Bedeutsame Probleme bei den Kommunalwahlen am 7. Mai
7. Juli 1989
Hinweise über ausgewählte bedeutsame Probleme im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Kommunalwahlen am 7. Mai 1989 [Bericht K 3/103]
In Fortsetzung langfristig vorbereiteter und teilweise realisierter politischer Störaktionen gegen die Vorbereitung und Durchführung der Kommunalwahlen am 7. Mai 1989 unternehmen seit der offiziellen Bekanntgabe der Wahlresultate personelle Zusammenschlüsse, Gruppierungen und Gruppen, insbesondere in der Hauptstadt der DDR, Berlin, sowie in den Städten und Bezirken Leipzig, Dresden, Cottbus, Karl-Marx-Stadt und Potsdam, provokatorische Handlungen zur Diskreditierung der Ergebnisse der Kommunalwahlen.1
Auf der Grundlage von am Wahltag im Ergebnis durchgeführter sogenannter flächendeckender »Kontrollen« bzw. der »Überwachung« der Wahlhandlung und der Stimmenauszählung in einer erheblichen Anzahl von Wahllokalen getroffenen »Feststellungen« versuchen insbesondere innere Feinde »nachzuweisen«, dass in der gesamten DDR Wahlmanipulationen vorgenommen, zumindest aber in ausgewählten Wahlbezirken die Wahlergebnisse gefälscht wurden.
Vorliegende streng interne Hinweise lassen dabei ein stabsmäßig organisiertes und koordiniertes Vorgehen feindlicher, oppositioneller Kräfte, besonders aus der Hauptstadt der DDR, Berlin, und ein abgestimmtes Zusammenwirken mit den in Westberlin agierenden Feinden der DDR, Jahn2 und Hirsch,3 sowie mit in der DDR akkreditierten westlichen Korrespondenten erkennen.
Ziel dieser Aktivitäten ist, den demokratischen Charakter unserer Wahlen unter breiten Teilen der Bevölkerung der DDR und im Ausland infrage zu stellen und damit die DDR international – auch mit Blick auf aktuelle innenpolitische Entwicklungen in anderen sozialistischen Staaten – zu diskreditieren. Das anlassbezogene abgestimmte Wirksamwerden innerer und äußerer Feinde macht sichtbar, dass unsere Partei permanent unter Druck gesetzt werden soll, ihren innenpolitischen Kurs in Richtung Liberalisierung, Demokratie und politischer Pluralismus westlicher Prägung zu verändern und das politische System des Sozialismus für ein legales Wirksamwerden feindlicher, oppositioneller Kräfte zu öffnen. Innere und äußere Feinde zielen auf die langfristige Schaffung von Spielraum für unkontrollierte gesellschaftspolitische Bewegungen und damit auf eine Destabilisierung der politischen Machtverhältnisse in der DDR.
Um angeblich festgestellte Verstöße gegen die Wahlordnung der DDR4 und Manipulationen der Wahlergebnisse öffentlichkeitswirksam bekannt zu machen und Forderungen nach Einsichtnahme in Wahlunterlagen, nach Überprüfung und Annullierung der Wahlergebnisse, nach Bestrafung für den »Wahlbetrug« Schuldiger bis hin zu Forderungen nach Ausschreibung von Neuwahlen gemäß § 43 des Wahlgesetzes zu stellen,5 wurden feindliche, oppositionelle und andere negative Kräfte sowie weitere Personen u. a. wirksam durch
- –
die Verbreitung einer sogenannten öffentlichen Stellungnahme zu den Kommunalwahlen 1989, initiiert durch solche hinlänglich bekannten Inspiratoren/Organisatoren politischer Untergrundtätigkeit und reaktionäre kirchliche Amtsträger aus der Hauptstadt der DDR, Berlin, wie Werner Fischer,6 Mario Schatta,7 Ulrike Poppe8 und Frank-Herbert Mißlitz9 sowie die Pfarrer Simon10 (Zionskirchengemeinde) und Schneider11 (Elisabethkirchengemeinde), unterzeichnet von 18 sogenannten kirchlichen Basisgruppen überwiegend aus der Hauptstadt der DDR,12 Berlin, sowie eines von demselben Personenkreis verfassten »Einspruchs gegen die Gültigkeit der Kommunalwahlen 1989 in Berlin«,13 gerichtet an den Nationalrat der Nationalen Front der DDR;
- –
die Verbreitung von durch Mitglieder sogenannter kirchlicher Basisgruppen verfassten »Kontrollberichten« über angebliche Wahlmanipulationen in der Hauptstadt der DDR, Berlin, (Titel: »Ergebnisse der Kommunalwahlen 1989 nach der Auszählung durch unabhängige Beobachter«)14 und in Potsdam (Titel: »Wahlbeobachtung in Potsdam«)15 an Gleichgesinnte und weitere politisch negative Personen in der DDR;
- –
die Erstattung von bisher acht Anzeigen beim Generalstaatsanwalt der Hauptstadt der DDR durch Eppelmann16 (1) sowie durch Mitglieder und Sympathisanten der »Initiative Frieden und Menschenrechte«17 (7, darunter Martin Böttger18) wegen Verdacht der Wahlfälschung gemäß § 211 StGB;19
- –
die Anfertigung von drei Eingaben mit Einsprüchen gegen die Gültigkeit der Wahl wegen angeblicher Differenzen bei der Stimmenauszählung an den Vorsitzenden der Wahlkommission der DDR, den Staatsrat der DDR sowie den Nationalrat der Nationalen Front der DDR durch Personenkreise um Eppelmann sowie der »Umweltbibliothek«,20 der »Initiative Frieden und Menschenrechte«, des »Friedenskreises Weißensee«21 (Sozialdiakon Mario Schatta u. a.) und weiterer personeller Zusammenschlüsse;
- –
das Versenden von inhaltlich gleichartigen Eingaben, anderen Schreiben und Erklärungen an Vorsitzende von Kreiswahlbüros, Kreisvorständen der Nationalen Front, Oberbürgermeister und Bürgermeister, u. a. in den Bezirken Potsdam, Dresden, Karl-Marx-Stadt, Rostock und Cottbus, sowie Vorsprachen und telefonische Anfragen bei leitenden Staatsfunktionären in Bezirken und Kreisen, u. a. in der Hauptstadt und den Bezirken Leipzig, Dresden, Potsdam und Gera, durch unterschiedlichste feindlich-negative Personenkreise, darunter reaktionäre kirchliche Amtsträger und andere kirchliche Kräfte sowie einzelne Antragsteller auf ständige Ausreise22 (an der Feststellung der konkreten Anzahl wird noch gearbeitet);
- –
das Versenden von Briefen/Eingaben an zentrale staatliche Organe und gesellschaftliche Organisationen (Staatsrat, Nationalrat der Nationalen Front und Wahlkommission der DDR) – 84 derartige Schreiben wurden bekannt –, verfasst von Bürgern aus unterschiedlichsten Bereichen der DDR, in denen überwiegend persönliche Feststellungen zu angeblichen Verstößen gegen das Wahlgesetz dargelegt, aber auch vereinzelt Einsprüche gegen Wahlergebnisse und Forderungen nach Neuwahlen erhoben werden (23) und individuelle Anfragen zur Klärung/Überprüfung von Feststellungen über angebliche Unkorrektheiten der Wählerlisten, zur Aufstellung der Wahlkabinen, zur Abfassung von Wahlprotokollen usw. erfolgten.
Unter den Verfassern der Briefe/Eingaben befinden sich auch einzelne Mitglieder der SED bzw. Wahlhelfer, die sich wegen angeblicher Verstöße gegen das Wahlgesetz beschweren. Ein Teil der Briefe/Eingaben wurde durch andere Personen unterzeichnet (ca. 300 Personen insgesamt).
Aus der Analyse der genannten, gegen die Ergebnisse der Kommunalwahlen gerichteten Aktivitäten wird u. a. besonders das enge, abgestimmte Zusammenwirken von Kräften personeller Zusammenschlüsse mit reaktionären und weiteren kirchlichen Amtsträgern und Mitarbeitern deutlich. Während die evangelischen Kirchen in der DDR in Vorbereitung und Durchführung der Kommunalwahlen feindlich-negative Gruppierungen und Kräfte bei ihren gegen die Wahlen gerichteten Aktivitäten dadurch ermunterten, dass sie sie gewähren ließen und nicht bereit waren, Maßnahmen zur Verhinderung des politischen Missbrauchs der Kirche durchzusetzen, treten nunmehr deren Amtsträger und kirchliche Mitarbeiter selbst für die Ziele sogenannter kirchlicher Basisgruppen ein und sprechen in diesem Sinne bei staatlichen Organen und gesellschaftlichen Organisationen vor.
Hier einzuordnen ist ein Schreiben des Bischofs Dr. Demke/Magdeburg,23 gerichtet an den Vorsitzenden der Wahlkommission der DDR, vom 11. Mai 1989, in dem er in Auswertung »persönlicher Erfahrungen« in Vorbereitung und Durchführung der Kommunalwahlen »Vorschläge« zur Auswahl der Kandidaten, zur Wahlhandlung und zur politisch-ideologischen Nutzung der Wahlergebnisse unterbreitet.24 Analog sandte Bischof Forck/Berlin25 ein Schreiben an den Staatssekretär für Kirchenfragen, Genossen Löffler,26 vom 17. Mai 1989, worin er im Auftrag der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg erklärt, dass Gemeindeglieder und Pfarrer darauf aufmerksam gemacht hätten, dass zwischen ihren Beobachtungen und dem offiziellen Wahlergebnis »auffällige Differenzen … festgestellt« worden seien. Forck, der den Gemeinden »geraten« habe, »von unzulässigen Verallgemeinerungen abzusehen und ein den betreffenden Räten der Bezirke bzw. dem Magistrat der Hauptstadt Berlin … Erläuterungen zu den unerklärlichen Additionsdifferenzen einzuholen«, fordert »eindeutige Auskünfte« des Staates.
Besonders hervorzuheben ist ein Schreiben des Vorsitzenden der KKL, Landesbischof Dr. Leich,27 vom 17. Mai 1989, das ebenfalls an Genosse Löffler gerichtet wurde.28 Darin bezieht er sich ausdrücklich auf den Brief von Forck und erklärt »namens des Bischofskonvents«, dass »alle Mitglieder ähnliche Erfahrungen gemacht hätten«. Dem Staat wird angedroht: »Der Vorstand der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen wird sich mit dieser Frage beschäftigen müssen.« Von Leich wird die »Erwartung« nach »eindeutigen Auskünften« zu den »dargelegten Fragen« zum Ausdruck gebracht.
Intern wurde bekannt, dass Leich während der Sitzung des Landeskirchenrates der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen am 22. Mai 1989 zum Ausdruck gebracht hat, sein Eindruck, dass bei den Kommunalwahlen am 7. Mai 1989 Wahlfälschungen vorgenommen wurden, habe sich durch Feststellungen der anderen Bischöfe bestätigt. Die Bischöfe seien sich einig, bei künftigen Gesprächen mit Vertretern des Staatsapparates diese Tatsachen anzusprechen. Der Vorstand der KKL beabsichtige sich in diesem Zusammenhang an die Regierung der DDR zu wenden, da die »Fälschung der Wahlergebnisse ein Vertrauensbruch« sei. Gleichzeitig wolle man in Vorbereitung der nächsten Wahlen fordern, dass eine konkrete Veröffentlichung zum Umgang mit den Wahlscheinen erfolgt, um genau zu wissen, wann Gültigkeit und wann Ungültigkeit besteht.29
Entsprechend dieser Orientierung verabschiedete die KKL auf ihrer 124. Tagung (2.–3.6.1989) eine »Meinungsbildung zu Anfragen im Zusammenhang mit der Kommunalwahl«. Darin wird die Staatsführung »dringend« gebeten, eine »konkrete und schnelle Beantwortung der im Zusammenhang mit den Kommunalwahlen eingereichten Eingaben und Anträge zu veranlassen«. Außerdem wird »eine Weiterentwicklung des Wahlverfahrens« gefordert.30
In diesem Zusammenhang ist wesentlich festzustellen, dass sich feindliche, oppositionelle Kräfte in weiterer Auswertung der Ergebnisse der Kommunalwahlen bereits jetzt langfristig auf ein feindlich-negatives Wirksamwerden in Vorbereitung und Durchführung der Volkswahlen 1991 einstellen. Im Rahmen verschiedener kirchlicher Veranstaltungen, in denen zum Teil offen von »Wahlbetrug« gesprochen wurde, und Zusammenkünfte feindlich-negativer Gruppierungen und Kräfte erfolgten erste dementsprechende Orientierungen. So orientierten sogenannte Friedens- und Ökogruppen in Greifswald auf weitere »Auswertungsveranstaltungen« zu den Kommunalwahlen, um Schlussfolgerungen für die nächsten Wahlen zur Volkskammer und zu den Bezirkstagen zu ziehen. Die Anwesenden bei einer Zusammenkunft der Arbeitsgemeinschaft »Offene Kirche« in der Evangelisch-Lutherischen St.-Pauli-Kreuzkirchengemeinde in Karl-Marx-Stadt am 9. Mai 1989 vertraten den Standpunkt, dass die in zwei Jahren stattfindenden Volkswahlen durch die Kirche in allen Sonderwahllokalen und Wahllokalen so »unter Kontrolle gestellt werden müssten, damit endlich wahre Zahlenangaben zum Wahlergebnis veröffentlicht würden«.
Während einer durch bekannte Inspiratoren/Organisatoren politischer Untergrundtätigkeit am 19. Mai 1989 in weiterer Auswertung der Kommunalwahlen durchgeführten Veranstaltung im Evangelischen Gemeindezentrum »Heinrich Gruber« in Berlin-Hohenschönhausen wurde dem Vorschlag zugestimmt, die in Vorbereitung der Kommunalwahlen gebildete »AG Koordinierung Wahlen« fortbestehen zu lassen, um langfristig gegen die Volkskammerwahlen im Jahre 1991 gerichtete Handlungen vorzubereiten. Bezogen auf diese Veranstaltung ist des Weiteren bedeutsam, dass die Anwesenden befürworteten, weitere Eingaben an staatliche Organe und eine zusammenfassende Dokumentation durch die »Koordinierungsgruppe Wahlen« zu erarbeiten. Ein derartiges nicht genehmigtes Druckerzeugnis »Wahlfall 89 – Eine Dokumentation« wurde erstmalig auf einer Veranstaltung am 8. Juni 1989 in der Gethsemanekirche verbreitet. Diese 30-seitige »Dokumentation« fasst bekannte »Erklärungen«, »offene Briefe«, Eingaben feindlicher, oppositioneller u. a. negativer Kräfte in Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Wahlen zusammen.31
Hier einzuordnen sind auch intern bekannt gewordene Äußerungen des Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, Manfred Becker,32 wonach sich seiner Meinung nach in den nächsten Wahlen zum Wahlmodus Änderungen ergeben müssten. So wäre auch während der letzten ökumenischen Versammlung der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, an der er teilgenommen habe, schon sehr vorsichtig eine Forderung nach Änderung des Wahlmodus formuliert worden.
Wie weit die Provokationen feindlich-negativer Kräfte zur Diskreditierung der Ergebnisse der Kommunalwahlen reichen, zeigt folgendes Beispiel:
Streng intern war im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Konstituierung der Stadtbezirksversammlung Leipzig-Mitte am 31. Mai 1989 bekannt geworden, dass Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft »Dialog« des Clubs der Intelligenz des Kulturbundes in Leipzig, von denen mehrere Verbindungen zu Führungskräften des politischen Untergrundes in Leipzig unterhalten, beabsichtigten, diese konstituierende Sitzung zum Vorbringen eines öffentlichen Protestes gegen das veröffentlichte Wahlergebnis zu nutzen.33 (Dieses Vorhaben konnte durch den Einsatz gesellschaftlicher Kräfte unterbunden werden.) Mitglieder dieser Arbeitsgemeinschaft hatten bereits am Wahltag an Stimmenauszählungen in Wahllokalen von Leipzig-Mitte teilgenommen und am 23. Mai 1989 einen »Antrag auf Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl im Stadtbezirk Mitte der Stadt Leipzig und auf Überprüfung des Wahlergebnisses« an den Stadtbezirksausschuss der Nationalen Front übergeben. Am 29. Mai 1989 hatte ein Mitglied der Arbeitsgruppe (SED-Mitglied) der Stadtbezirksleitung Mitte der SED eine »Mitteilung – Betr.: Gültigkeit der Wahl im SB Mitte« übergeben, und am 30. Mai waren von Mitgliedern dieser Arbeitsgruppe vier neugewählte Abgeordnete aufgesucht, diesen der »Antrag« übergeben und sie aufgefordert worden, auf eine Verschiebung der Konstituierung hinzuwirken.
Beachtenswert sind auch weitere unterschiedlichste Verhaltensweisen Wahlberechtigter in den Wahllokalen am 7. Mai 1989. Erkenntnissen aus der Hauptstadt und der Mehrzahl der Bezirke zufolge ist im Verhältnis zu den Kommunalwahlen 1984 und den Volkswahlen 1986 festzustellen
- –
eine verstärkte Nutzung der Sonderwahllokale34 für die Durchführung der Wahlhandlung,
- –
eine Zunahme der Zahl von Personen, die zur Durchführung der Wahlhandlung die Wahlkabinen aufsuchten,35 darunter ein erheblicher Anteil von Personen bis 25 Jahre sowie religiös gebundene Kräfte,
- –
eine Zunahme der Zahl von Personen, die ungültige Stimmzettel abgaben bzw. gegen die Kandidaten der Nationalen Front36 stimmten und mehrfach Wahlscheine mit zusätzlichen Texten versahen (z. B. Cottbus – mit Bezügen zur gegenwärtigen innenpolitischen Entwicklung in der UdSSR sowie Forderungen nach »freien Wahlen« und »mehr Demokratie«; Hauptstadt der DDR, Berlin, Humboldt-Universität – mit Forderungen nach »politischer Erneuerung«, »Änderung der Verfassung«, »freie Wahlen«, »Reisefreiheit«, Abschaffung des »Bürokratismus« und der »Macht … des SED-Politbüros«).
Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang das Wahlergebnis an der Kunsthochschule Berlin. Von den 212 in die Wählerliste der Hochschule eingetragenen Studenten sprachen sich 105 gegen und nur 102 für den Wahlvorschlag der Nationalen Front aus. 1986 hatte es an der Kunsthochschule lediglich einen Nichtwähler gegeben.
Bedeutsam ist auch das Wahlverhalten an der Humboldt-Universität Berlin. Von den insgesamt 7 013 Wahlberechtigten haben 6 948 gewählt (99,l %). 65 Personen (0,9 %) nahmen nicht an der Wahl teil (u. a. 20 ausländische Bürger sowie zehn Studenten der Sektion Theologie). Gegen den Wahlvorschlag der Nationalen Front sprachen sich 377 Wähler (5,4 %) aus.
Eine relativ hohe Anzahl Gegenstimmen gab es in den Wahlbezirken der Humboldt-Universität
- –
Nr. 148 (darunter Theologie) – 670 Beteiligte/78 Gegenstimmen sowie
- –
Nr. 170 (darunter Kunst- und Kulturwissenschaften) – 947 Beteiligte/71 Gegenstimmen.
1986 waren an der Humboldt-Universität unter den 11 449 Wahlberechtigten 25 Nichtwähler und 26 Gegenstimmen zu verzeichnen.
- –
Feindliche, oppositionelle Kräfte, die im Verhältnis zu vorangegangenen analogen Anlässen in größerer Anzahl an den Wahlen teilnahmen, und ein erheblicher Anteil von Antragstellern auf ständige Ausreise, die im Zusammenhang mit der Wahlhandlung als solche erkannt wurden, suchten die Wahlkabinen auf und nahmen Streichungen einzelner bzw. aller Kandidaten vor.
Beachtenswert ist auch das Verhalten einzelner kirchlicher Amtsträger und Mitglieder kirchenleitender Gremien. So wählte das Mitglied der Kirchenleitung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen, OKR Große/Saalfeld,37 am 6. Mai 1989 in einem Sonderwahllokal und fügte seinem Wahlschein einen als »Wählerauftrag« formulierten Anhang bei. In dem vom 5. Mai 1989 datierten Schreiben formuliert er an die ihm »ohne Alternative zugewiesenen Kandidaten« Verpflichtungen, »aktiven Widerstand« zu leisten gegen die »Fortsetzung der verbrecherischen Abholzung unserer Wälder«, »die immer fortgesetzte Verschlechterung der Luft durch Abgase und Schadstoffe«, »die Zerstörung des Bodens« und »die Verseuchung der Gewässer«.
In mehreren Gemeinden des Bezirkes Schwerin nahmen einzelne Pastoren in den Wahlkabinen mit Bleistift kaum sichtbare Streichungen der Kandidaten vor, was bei der Stimmenauszählung übersehen wurde.
Bei der Bekanntgabe der Wahlergebnisse, wonach es keine Gegenstimmen gegeben hatte, protestierten sie und erreichten dadurch eine Wiederholung der öffentlichen Stimmenauszählung. Das Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, Dr. Fischbeck,38 Physiker im Zentralinstitut für Elektronenphysik der Akademie der Wissenschaften der DDR, lehnte am 7. Mai 1989 in seinem Wahllokal die Teilnahme an der Wahl ab und begründete diese Haltung in einer an den WBA 92 übergebenen »Erklärung zur Kommunalwahl am 7.5.[19]89«, in der er u. a. feststellte, dass »diese Wahl keine Wahl« sei, weil »sie nicht geheim ist«, die Bürger »nur die Möglichkeit völliger Zustimmung oder völliger Ablehnung« hätten, »das Vorschlagsrecht ausschließlich bei Mandatsträgern, die auf den bisherigen Kurs festgelegt sind« liege und »der Bürger mit der Wahlhandlung keinen wirklichen Einfluss auf die Auswahl der Abgeordneten« hätte.
Bedeutsame Erkenntnisse aus den Ergebnissen der Kommunalwahlen ergeben sich hinsichtlich der Nichtteilnahme Wahlberechtigter an den Wahlen.
Bezogen auf das gesamte Territorium der DDR ist im Vergleich zu den Kommunalwahlen 1984 sowie den Volkswahlen 1986 generell eine steigende Tendenz der Nichtteilnahme Wahlberechtigter an den Wahlen – zum Teil in erheblichem Maße – feststellbar (z. 8. Anstieg der Anzahl der Nichtwähler in den Bezirken Schwerin auf das 3,5 fache im Verhältnis zu 1984, Neubrandenburg auf das 2,5 fache gegenüber 1984 und das 3,7 fache im Verhältnis zu 1986, Frankfurt/O. auf mehr als das 2 fache und Potsdam auf das 1,5 fache – jeweils bezogen auf 1984; Rostock auf das 2 fache im Verhältnis zu 1986, wobei beispielsweise ein Anstieg der Anzahl der Nichtwähler zu verzeichnen ist in Rügen auf 394 %, in Grevesmühlen auf 383 %, in Bad Doberan auf 345 % und in Greifswald auf 322 %. Beachtenswert ist, dass 24 Studenten der Sektion Theologie der Wilhelm-Pieck-Universität Rostock (40,7 % aller Studenten dieser Sektion) nicht gewählt haben. Darüber hinaus nahmen weitere 60 Studenten dieser Universität sowie weiterer Hoch- und Fachschulen des Bezirkes nicht an der Kommunalwahl teil. 1986 lediglich 15 Studenten im Bezirk; Dresden auf das Doppelte unter Erstwählern und in der Altersgruppe bis 40 Jahre um das l,5 fache. Unter den Gemeinden dieses Bezirkes stellt Klitten im Kreis Niesky mit 184 Nichtwählern (16 % der Nichtwähler des Kreises) den Schwerpunkt dar. 1986 gingen 46 Einwohner der Gemeinde nicht zur Wahl. Ursache sind zum größten Teil (136) die im Zusammenhang mit der seit mehreren Jahren erfolgenden Devastierung des Ortes aufgrund des Kohleabbaus anstehenden und bisher nicht zu Ende geklärten Probleme.)
Hinsichtlich der Altersstruktur ist grundsätzlich festzustellen, dass der Personenkreis im Alter von 26 bis 40 Jahre fast die Hälfte der Nichtwähler ausmacht, gefolgt von dem Personenkreis bis zum Rentenalter, dessen Anteil unter den Nichtwählern zwischen 20 bis 30 % beträgt. Insoweit ist bei beiden Kategorien im Vergleich zu vorangegangenen Wahlen – von einigen Bezirken abgesehen – bezogen auf das Territorium der DDR in seiner Gesamtheit ein bestimmter Anstieg zu verzeichnen.
Beachtenswert sind aber auch Einzelhinweise, wonach beispielsweise in Berlin-Hohenschönhausen ca. 42 % der Nichtwähler dem Personenkreis im Alter von 41 Jahren bis zum Rentenalter angehören, in Berlin-Hellersdorf ca. 34 % der Nichtwähler im Alter bis zu 25 Jahren sind, der Anteil der Nichtwähler unter Erstwählern zum Teil angestiegen ist, teilweise erheblich – wie z. B. in Berlin-Hohenschönhausen, Berlin-Lichtenberg und im Bezirk Neubrandenburg auf 7 % sowie in den Bezirken Potsdam, Dresden und Erfurt auf 5 % (Vergleichswert zu vorangegangenen Wahlen 2 bis 3 %).
Ihrer beruflichen Tätigkeit und sozialen Stellung nach machen durchschnittlich die Hälfte der Nichtwähler, wie auch bei vorangegangenen Wahlen, Arbeiter und Angestellte aus. In mehreren Bezirken liegt deren Anteil an den Nichtwählern jedoch noch erheblich darüber – z. B. in den Bezirken Rostock und Halle – je 68,8 %, im Bezirk Potsdam – 66 %, im Bezirk Schwerin ca. 60 %, im Bezirk Suhl – 72,6 %.
Der Anteil von Nichtwählern unter wahlberechtigten Antragstellern auf ständige Ausreise ist in den einzelnen Territorien unterschiedlich hoch, jedoch ist insgesamt festzustellen, dass eine erhebliche Anzahl dieser Personen nicht vom Wahlrecht Gebrauch machte. Ihr Verhalten am und nach dem Wahltag war bis auf einzelne anlassbezogene Vorkommnisse weitestgehend ruhig und ohne Bezug auf die Wahlen. Damit demonstrierte eine Vielzahl von Antragstellern auf ständige Ausreise ihr Desinteresse an der gesellschaftlichen Entwicklung in der DDR. Beispielsweise betrug der Anteil der Nichtwähler unter den wahlberechtigten Antragstellern im Bezirk Suhl 46 % (1986 – 25 %), stellte der Personenkreis der Antragsteller in den Bezirken Neubrandenburg und Potsdam einen Anteil von je 12 % und in der Hauptstadt von 10 % der Nichtwähler, haben ca. 60 bzw. 50 % der Antragsteller in den Bezirken Erfurt bzw. Magdeburg nicht an der Wahl teilgenommen, nahmen die Antragsteller im Bezirk Leipzig bis auf geringe Ausnahmen nicht an der Wahl teil.
In den Fällen, wo Antragsteller an der Wahl teilgenommen haben – beispielsweise 60 % im Bezirk Halle – muss dieses Auftreten als Zweckverhalten gewertet werden, wobei – wie bereits dargelegt – verschiedentlich Antragsteller auch deshalb an der Wahl teilnahmen, um einzelne bzw. alle Kandidaten auf den Wahlscheinen zu streichen.
Das Wahlverhalten kirchlicher Amtsträger beider Konfessionen sowie von Amtsträgern der Freikirchen und Religionsgemeinschaften ist sehr differenziert einzuschätzen. Insgesamt ist festzustellen, dass die Beteiligung von Amtsträgern der evangelischen Kirchen an den diesjährigen Kommunalwahlen unter der Teilnahme vorhergehender Wahlen liegt. Die katholischen Geistlichen übten wie in der Vergangenheit deutliche Zurückhaltung in der Wahlbeteiligung. Ein Rückgang ist ebenfalls bei den Amtsträgern in Freikirchen und Religionsgemeinschaften zu verzeichnen. Im Einzelnen wurde bekannt, dass sieben der acht evangelischen Bischöfe gewählt haben. Der als Nichtwähler bekannte Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche Mecklenburgs, Stier,39 (hat auch 1986 nicht gewählt) hielt sich zu einer mehrtägigen Dienstreise in der BRD auf.
Andere beachtenswerte kirchenleitende Personen, z. B. Konsistorialpräsident Stolpe,40 der Präses der Synode des Bundes der Evangelischen Kirche (BEK) in der DDR, Gaebler,41 und der Sekretär des BEK in der DDR, OKR Ziegler,42 übten ihr Wahlrecht aus.
Wie in der Vergangenheit nicht an der Wahl teilgenommen haben die Bischöfe der katholischen Kirche.
Von kirchenleitenden Personen der Freikirchen und Religionsgemeinschaften beteiligten sich u. a. an der Wahl: Bischof Minor/Dresden,43 Evangelisch-methodistische Kirche, Präsident Sult44 und Generalsekretär Dammann45/beide Berlin, Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, Präsident Reiche/Berlin,46 Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten, Pfahlpräsident Apel/Karl-Marx-Stadt,47 Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen), Präsident Rotstein48/Karl-Marx-Stadt, Verband Jüdischer Gemeinden in der DDR, Dr. Kirchner/Berlin,49 Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Berlin.
In der Mehrzahl der am 7. Mai 1989 gehaltenen obligatorischen Sonntagsgottesdienste erfolgte keine Bezugnahme auf den Wahltag. In der Berliner Marienkirche setzte jedoch Bischof Forck vor etwa 200 Gottesdienstbesuchern in seiner politisch-negativ ausgerichteten Predigt direkte Bezugspunkte zu den Kommunalwahlen. In Unterstützung und Erläuterung des bekannten Beschlusses der 22. Landessynode der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens (31. März bis 4. April 1989 in Dresden), in welchem die alternative »Pflicht zur Kabinenbenutzung« oder ein »Wahlboykott« artikuliert ist,50 unterstrich Forck u. a. das Erfordernis, sich der »vom Staat bedingten Unmündigkeit« zu widersetzen und aktiv den »Wahrheitsgehalt« staatlicher Aussagen zu überprüfen. Nur so wären gesellschaftliche Veränderungen im Lande möglich.
Beispiele für eine deutlich geringer gewordene Wahlbeteiligung von Amtsträgern und weiteren hauptamtlich tätigen Mitarbeitern der Kirchen und Religionsgemeinschaften:
Dresden: Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens – 55,9 % (1986 – 74,8 %), Bistum Dresden-Meißen – 41,9 % (1986 – 65,1 %), Apostolische Administratur Görlitz – 12,5 % (1986 – 47,4 %).
Erfurt: Die Wahlbeteiligung von kirchlichen Amtsträgern beider Konfessionen sowie der hauptamtlichen Prediger von Religionsgemeinschaften lag ca. 10 % unter dem Durchschnitt der vergangenen Wahlen; bezogen auf die Stadt Erfurt – Wahlbeteiligung der katholischen Kirche – 10,5 % (1984 – 77,2 %; 1986 – 58,8 %); – Wahlbeteiligung der evangelischen Kirche 52,9 % (1984 – 66,6 %).
Potsdam: Die Wahlbeteiligung der Amtsträger der evangelischen Kirche betrug ca. 73 % und ist im Vergleich zu 1986 um 12 % rückläufig.
Cottbus: Während sich 1986 ca. 65 % der Amtsträger der evangelischen Kirche an der Wahl beteiligten, machten am 7. Mai 1989 nur 56,8 % von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Durch die leitende Schwester des Caritasheimes in Döbern, Kreis Forst, Schwester [Vorname], wurde der Wahlschein öffentlich zerrissen und in die Wahlurne geworfen.
Suhl: Der Anteil der Nichtwähler unter kirchlichen Amtsträgern beider Konfessionen beträgt 10,7 % (1986 – 3 %).
Schwerin: Unter Amtsträgern der katholischen Kirche befanden sich am 7. Mai 1989 – 91,7 % Nichtwähler (1984 – 70,3 %).
Halle: Die Wahlbeteiligung kirchlicher Amtsträger beider Konfessionen und von hauptamtlichen Mitarbeitern von Religionsgemeinschaften lag bei 67 % (1984 – 74,8 %, 1986 – 74,3 %).
Die Mitglieder der verbotenen Sekte »Zeugen Jehovas«51 beteiligten sich wie in der Vergangenheit nicht an der Wahl. Störungen gingen von ihnen nicht aus. Informationen aus dem Bezirk Schwerin zufolge nahmen Mitglieder der Sekte die Wahlbenachrichtigungskarten entgegen und prüften am Wahltag im Wahllokal, ob sie in den Wählerlisten geführt werden. Mit dem Hinweis auf ihr Glaubensbekenntnis gaben sie danach, ohne zu wählen, ihre Wahlbenachrichtigungskarten ab und verließen das Wahllokal.
Beachtenswert sind die festgestellten Gründe und Motive für die Nichtteilnahme an der Wahl (auch für Stimmenabgaben gegen den Wahlvorschlag der Nationalen Front) – von politischen Motiven bei feindlichen, oppositionellen Kräften, reaktionären kirchlichen Amtsträgern, Antragstellern auf ständige Ausreise und weiteren negativen Personen (darunter Asoziale und Vorbestrafte) abgesehen. Sie liegen im Wesentlichen in
- –
ungelösten zum Teil langjährigen Problemen auf den Gebieten Wohnungswirtschaft/Wohnungspolitik, insbesondere bezogen auf den mangelhaften Zustand von Altbausubstanz, Wohnungsinstandsetzung und Wohnungsvergabe, auf den Gebieten Straßen- und Wegebau, einschließlich der Außengestaltung von Neubaugebieten und deren zügigen Versorgung mit Dienstleistungseinrichtungen sowie damit im Zusammenhang stehenden nicht eingelösten Versprechen von Volksvertretern und verantwortlichen Funktionären staatlicher Organe,
- –
Unzufriedenheit über die unbefriedigte Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs und hochwertigen Konsumgütern, nicht zufrieden stellende Qualität von Dienstleistungen und Reparaturen, lange Wartezeiten bei Pkw-Bestellungen, schlechte Versorgung mit Kfz- und anderen Ersatzteilen sowie Baumaterialien, mangelnde Einkaufsmöglichkeiten und zu lange Wartezeiten im medizinischen Bereich, ungenügende Bereitstellung von Ferien- und Kinderferienplätzen sowie Pflegeheim-, Krippen- und Kindergartenplätzen bis hin zu Unzufriedenheit über zeitweise unbefriedigende Wasserversorgung, zum Teil bestehende Mängel bei der Abwasserversorgung, der Fäkalien- und Müllabfuhr,
- –
Verärgerung über längerfristig wirkende Umweltbelastungen (insbesondere in industriellen Ballungsgebieten),
- –
vermeintlicher Benachteiligung durch Staatsorgane bei der Bearbeitung von Eingaben bzw. Anträgen auf private Besuchsreisen in das nichtsozialistische Ausland,
- –
religiösen Gründen.
Territoriale Konzentrationen von Nichtwählern sind insbesondere Wohngebiete in der Hauptstadt der DDR sowie Groß-, Kreis- u. a. Städten der Bezirke mit einer hohen Altbausubstanz, (beispielsweise bezogen auf
Berlin – Stadtbezirk Pankow – Prenzlauer Promenade, Thule-, Flora-, Schonensche Straße, Konzentration von Haftentlassenen und zur Asozialität neigenden Personen; Stadtbezirk Mitte – 80 % der Nichtwähler sind in Altbaugebieten wohnhaft; Berlin-Oberschöneweide – westlicher Bereich der Edisonstraße, Konzentration von Antragstellern auf ständige Ausreise, kriminell gefährdeten Personen, Haftentlassenen; Stadtbezirk Lichtenberg – Türrschmidt-, Kastel- und Pfarrstraße;
Potsdam – Brandenburg, Potsdam-Babelsberg, Ludwigsfelde, Neustadt/D[osse];
Rostock – Rostock-Stadtmitte/Kröpeliner Tor – Vorstadt, Stralsund/Innenstadt, Gemeinde Kirchdorf/Krs. Grimmen, Gemeinde Rambin/Krs. Rügen;
Dresden – Dresden-Mitte und -Nord, Altbaugebiete in Löbau, Bautzen, Kamenz, Dippoldiswalde, Meißen, Pirna und Riesa;
Neubrandenburg – Altbaugebiete in den Städten Anklam, Demmin, Prenzlau, Strasburg, Templin und Lychen;
Frankfurt/O. – Altstadtgebiete von Eberswalde und Finow, in denen der Anteil der Nichtwähler 16,2 % bzw. 15,6 % beträgt).
Die Teilnahme ausländischer Bürger an den Wahlen war territorial sehr unterschiedlich. Den vorliegenden Informationen zufolge ist einzuschätzen, dass die Mehrzahl dieser Personen bezogen auf die gesamte Republik von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht hat, wobei jedoch Einzelhinweise aus bestimmten Bezirken beachtenswert sind. So ließen sich beispielsweise im Bezirk Karl-Marx-Stadt ca. 50 % der ausländischen Staatsbürger mit ständigem Wohnsitz in der DDR nicht in die Wählerlisten eintragen, wobei die sowjetischen Staatsbürger den Schwerpunkt bildeten. Von den 100 ausländischen Studenten an der Pädagogischen Hochschule Güstrow im Bezirk Schwerin beteiligten sich lediglich 14 an der Wahl.
Von den 1 035 wahlberechtigten ausländischen Bürgern an der Technischen Universität Dresden ließen sich 420 nicht in die Wählerlisten aufnehmen mit der Begründung, der Zeitraum des Aufenthaltes in der DDR zum Kennenlernen der Kandidaten sei zu kurz, der Zeitraum des weiteren Studienaufenthaltes in der DDR zu gering und ein Einfluss von Studenten auf kommunale Probleme nicht möglich.
Ausländische Studenten der Karl-Marx-Universität Leipzig brachten ihr Unverständnis darüber zum Ausdruck, dass man Kandidaten wählen solle, die man nicht kenne.
Beachtenswerte Vorkommnisse mit Ausländern im Zusammenhang mit den Wahlen gab es nicht.