»Grün-ökologisches Netzwerk Arche«
14. Februar 1989
Information Nr. 77/89 über das »Grün-ökologische Netzwerk Arche« in der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg
Im Ergebnis innerer Auseinandersetzungen von Führungskräften insbesondere des feindlich-negativen Personenzusammenschlusses »Umweltbibliothek« in der Hauptstadt der DDR,1 Berlin, bildete der wegen seiner politisch-negativen Aktivitäten hinlänglich bekannte, als Bauleiter im Rahmen der Rekonstruktion der Zionskirche in Berlin-Mitte durch die Kirche eingesetzte Karl-Heinz Jordan2 im Januar 1988 den sogenannten Ökologischen Umweltbund Arche.3 Dieser führt seit Mitte des Jahres 1988 die Bezeichnung »Grün-ökologisches Netzwerk Arche« in der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg und versucht, einen Führungsanspruch unter bisher existierenden Ökologiegruppen einzunehmen.
Erklärtes Ziel dieses, eine zentralistische Struktur ablehnenden Zusammenschlusses ist es, als Netzwerk zur Koordinierung der Aktivitäten von – ihrer Meinung nach – mit ungenügender Wirksamkeit agierenden Umweltgruppen im Umfeld der evangelischen Kirchen in der DDR beitragen zu wollen, so u. a. durch eine thematische und wissenschaftliche Unterstützung lokaler ökologischer Aktivitäten, die Förderung der spezifischen Bildungsarbeit auf diesem Gebiet sowie die Sammlung und Speicherung von Datenmaterialien ökologischen Inhalts und Charakters.4
»Arche« versteht sich als eine im Rahmen der Kirche und der Gesellschaft wirkende basisdemokratische Organisationsform, deren Arbeitsprinzipien nach den Grundsätzen von Öffentlichkeit und Durchschaubarkeit, Bereitschaft und Zusammenarbeit mit allen ökologisch Interessierten sowie Offenheit und Sachlichkeit der Publizität gestaltet werden sollten. Als inhaltliche Schwerpunkte des Tätigwerdens werden u. a. angegeben: »Luftreinhaltung, Waldsterben, Wasser/Grundwasser, Müllbeseitigung, Stadtbauökologie«.
Der Prozess der Bildung von »Arche« fand im engen Informationsaustausch mit gegnerischen Kräften u. a. in Westberlin, so dem bekannten Feind Jahn,5 statt. Über diese Kräfte erlangten westliche Medienvertreter kontinuierlich Informationen zum Vorgehen der Kräfte um »Arche«.
Bewusst und gezielt wurden und werden derartige Informationen überhöht, tendenziös bzw. verfälscht dargestellt und fortgesetzt dazu missbraucht, das Vorhandensein einer breiten kirchlichen Ökologiebewegung in der DDR zu suggerieren. Durch die im Juni 1988 erfolgte Übersiedlung des ehemaligen Führungsmitgliedes von »Arche«, Dr. med. Uli Neumann,6 nach Westberlin findet diese gegen die DDR gerichtete Kampagne weitere Fortsetzung, da sich Neumann als Stützpunkt von »Arche« in Westberlin ausgibt und in diesem Sinne aktiv ist. (Neumann soll nach streng intern vorliegenden Hinweisen finanzielle Mittel von »Arche« in Westberlin verwalten.)
Der Zusammenschluss »Arche« hat sich institutionalisiert in Räumen der Andreas-Markus-Kirchengemeinde in der Hauptstadt Berlin (gemäß einem Beschluss des Gemeindekirchenrates erfolgte die Kündigung per 30. April 1989; über eine neue Nutzungsmöglichkeit gibt es bisher noch keine konkreten Vorstellungen). Die Position der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg bzw. der Konferenz Evangelischer Kirchenleitungen (KKL) in der DDR zu »Arche« ist bisher nicht eindeutig festgelegt. Es kam lediglich zu informationellen Gesprächen mit Beteiligung von Konsistorialpräsident Stolpe,7 die der näheren Positionsbestimmung von »Arche« für die Kirche dienen sollten.
Die Aktivitäten von »Arche« werden durch einen sogenannten Koordinierungskreis geplant und vorbereitet, dem neben Jordan u. a. solche politisch negativen Kräfte angehören wie Matthias Voigt8 (Hausmeister der Zionskirchgemeinde) und Andreas Passarge9 (Diakon). Diese und weitere Führungskräfte leiten die innerhalb von »Arche« wirkenden Projektgruppen entsprechend der vorgenannten inhaltlichen Ausrichtung wie »Luftverschmutzung«, »Stadt-Bau-Ökologie« usw. Eine Redaktionsgruppe zeichnet verantwortlich für die Herausgabe der nicht-lizenzierten Schrift »Arche Nova« – bisher wurden zwei Ausgaben in einer Auflagenhöhe von jeweils ca. 1 000 Exemplaren und einem Umfang von ca. 50 bis 60 Seiten bekannt.10 Diese Schrift informiert über Aktivitäten von sogenannten Ökologiegruppen und über Umweltprobleme in der DDR und veröffentlicht Kontaktangaben wie Adressen, Projekte usw. Durch einzelne Projektgruppen werden darüber hinaus unregelmäßig sogenannte Arche-Info-Blätter hergestellt und verbreitet.
Wesentliche bekannt gewordene Aktivitäten, deren Ausgangspunkt »Arche« bildete bzw. an denen sich Kräfte von »Arche« führend beteiligten sind
- –
die Herstellung und Verbreitung des Videofilmes »Bitteres aus Bitterfeld« (gesendet am 27. September 1988 im BRD-Fernsehen),11
- –
die Durchführung des sogenannten 2. Luftseminares in Erfurt12 und des sogenannten Stadt-Bau-Ökologieseminars in Halle im September und Oktober 1988,13
- –
das Versenden sogenannter offener Briefe an den Umweltminister des Landes Hessen/BRD, Weimar,14 sowie an die Senatoren für Umweltfragen sowie für Verkehr und Betriebe im Senat von Westberlin im Zusammenhang mit der Sondermüllverbrennungsanlage Schöneiche, Bezirk Potsdam.15
Für den 18. Februar 1989 ist in der evangelischen St.-Georgen-Gemeinde in Halle die sogenannte 1. Vollversammlung von »Arche« geplant, während der sowohl inhaltliche als auch organisatorische Fragen bezogen auf die weitere Profilierung von »Arche« beraten werden sollen.16 (Nach dem MfS vorliegenden Erkenntnissen ist es den Kräften um »Arche« bisher nicht gelungen, ihre Ziele hinsichtlich der Wahrnehmung einer Führungsposition bei der Koordinierung und der inhaltlichen Profilierung von Ökologiegruppen im kirchlichen Bereich in der DDR zu erreichen. »Arche« wirkt wesentlich nur im Bereich der Hauptstadt Berlin – regelmäßige Veranstaltungen mit Teilnehmerstärken von 20 bis 80 Personen – bzw. mit einzelnen Ökologiegruppen und in diesem Sinne agierenden Kräften in der DDR zusammen.)
Seitens Führungskräften von »Arche« sind Bestrebungen erkennbar, ihre Aktivitäten grenzüberschreitend zu organisieren (ausgehend von der These, wonach Umweltprobleme grenzüberschreitenden Charakters sind). So bestehen vorliegenden Hinweisen zufolge stabile Kontakte zur Partei Die Grünen in der BRD und zur Alternativen Liste/Westberlin. Darüber hinaus zu einer Reihe von Umweltorganisationen wie »Energiepolitischer Ratschlag«17 Westberlin.
»Arche« intensivierte ferner Bestrebungen zur Herstellung und Festigung von Kontakten zu alternativen Umweltschutzorganisationen in den sozialistischen Bruderstaaten. So wurde die Mitgliedschaft in der »Dachorganisation« von Umweltschutzorganisationen sozialistischer Länder »Green-Way«18 propagiert. Kontakte bestehen darüber hinaus zum »Polnischen Ökologischen Klub Krakow«19 (PKE), zum Jugend-Ökologiezentrum Riga,20 UdSSR, sowie zu den Umweltschutzorganisationen ELTE in Budapest,21 Ungarische VR, und »Brontosaurus«, ČSSR.22 An Treffen und Zusammenkünften derartiger Organisationen in der ČSSR, in der UVR und der VR Polen nahmen Kräfte von »Arche« wiederholt teil.
Durch das MfS wurden insbesondere im Zusammenwirken mit dem Staatssekretariat für Kirchenfragen, dem Ministerium für Umweltschutz und Wasserwirtschaft, den zuständigen staatlichen Organen in den Bezirken und Kreisen der DDR sowie gesellschaftlichen Kräften fortlaufend differenzierte Maßnahmen realisiert, um feindlich-negative Aktivitäten des »Grün-ökologischen Netzwerkes Arche« zu unterbinden sowie Mitglieder und Sympathisanten dieser Gruppierung in entsprechende gesellschaftliche Aktivitäten im Rahmen des Umweltschutzes einzubeziehen. Diese Maßnahmen werden zielstrebig fortgesetzt.
Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.