen beteiligt bzw. derartige Aktionen maßgeblich organisiert. Des Weiteren beteiligte er sich an Aktionen der geheimdienstlich unterstützten Schleuserorganisation »Fuchs«14 sowie im Auftrag der CIA an der Schleusung von Ausrüstungen für Agenten unter Missbrauch der Transitwege der DDR.
Im Jahre 1976 unterhielt Furrer persönliche Kontakte zum hasserfüllten Feind der DDR und Terroristen Gartenschläger.15
Mit Rücksicht auf seine berufliche Karriere bemühte sich F. ab 1977, (im Zusammenhang mit seiner Kandidatur für einen Flug mit der amerikanischen Raumfähre) nicht mehr öffentlichkeitswirksam in Verbindung mit Aktionen der »Arbeitsgemeinschaft 13. August e.V.« aufzutreten, ohne jedoch seine Mitgliedschaft in der Feindorganisation aufzukündigen.
Wie eine Prüfung des MfS mit Experten der AdW der DDR ergab, werden seitens der AdW keine Erfordernisse gesehen, mit dieser Institution in Berlin (West) im Rahmen einer wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit Kontakt aufzunehmen. Hinzu kommt, dass die AdW der DDR mit dem BRD-Astronauten Merbold16 gegenwärtig Verhandlungen über mögliche Begegnungen mit dem Fliegerkosmonauten der DDR, Generalmajor Jähn, führt, an deren positiven Ausgang beide Seiten interessiert sind und die durch Kontakte zu Furrer unter Umständen gefährdet werden würden, zumal internen Hinweisen zufolge auch seitens des Astronauten Merbold aus dem MfS nicht bekannten Gründen Wert darauf gelegt würde, seitens der AdW keinerlei Kontakte zum WIB-GmbH in Berlin (West) aufzunehmen.
Aus den vorgenannten Gründen sowie auch in Anbetracht der Aktivitäten des Furrer gegen die DDR wird vorgeschlagen, das Anliegen von Bundesminister Riesenhuber abzulehnen.
Des Weiteren wird vorgeschlagen, ausgehend von der in der Vergangenheit erfolgten aktiven Beteiligung an gegen die DDR gerichteten subversiven Machenschaften sowie zur vorbeugenden Verhinderung weiterer möglicher Kontaktversuche in der DDR, gegen Furrer erneut Reisesperrmaßnahmen (ausgenommen des vom Transitabkommen erfassten Transitverkehrs) einzuleiten.