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Herstellung nicht genehmigter Hetzschriften (Langfassung)

1. Juni 1989
Information Nr. 168a/89 über die Herstellung und Verbreitung nicht genehmigter Druck- und Vervielfältigungserzeugnisse antisozialistischen Inhalts und Charakters durch Personen, die personellen Zusammenschlüssen angehören [Langfassung]

Mit der Bildung und Profilierung sogenannter kirchlicher Basisgruppen1 und weiteren, vor allem im Bereich der evangelischen Kirchen in der DDR agierenden personellen Zusammenschlüssen (vgl. dazu die Information des MfS Nr. 150/89), waren und sind deren Inspiratoren, Organisatoren und Hintermänner bestrebt, unter bewusster Missachtung bestehender Rechtsvorschriften der DDR ohne Genehmigung Druck- und Vervielfältigungserzeugnisse politisch negativen bis antisozialistischen Inhalts und Charakters herzustellen und zu verbreiten.

Seit dem Jahre 1986 ist eine Forcierung dieser Aktivitäten feststellbar. Das betrifft vor allem die Herausgabe sogenannter Informationsblätter, für die Medien des westlichen Auslandes bereits den Begriff »Untergrundzeitungen der DDR« geprägt haben.

Die damit von feindlichen, oppositionellen Kräften verfolgte Zielstellung besteht nicht nur in der Gewährleistung der Kommunikation vorgenannter personeller Zusammenschlüsse untereinander und mit gleichgelagerten Gruppen. Vielmehr geht es diesen Kräften darum,

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    kontinuierlich weitere konzeptionelle Grundlagen für das Wirksamwerden feindlicher, oppositioneller und anderer negativer Kräfte in der DDR zu entwickeln, ihre politischen Auffassungen und Forderungen republikweit öffentlichkeitswirksam zu propagieren und zur Diskussion zu stellen – gewissermaßen eine breit gefächerte »publizistische Gegenöffentlichkeit« herzustellen – und auf dieser Basis Gleichgesinnte, Sympathisanten und weitere Personen für ihre feindlich-negativen Ziele zu gewinnen und bei diesen antisozialistische Bewusstseinsinhalte und Handlungsbereitschaften herauszubilden bzw. zu erzeugen,

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    den jeweiligen personellen Zusammenschluss und dessen politische Ziele öffentlich aufzuwerten (auch international) und den gegebenen Handlungsrahmen missbrauchend, gezielt auf eine Legalisierung hinzuwirken,

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    den Solidarisierungseffekt mit Gleichgesinnten im In- und Ausland auszuprägen sowie

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    »DDR-weite« Informationsbeziehungen für feindliche, oppositionelle Kräfte aufzubauen.

Ungeachtet einer Vielzahl durchgeführter differenzierter und zentral abgestimmter staatlicher und gesellschaftlicher, insbesondere auch rechtlicher Maßnahmen zur Verhinderung der Herstellung und Verbreitung solcher Druck- und Vervielfältigungserzeugnisse – darin eingeordnet die bekannten Maßnahmen gegen die antisozialistische Schrift »grenzfall«,2 die im Zeitraum 1986/87 eine Schlüsselrolle unter derartigen Pamphleten einnahm und feindlich-negativen Kräften als Nachahmungsbeispiel diente – und dabei erzielter Ergebnisse, konnte die Gesamtsituation auf diesem Gebiet nur unwesentlich positiv beeinflusst werden. Dazu trug auch die tolerierende und teilweise nachweislich unterstützende Haltung verantwortlicher Pfarrer von evangelischen Kirchengemeinden sowie kirchenleitender Personen und Gremien bei. Mit der bewussten Duldung des gezielten Missbrauchs des Vermerkes »Nur für den innerkirchlichen Dienstgebrauch bestimmt« auf solchen Druck- und Vervielfältigungserzeugnissen bringt die evangelische Kirche indirekt ein prinzipielles Einverständnis mit der Herstellung und Verbreitung derartiger Materialien zum Ausdruck.3

Insgesamt ist aktuell eine steigende Tendenz hinsichtlich der Profilierung existierender und der Herausgabe neuer sogenannter Informationsblätter zu beachten. Beispiel dafür ist u. a. der im Februar 1989 bekannt gewordene Versuch von Mitgliedern sogenannter Friedens- bzw. Umweltgruppen aus Zittau, für die »Region Lausitz im Grün-ökologischen Netzwerk Arche«4 das Informationsblatt »Lausitzbotin Podium für Umwelt-, Friedens- und Gerechtigkeitsfragen«5 herauszugeben, [die Herausgabe des sogenannten Informationsmaterials »Ostkreuz« durch Mitglieder der »Initiative Frieden und Menschenrechte« im März 1989 und das Wiedererscheinen des »grenzfalls« im I. Quartal 1989.]6

Nach dem MfS vorliegenden Hinweisen werden gegenwärtig ca. 25 solcher beachtenswerter sogenannter Informationsblätter hergestellt, davon über die Hälfte erst seit dem Jahre 1988. (Eine Auflistung dazu ist der Information als Anlage beigefügt.)

Territoriale Schwerpunkte bilden die Hauptstadt Berlin und der Bezirk Leipzig mit sechs bzw. fünf, der Bezirk Halle mit vier und die Bezirke Karl-Marx-Stadt und Dresden mit je zwei mehr oder weniger regelmäßig erscheinenden derartigen Schriften. Zu den Bekanntesten zählen Titel wie »Arche Nova«,7 »Aufrisse«,8 »Friedrichsfelder Feuermelder«,9 »Kontext«10 und »Umweltblätter«11 (alle Berlin). Die Auflagenhöhen liegen bis zu 2 000 Exemplaren (z. B. »Arche Nova«), der Umfang reicht von wenigen Blatt bis zu 100 Seiten (z. B. »Aufrisse«). In beiden Werten ist die Tendenz steigend. Zum Teil kommt es durch Nachauflagen zu einer wesentlichen, teilweise mehrfachen Erhöhung der Auflagen.

Als Herausgeber genannter Druck- und Vervielfältigungserzeugnisse zeichnen personelle Zusammenschlüsse, Einzelpersonen aus solchen Zusammenschlüssen bzw. kirchliche Einrichtungen/Organisationsformen verantwortlich.

Den überwiegend bestehenden Redaktionsgruppen (ca. 160 Personen) gehören in der Regel Führungskräfte solcher Zusammenschlüsse sowie kirchliche Mitarbeiter und Amtsträger mit ausgeprägten politisch-negativen oder verfestigten antisozialistischen Auffassungen an (ca. 40 %). Mitglieder solcher Redaktionsgruppen sind z. B. die wegen ihrer feindlich-negativen Aktivitäten hinlänglich bekannten Personen Rüddenklau,12 Schult,13 Jordan,14 Poppe,15 Weißhuhn,16 Grimm17 und Pfarrer Eppelmann18 (alle Berlin) sowie Heiko Lietz19 (Schwerin). Analog zu entsprechenden Feststellungen im Zusammenhang mit der Struktur personeller Zusammenschlüsse ist auch hier der Anteil von Personen ohne Arbeitsrechtsverhältnis beachtlich (ca. 10 %).

Alle sogenannten Informationsblätter werden fast ausschließlich mittels in kirchlichen Räumen installierter Druck- und Vervielfältigungstechnik hergestellt. Dabei kommen die unterschiedlichsten technischen Verfahren zur Anwendung wie Ormig-, Hektographie-, Xeroxverfahren und Computerdrucktechnik. Die Qualität dieser Erzeugnisse ist dabei nicht vergleichbar mit professionell hergestellten Druckerzeugnissen. Jedoch gibt es deutlich erkennbare Bestrebungen und erste Ergebnisse, durch Anwendung modernster Technik qualitativ und quantitativ einen höheren Wirkungsgrad zu erzielen. So wird z. B. seit Mitte des Jahres 1988 zur Herstellung der »Umweltblätter« Computerdrucktechnik genutzt.

Einige Zusammenschlüsse verfügen über Drucktechnik und -materialien (u. a. Matrizen), die ihnen von Vertretern politischer Parteien sowie weiteren feindlichen Personen des westlichen Auslandes zur Verfügung gestellt und die unter Missbrauch der vor allem Führungskräften solcher Parteien (u. a. Die Grünen und bevorrechteten Personen) gewährten großzügigen Erleichterungen bei der Einreise in die DDR (u. a. Zollbefreiung) durch diese eingeschleust wurden. (Nach streng internen Hinweisen planen gegnerische Kräfte zur Unterstützung feindlicher, oppositioneller Elemente in der DDR, eine in Einzelteile zerlegte Offsetdruckmaschine illegal in die DDR zu verbringen.)

Für die Verbreitung von Druck- und Vervielfältigungserzeugnissen genannter Art werden vielfältigste Formen der sogenannten Gruppenarbeit und legale Versandmöglichkeiten genutzt. Der Postversand erfolgt zum Teil über Kontaktadressen der einzelnen Zusammenschlüsse in den Territorien der DDR. Das Kirchliche Forschungsheim Wittenberg,20 Herausgeber u. a. des sogenannten Informationsblattes »Die Pusteblume«, vertreibt dieses Druckerzeugnis auf der Basis eines durchorganisierten Vertriebssystems nach einer Abonnentenkartei (1 200 Anschriften). Genutzt werden für die Verbreitung ferner regionale und überregionale Treffen von »kirchlichen Basisgruppen« und anderen personellen Zusammenschlüssen, spezifische Veranstaltungen solcher Zusammenschlüsse mit Öffentlichkeitscharakter wie »Friedenswerkstätten«, Diskussions- und Leseveranstaltungen sowie kirchliche Veranstaltungen unterschiedlichster Art.

Bedeutsam sind ferner das Auslegen einer Vielzahl solcher Erzeugnisse in sogenannten Öko- oder Umweltbibliotheken und die Praktizierung des Prinzips der gesteuerten individuellen Weitergabe.

Durch dieses Vorgehen potenziert sich die Leserschaft gemessen am Umfang der tatsächlichen Auflagenhöhe. Das finanzielle Entgelt für sogenannte Informationsblätter ist unterschiedlich; so werden z. B. je Exemplar verlangt für »Arche« – 5,00 Mark, »Aufrisse« – 10,00 Mark und »Friedrichsfelder Feuermelder« – 1,50 Mark, während für »Friedensnetz«21 eine »Jahresspende« von 10,00 Mark vorgegeben ist.

Nach vorliegenden Hinweisen wird eine Reihe sogenannter Informationsblätter regelmäßig über bestehende Verbindungskanäle Personen in der BRD und Westberlin zugespielt. Zu diesen ständigen Empfängern zählen die bekannten Feinde Jahn22 und Hirsch23 sowie der seit geraumer Zeit in Westberlin wohnhafte Dr. Ulrich Neumann,24 vormals Mitglied des »Grün-ökologischen Netzwerkes Arche«. Diese Personen sorgen für eine entsprechende Auswertung der in den »Informationsblättern« enthaltenen Informationen in der Presse und den elektronischen Medien (u. a. Sendereihen »Kontraste« und »Kennzeichen D« des BRD-Fernsehens sowie »Glasnost« des Westberliner Privatsenders »Radio 100«25 und Tageszeitung »taz«/Westberlin), wodurch, in Abhängigkeit von den Empfangsmöglichkeiten der elektronischen Medien, der Rezipientenkreis solcher Druckerzeugnisse/Informationen bezogen auf die DDR weiter vergrößert wird.

Neben der Wiedergabe und Auswertung von Informationen aus solchen Druckerzeugnissen personeller Zusammenschlüsse in der DDR befassen sich Einrichtungen und Medien des westlichen Auslandes zunehmend mit den sogenannten Untergrundzeitungen in der DDR. So publizierten u. a. das »Deutschland Archiv – Zeitschrift für Fragen der DDR-und der Deutschlandpolitik« Nr. 11/88 die Analyse »Unbotmäßiges von – grenzfall – bis – Wendezeit –«,26 die Tageszeitung »Die Welt« vom 17. September 1988 den Artikel »Bückware des Geistes aus dunklen Hinterzimmern – Politik und Hoffnung: Die Untergrund-Zeitungen in der DDR«,27 die »Neue Zürcher Zeitung« vom 27. April 1988 den Beitrag »Die inoffizielle Presse in der DDR«28 sowie der RIAS am 9. April 1989 einen umfangreichen Beitrag des ehemaligen DDR-Bürgers Rüdiger Rosenthal29 unter Einbeziehung von Hirsch über »Unabhängige Publikationen bzw. Samisdat-Literatur« in der DDR.

Diese Veröffentlichungen beweisen das anhaltende Interesse des Gegners an feindlichen, oppositionellen Kräften in der DDR. Sie dienen der Nachweisführung der angeblichen Existenz einer oppositionellen Bewegung in der DDR und der internationalen politischen Aufwertung derselben. Gezielt wird mit der Argumentation vom Vorhandensein einer »breitgefächerten publizistischen Gegenöffentlichkeit« der »staatlich unabhängigen Friedens-, Ökologie- und Menschenrechtsbewegung in der DDR« gleichzeitig der Angriff geführt auf die Informationspolitik der SED.

Zur Analyse der Inhalte sogenannter Informationsblätter: Die in solchen Publikationen enthaltenen Beiträge lassen keinen Bezug zu einem religiösen Bekenntnis sowie damit im Zusammenhang stehender Tätigkeit erkennen, sondern sind eindeutig politisch ausgerichtet. Kennzeichnend ist die hohe Anlassbezogenheit, eine schnelle Reflexion auf solche aktuellen innen- und außenpolitischen Probleme, die im Blickfeld feindlicher, oppositioneller Kräfte stehen, sowie auf staatliche und gesellschaftliche Maßnahmen gegen personelle Zusammenschlüsse und einzelne Mitglieder derselben, aber auch auf andere staatliche Maßnahmen/Entscheidungen zu Personen und Sachverhalten.

Wie die bekannten Vorkommnisse an der EOS »Carl von Ossietzky« in Berlin-Pankow,30 die sogenannte Rumänienproblematik31 und aktuelle Reaktionen auf Ereignisse in der ČSSR32 beweisen, werden alle der politischen Zielstellung solcher personellen Zusammenschlüsse dienenden und für das »Image« solcher Schriften geeignet erscheinenden Informationen entsprechend bearbeitet und publiziert. In ihnen widerspiegelt sich graduiert und entsprechend der politischen Ausrichtung der Herausgeber und dahinterstehender Kräfte die ganze Vielfalt der politischen Stoßrichtungen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in der DDR (vgl. auch dazu die Information des MfS Nr. 150/89).

Beachtenswert bei der Bewertung derartiger Publikationen ist, dass darin enthaltene Einzelbeiträge für sich genommen nicht immer feindlich-negative Aussagen beinhalten.

Durch die bewusst praktizierte Methode, bestimmte Informationen in tendenziöser Form zu verarbeiten, aber auch offen feindliche Beiträge aufzunehmen und alle derartigen Artikel in einer bestimmten Art und Weise zusammenzustellen, wird der von den Herausgebern angestrebte antisozialistische Charakter solcher Publikationen erreicht.

Immer wiederkehrend werden in den sogenannten Informationsblättern Versuche unternommen, angebliche Verletzungen der Menschenrechte in der DDR und eine unzureichende Wahrnehmung der Verantwortung von Partei, Staat und deren Einrichtungen gegenüber der Gesellschaft und dem Einzelnen nachzuweisen und davon ableitend Forderungen nach politischen Veränderungen und nach einer »Demokratisierung der Gesellschaft« zu erheben. Erkennbar sind dabei Bestrebungen, den Publikationen insgesamt bzw. einzelnen Beiträgen einen theoretisch fundierten, wissenschaftlichen Gehalt zu geben und mittels »authentischer Berichte und Informationen« eine hohe Glaubwürdigkeit vorzutäuschen.

Die genannten »Informationsblätter« publizieren vor allem:

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    »Positionspapiere« bezogen auf das Wirken »kirchlicher Basisgruppen« und Selbstdarstellungen von personellen Zusammenschlüssen hinsichtlich ihrer politisch-ideologischen Orientierung und ihrer realisierten bzw. geplanten Aktivitäten in Durchsetzung derselben. (Dazu gehören u. a. sogenannte Positionspapiere im Sinne von Grundsatzdarstellungen wie die auf die Pfarrer Tschiche33 und Schorlemmer34 zurückzuführenden Papiere »Teilhabe statt Ausgrenzung – Wege zu einer solidarischen Lebens- und Weltgestaltung«35 bzw. »20 Thesen zur Erneuerung und Umgestaltung – Wider eine Gesellschaft der Gleichgültigen und Verantwortungslosen«.36 Ferner sogenannte Aufrufe, offene Briefe und dergleichen, zum Teil verbunden mit Unterschriftensammlungen wie die sogenannte Willenserklärung zum Umgang mit der Kernenergie37 oder die »Aktion: Eine Mark für Espenhain«.38 Derartige Pamphlete werden auch als Einzelpapiere analog der Darstellung zu den sogenannten Informationsblättern in kaum nachprüfbarem Umfang ebenfalls ohne Genehmigung hergestellt, vervielfältigt und verbreitet.)

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    Nachdrucke von Pamphleten antisozialistischer Kräfte aus anderen sozialistischen Staaten wie der »CHARTA 77«,39 von »Solidarność«40 und analogen Gruppen aus der Ungarischen VR sowie »blockübergreifend« wirkenden sozialismusfeindlichen Kräften aus dem westlichen Ausland. Veröffentlicht werden ferner Informationen über das Zusammenwirken äußerer und innerer Feinde. (U. a. Hinweise auf durchgeführte Treffen, deren Beratungsgegenstände, Ergebnisse usw.).

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    Beiträge zur gesellschaftspolitischen Entwicklung/Situation in der DDR, bezogen auch auf bestimmte gesellschaftliche Bereiche, Territorien und Themenstellungen. (Gegenwärtig dominiert die Behandlung von Ökologie- und Umweltschutzfragen in Verbindung mit territorialen und kommunalen Problemen. Dabei wird überwiegend eine destruktive Auflistung angeblicher Verstöße und Versäumnisse des Staates und weiterer »Verantwortlicher« vorgenommen, ohne dass eine prinzipielle Bereitschaft angezeigt wird, an der Lösung solcher Probleme konstruktiv mitzuwirken.)

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    Abdrucke von Beiträgen aus Presseerzeugnissen insbesondere der UdSSR, vor allem zu Problemen der Umgestaltung der Gesellschaft. (So enthielt bereits die erste Ausgabe des genannten Informationsblattes »Lausitzbotin« zwei solcher Beiträge zu Problemen des sozialistischen Pluralismus – Zeitschrift »Kultur und Leben« und zur Problematik der Gestaltung des Geschichtsunterrichtes in der UdSSR – »Sputnik« Nr. 10/88.)41

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    Korrespondierend mit den sogenannten Informationsblättern werden von feindlichen, oppositionellen Kräften in gleicher Art und Weise weitere Druckerzeugnisse ohne Genehmigung hergestellt, die unter der Bezeichnung »Dokumentation« bekannt wurden. Beispiele dafür sind die »Dokumenta Zion« zu den Ereignissen um die Zionskirche 1987/8842 und »Pechblende«43 zu Problemen des Uranbergbaues in der DDR. (In analoger Form wurde von dem bekannten Hirsch Anfang 1989 in Westberlin ein vollständiger Nachdruck aller im Zeitraum 1986/87 in der DDR erschienenen Ausgaben der antisozialistischen Schrift »grenzfall« des personellen Zusammenschlusses »Initiative Frieden und Menschenrechte«44/Berlin herausgebracht.)45 Diese Publikationen stellen eine systematische Zusammenstellung von Ablaufschilderungen, Stellungnahmen und Kommentaren zu Ereignissen bzw. von thematischen Aussagen dar und sind durch die einseitige und tendenziöse inhaltliche Gestaltung geeignet, die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung verächtlich zu machen und oppositionelle Kräfte für weitergehende Aktivitäten zu motivieren und zu mobilisieren.

Mit dem Ziel, die Herstellung und Verbreitung in der Information genannter nicht genehmigter Druck- und Vervielfältigungserzeugnisse zu verhindern bzw. einzuschränken, wird vorgeschlagen:

1. Auf kirchenleitende Personen und Gremien sowie verantwortliche Pfarrer von Kirchengemeinden im Bereich der evangelischen Kirchen in der DDR sollte auf zentraler Ebene durch das Staatssekretariat für Kirchenfragen der DDR und in den Territorien durch die dafür zuständigen Organe weiterhin systematisch und konsequent mit dem Ziel eingewirkt werden, dass sie ihrer Verantwortung hinsichtlich der Verhinderung der missbräuchlichen Nutzung im kirchlichen Besitz befindlicher Druck- und Vervielfältigungstechnik bzw. kirchlicher Räume für die Herstellung und Verbreitung nicht genehmigter Druckmaterialien ohne religiösen Bezug künftig voll gerecht werden. Mit Nachdruck ist von kirchenleitenden Personen und Gremien zu fordern, die missbräuchliche Nutzung des Vermerks »Nur für den innerkirchlichen Dienstgebrauch bestimmt« für derartige, keinen Bezug zu einem religiösen Bekenntnis sowie damit im Zusammenhang stehender Tätigkeit erkennen lassenden Materialien zu unterbinden.

In diesem Sinne sollten durch den Staatssekretär für Kirchenfragen mit allen Bischöfen der evangelischen Landeskirchen Grundsatzgespräche geführt werden, in denen ihnen, gestützt auf vorliegende Erkenntnisse und entsprechende Gutachten zu derartigen nicht genehmigten Druck- und Vervielfältigungserzeugnissen, die staatliche Erwartungshaltung unterbreitet wird. Insbesondere sollte ihnen mitgeteilt werden, dass die bisherige großzügige staatliche Handhabung des Genehmigungsverfahrens für die Herstellung kirchlicher Druck- und Vervielfältigungserzeugnisse nur aufrechterhalten werden kann, wenn dieser staatlichen Erwartungshaltung durch die Kirchenleitungen aller Ebenen entsprochen wird.

Nach Realisierung dieser Grundsatzgespräche und unter Berücksichtigung dabei gewonnener Erkenntnisse sollten Folgegespräche durch die Stellvertreter der Vorsitzenden der Räte der Bezirke und Kreise für Inneres mit den kirchlichen Partnern ihrer Ebene geführt werden.

2. Das für die Durchsetzung der »Anordnung über das Genehmigungsverfahren für die Herstellung von Druck- und Vervielfältigungserzeugnissen« vom 20. Juli 1959 in der Fassung der Anordnung Nr. 2 vom 25. März 197546 verantwortliche Ministerium für Kultur und die nachgeordneten Organe auf Bezirks- und Kreisebene sollten im engen Zusammenwirken mit den Sicherheits- und Rechtspflegeorganen differenziert eine noch einheitlichere Anwendung und konsequentere Durchsetzung ordnungsrechtlicher Bestimmungen, bezogen auf genannte nicht genehmigte Druck- und Vervielfältigungserzeugnisse, gewährleisten.

Das schließt auch ein, ordnungsrechtliche Maßnahmen, einschließlich Ordnungsstrafverfahren, gegen kirchliche Amtsträger und Mitarbeiter einzuleiten und durchzusetzen, wenn sie der Aufforderung zur Unterbindung der Herstellung und Verbreitung nicht genehmigter Druck- und Vervielfältigungserzeugnisse nicht nachkommen.

Werden gegenüber kirchlichen Amtsträgern und Mitarbeitern sowie Herstellern/Verbreitern nicht genehmigter Druck- und Vervielfältigungserzeugnisse ausgesprochene Ordnungsstrafen von diesen nicht anerkannt, sollte mit aller Konsequenz die »Verordnung über die Vollstreckung wegen Geldforderungen der Staatsorgane und staatlichen Einrichtungen« vom 6. Dezember 196847zur Anwendung gelangen.

3. Erkenntnisse aus der vorliegenden Information und daraus resultierende Erfordernisse sollten bei der Überarbeitung der vorgenannten Anordnungen über die Herstellung von Druck- und Vervielfältigungserzeugnissen und entsprechender zollrechtlicher Bestimmungen über die Einfuhr von Druckerzeugnissen, Vervielfältigungsapparaten, Fernseh- und Videotechnik sowie die Ausfuhr von Schriften, Manuskripten, Bild- und Tonträgern durch die zuständigen zentralen Organe mit zugrunde gelegt werden.

Die Information ist nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.

Anlage zur Information Nr. 168a/89

Übersicht über beachtenswerte nicht genehmigte Druck- und Vervielfältigungserzeugnisse antisozialistischen Inhalts und Charakters, sogenannte Informationsblätter

Hauptstadt der DDR, Berlin

1. »Arche Nova – Forum für ökologische Gestaltung in Umwelt und Gesellschaft«, Herausgeber: »Grün-ökologisches Netzwerk Arche«, (Karl-Heinz Jordan, Dr. Edgar Wallisch48)

2. »Aufrisse«, Herausgeber: »Initiativgruppe Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung«,49 (Stephan Bickhardt,50 Reinhard Lampe,51 Ludwig Mehlhorn52)

3. »Friedrichsfelder Feuermelder«, Herausgeber: »Friedenskreis Friedrichsfelde«,53 (Reinhard Schult)

4. »Kontext – Beiträge aus Politik – Gesellschaft – Kultur«, Herausgeber: Evangelische Bekenntnisgemeinde Berlin-Treptow (Pfarrer Hilse,54 Torsten Metelka,55 Benn Roolf56)

5. »Ostkreuz«,57 Herausgeber: Redaktionsbeirat mit Gerd Poppe, Weißhuhn u. a.

6. »Umweltblätter«, Herausgeber: »Friedens- und Umweltkreis der evangelischen Zionskirchengemeinde Berlin-Mitte«,58 (Wolfgang Rüddenklau)

7. »Wendezeit«, Herausgeber: »Friedenskreis der evangelischen Samariter-Gemeinde Berlin-Friedrichshain«,59 (Pfarrer Eppelmann, Thomas Welz60)

Bezirk Cottbus

1. »Aufbruch«, Herausgeber: »Ökumenischer Friedenskreis der Region Forst«61

Bezirk Dresden

1. »Lila Band«, Herausgeber: Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens, Landesstelle der »Jungen Gemeinde« Dresden62

2. »Lausitzbotin«, Herausgeber: »Grün-ökologisches Netzwerk Arche« – Region Lausitz/Zittau

3. »Wir Ahnungslosen«, Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft »Frieden« der Dresdener Kirchenbezirke und Evangelisch-Lutherisches Jugendpfarramt Dresden63

Bezirk Halle

1. »Blattwerk«, Herausgeber: »Ökologische Arbeitsgruppe des Kirchenkreises Halle«64

2. »Informationsblatt Nachtgebete«, Herausgeber: »Vorbereitungskreis Nachtgebete Halle«,65 (Dr. Frank Eigenfeld66)

3. »Die Pusteblume«, Herausgeber: Kirchliches Forschungsheim Wittenberg, (Dr. Gensichen67)

4. »Brief aus der Haltestelle« (vormals »Der Straßenfeger«, Herausgeber: »Friedens- und Umweltkreis Quedlinburg«68

Bezirk Karl-Marx-Stadt

2. »Grün-Kreuz-Blätter«, Herausgeber: »Ökumenischer Arbeitskreis Naturschutz der St.-Pauli-Kreuz-Gemeinde Karl-Marx-Stadt«69

2. »Informationsheft« bzw. »Journal«, Herausgeber: »Arbeitsgemeinschaft Offene Kirche«70 (AGOK) in der Ephorie I Karl-Marx-Stadt, (Studentenpfarrer Hans-Jochen Vogel71)

Bezirk Leipzig

1. »Anschlag«, Herausgeber: Personengruppe um Karim Saab72 (Initiator der sogenannten Initiative Hoffnung Nicaragua73) Leipzig

2. »glasnot«74, Herausgeber: Torsten Drogi75/Leipzig, Christoph Radtke76/Naumburg

3. »Kontakte – Umwelt – Frieden – 3. Welt«,77 Herausgeber: Jugendpfarramt Leipzig, (Brigitte Moritz78)

4. »Solidarische Kirche«, Herausgeber: »Arbeitskreis Solidarische Kirche«79 – Projektgruppe »Informationsblatt«, (Nikolaus Voss)

5. »Streiflichter«, Herausgeber: »Arbeitsgruppe Umweltschutz«80 beim Jugendpfarramt Leipzig

Bezirk Magdeburg

1. »Rundbrief«, Herausgeber: »Friedensarbeitskreis der evangelischen Martinskirchengemeinde«81 Magdeburg, (Jochen Brothuhn82)

Bezirk Rostock

1. »Turmblatt«,83 Herausgeber: »Junge Gemeinde« Stralsund

Bezirk Schwerin

1. »Friedensnetz«, Herausgeber: »Arbeitsgruppe Frieden«84 der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs, (Heiko Lietz, Karin Ritter)

2. »Unterwegs«,85 Herausgeber: Büro der evangelischen Stadtjugendarbeit Schwerin

Bezirk Suhl

1. »Zwischenruf«, Herausgeber: »Ökologischer Arbeitskreis Ilmenau«86

  1. Zum nächsten Dokument Seminar zu Volkbildungsfragen

    [ohne Datum]
    Information Nr. 269/89 über die Durchführung eines von feindlichen, oppositionellen Kräften organisierten sogenannten Seminars zu Volksbildungsfragen in der Hauptstadt der DDR, Berlin
  2. Zum vorherigen Dokument Innere feindliche, oppositionelle und andere negative Kräfte

    1. Juni 1989
    Information Nr. 150/89 über beachtenswerte Aspekte des aktuellen Wirksamwerdens innerer feindlicher, oppositioneller und anderer negativer Kräfte in personellen Zusammenschlüssen

  1. Seit Anfang der 1980er Jahre fanden sich unter dem Dach der evangelischen Kirche zahlreiche Bürger in Friedens-, Eine-Welt- und Umweltgruppen zusammen, um neue Themen zu setzen und alternative Aktionsformen auszuprobieren. Sie gründeten Netzwerke wie den »Arbeitskreis Solidarische Kirche«, das »Grün-ökologische Netzwerk Arche« oder das jährliche Arbeitstreffen »Frieden konkret« und suchten für ihre Anliegen mit Friedensandachten, Umweltgottesdiensten, Mahnwachen, offenen Briefen oder Beiträgen in Samisdat-Zeitschriften konsequent die Öffentlichkeit. Über Landes- und Bundessynoden, Kirchentage und den »Konziliaren Prozess« gewannen sie zunehmend Einfluss auf kirchliche Entscheidungsprozesse. Im Laufe der 1980er Jahre traten die Basisgruppen zudem deutlich politischer auf und forderten von den Kirchenleitungen mehr Konfliktbereitschaft und ein klares Eintreten für gesellschaftliche Reformen, etwa bei der Frage der Menschenrechte und des Wahlrechts. Zahlreiche Gruppen, wie der »Friedenskreis Weißensee« oder die Leipziger »Initiativgruppe Leben«, entwickelten sich zu wichtigen Impulsgebern der Friedlichen Revolution. Vgl. Neubert, Ehrhart: Geschichte der Opposition in der DDR 1949–1989. Bonn 1997, S. 289–324 u. 463–477.

  2. Der »grenzfall« war ein von der »Initiative Frieden und Menschenrechte« im Selbstverlag herausgegebenes Informationsheft, das zwischen 1986 und 1989 in 17 Ausgaben erschien. Ein Großteil der verbotenen Samisdat-Zeitschrift wurde in der Ostberliner Umweltbibliothek (UB) produziert. Im November 1987 führten Mitarbeiter der Generalstaatsanwaltschaft sowie der Staatssicherheit eine Razzia in der UB durch, um die Mitglieder beim Druck des »grenzfalls« zu überführen. Obwohl während der Durchsuchung nur die halblegalen »Umweltblätter« hergestellt wurden, verhafteten die Sicherheitskräfte sieben anwesende Personen und beschlagnahmten die Drucktechnik der Bibliothek. Der Vorfall führte im In- und Ausland zu Solidaritätsbekundungen und Protesten und machte die UB weit über die DDR hinaus bekannt. Vgl. Kowalczuk, Ilko-Sascha: Endspiel. Die Revolution von 1989 in der DDR. Bonn 2009, S. 254; Hirsch, Ralf; Kopelew, Lew (Hg.): grenzfall. Vollständiger Nachdruck aller in der DDR erschienenen Ausgaben (1986/87). Erstes unabhängiges Periodikum. Berlin 1989.

  3. Der ursprüngliche Satzteil »und versucht damit die staatlichen Organe der DDR zu täuschen« wurde handschriftlich gestrichen und findet sich auch im 13. Exemplar der Information (Neiber) nicht.

  4. Das »Grün-ökologische Netzwerk Arche in der Evangelischen Kirche« (Arche) wurde Anfang 1988 als Koordinierungsorgan für die zahlreichen Umweltgruppen und Umweltbibliotheken ins Leben gerufen, die bislang unabgestimmt unter dem Dach der evangelischen Kirchen agierten. Vgl. Jordan, Carlo; Kloth, Hans Michael (Hg.): Arche Nova. Opposition in der DDR. Das »Grün-ökologische Netzwerk Arche« 1988–90. Berlin 1995.

  5. Die »Lausitzbotin« mit dem Untertitel »Podium für Umwelt-, Friedens- und Gerechtigkeitsfragen« war ein von der Zittauer Regionalgruppe des »Grün-ökologischen Netzwerks Arche« im Selbstverlag herausgegebenes Informationsblatt, das bereits nach der ersten Ausgabe im Januar 1989 verboten wurde. Die Kirchenleitung beanstandete, dass sie von den Herausgebern nicht um ihre Zustimmung gebeten wurde. Als die Zeitung dennoch verteilt wurde, reagierte die Staatssicherheit mit Vernehmungen und Ordnungsstrafen. Der Zittauer Superintendent ordnete eine Umbenennung des Blattes an. Im Juli 1989 erschien das nächste Heft mit dem Titel »IP. Das Informationspapier der Friedens- und Umweltgruppe Zittau zu den Themen Umwelt/Frieden/Gerechtigkeit«. Darin war auch eine ausführliche Darstellung der Unstimmigkeiten bei den Kommunalwahlen enthalten, was erneut zu einer Intervention der Staatssicherheit führte. Vgl. Brauckmann, Roland: Der Zittauer Aufstand gegen staatliche Verlogenheit. Die unabhängige Zeitschrift »Lausitzbotin« als Katalysator der Wende. In: Timmermann, Heiner (Hg.): DDR – Erinnerung an einen untergegangenen Staat. Berlin 1999, S. 265–275. Die erste und einzige Ausgabe der »Lausitzbotin« ist abgedruckt in: Sächsischer Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen (Hg.): Lausitzbotin. Das Jahr 1989 in der sächsischen Provinz im Spiegel einer Zittauer Oppositionszeitschrift. Bautzen 1999, S. 49–78.

  6. Der in eckige Klammern gesetzte Text fehlt an dieser Stelle in der Vorlage. Jedoch findet er sich im 13. Exemplar der Information (Neiber) und wurde der vorliegenden Information an anderer Stelle beigeheftet (Bl. 56a).

  7. Zwischen 1988 und 1990 erschienen fünf Ausgaben der »Arche Nova« im Selbstverlag des Arche-Netzwerkes. Sie sind zu großen Teilen ediert in: Jordan, Carlo; Kloth, Hans Michael (Hg.): Arche Nova. Opposition in der DDR. Das »Grün-ökologische Netzwerk Arche« 1988–90. Berlin 1995.

  8. Bei den »Aufrissen« handelte es sich um Broschüren mit Texten verschiedener Autoren, die von Reinhard Lampe, Stephan Bickhardt und Ludwig Mehlhorn zusammengestellt und auf der Bundessynode im September 1987 in Görlitz verkauft wurden. Sie erläuterten den Synodenantrag »Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung«, aus dem in der Folgezeit eine gleichnamige innerkirchliche Initiativgruppe hervorging. Ihr Ziel war es, die weitgehende Isolation der DDR-Gesellschaft von internationalen und interkulturellen Kontakten zu analysieren und zu kritisieren. Da für die Lektüre der Hefte ein Umschlag aufgerissen werden musste, erhielten die Publikationen den Namen »Aufrisse«. 1988 folgte die Broschüre »Aufrisse II« mit dem Titel »Über das Nein hinaus«. Beide Textsammlungen zählten mit über 3 000 Exemplaren zu den erfolgreichsten Veröffentlichungen der sogenannten radix-Blätter, die im Selbstverlag von der Initiativgruppe »Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung« herausgegeben wurden. Vgl. Mehlhorn, Ludwig; Bickhardt, Stephan; Lampe, Reinhard (Hg.): Aufrisse. Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung. Berlin 1987; Dies. (Hg.): Über das Nein hinaus. Aufrisse II. Berlin 1988.

  9. Der »Friedrichsfelder Feuermelder« war ein vom Ostberliner Friedenskreis Friedrichsfelde im Selbstverlag herausgegebenes Informationsblatt, das seit 1987 mit 19 Ausgaben in wechselnder Auflagenstärke erschien. Die Herausgabe übernahmen Tina Krone und Reinhard Schult. Das MfS brachte noch vor Veröffentlichung der ersten Nummer eine gefälschte Ausgabe als 1/87 heraus, in der andere Oppositionsgruppen diffamiert wurden. Die Mitglieder des Friedenskreises konnten die Stasi als Verursacher schnell identifizieren.

  10. Das Informationsheft »Kontext – Beiträge aus Politik-Gesellschaft-Kultur« (ab Ausgabe 4 »Beiträge aus Kirche-Gesellschaft-Kultur«) wurde von Benn Roolf und Torsten Metelka von der Bekenntnisgemeinde Berlin im Selbstverlag herausgegeben. Mit Unterstützung u. a. von Martin Böttger, Peter Pickhard und Ulrike Poppe entstanden zwischen 1988 und 1990 sieben Ausgaben der Samisdat-Zeitung mit einer Auflage von bis zu 1 000 Stück. Sie sind teilweise dokumentiert in: Metelka, Torsten (Hg.): Alles ist im Untergrund obenauf; einmannfrei…: ausgewählte Beiträge aus der Zeitschrift KONTEXT 1–7. Berlin 1990.

  11. Die »Umweltblätter« wurden seit 1986 von der »Umweltbibliothek« in der Ostberliner Zionsgemeinde unter maßgeblicher Mitwirkung von Wolfgang Rüddenklau herausgegeben. Die halblegale Zeitschrift mit insgesamt 32 Ausgaben entwickelte sich zum bedeutendsten Informationsblatt der DDR-Opposition, ihre Auflage steigerte sich von anfänglich 200 auf über 4 000 Exemplare im September 1989. Seit November 1989 hieß die Zeitschrift »telegraph«. Die Umweltblätter sind auszugsweise dokumentiert in: Rüddenklau, Wolfgang: Störenfried. DDR-Opposition 1986–1989. Berlin 1992.

  12. Wolfgang Rüddenklau, Jg. 1953, Umweltaktivist und Journalist, 1983 Mitbegründer des Friedens- und Umweltkreises der Pfarrkirche in Berlin-Lichtenberg, 1986 Mitbegründer der »Umweltbibliothek«, organisierte den DDR-weiten Austausch oppositioneller Gruppen und war Autor der Samisdat-Zeitung »Umweltblätter«, im Jahr 1989 Mitorganisator verschiedener Mahnwachen und Proteste, u. a. gegen die Fälschung der Wahlergebnisse bei den DDR-Kommunalwahlen im Mai 1989.

  13. Reinhard Schult, Jg. 1951, Maurer, ab 1978 Mitarbeit in verschiedenen oppositionellen Gruppen, u. a. im »Friedenskreis der ESG Berlin«, in der »Gruppe Gegenstimmen« und in »Kirche von Unten«, 1979/80 Inhaftierung wegen Verbreitung illegaler Literatur, im September 1989 Mitbegründer des »Neuen Forums« (NF), Berliner Sprecher und Vertreter des NF am Zentralen Runden Tisch, März bis Oktober 1990 Abteilungsleiter im »Staatlichen Komitee zur Auflösung des MfS«.

  14. Karl-Heinz (Carlo) Jordan, Jg. 1951, Umweltaktivist und Grünen-Politiker, 1976 Protest gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns und Eingabe zur Selbstverbrennung des Pfarrers Oskar Brüsewitz, daraufhin vorübergehende Inhaftierung, seit 1982 in verschiedenen Umweltgruppen aktiv, 1986 Mitbegründer der Berliner Umwelt-Bibliothek, Autor der Samisdat-Zeitschrift »Umweltblätter«, 1988 Initiator des »Grün-ökologischen Netzwerks Arche«, 1989 Mitbegründer und Sprecher der Grünen Partei in der DDR, in dieser Funktion Mitglied des Runden Tisches.

  15. Gerd Poppe, Jg. 1941, Ingenieur, 1985/86 Mitbegründer der »Initiative Frieden und Menschenrechte« (IFM), Mitherausgeber der Samisdat-Publikationen »grenzfall«, »Spuren« und »Ostkreuz«, 1989–90 Sprecher der IFM am Zentralen Runden Tisch, Februar bis April 1990 Minister ohne Geschäftsbereich in der DDR, März bis Oktober 1990 stellvertretender parlamentarischer Fraktionsführer der Volkskammerfraktion Bündnis 90/Grüne, 1990–98 Mitglied des Deutschen Bundestages (Bündnis 90/Die Grünen), 1998–2003 Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe.

  16. Reinhard Weißhuhn, Jg. 1951, Architekt, seit 1975 in oppositionellen Kreisen engagiert, ab 1983 Übersetzung oppositioneller ungarischer Literatur für westdeutsche Verlage, 1985–89 Architekt beim Diakonischen Werk, 1985/86 Mitbegründer der »Initiative Frieden und Menschenrechte« (IFM), seit 1987 Autor und Mitherausgeber verschiedener Samisdat-Schriften wie »grenzfall«, »Fußnote 3« oder »Ostkreuz«, ab Januar 1990 Vertreter der IFM am Zentralen Runden Tisch.

  17. Peter Grimm, Jg. 1965, Journalist und Dokumentarfilmer, 1986 Mitbegründer der »Initiative Frieden und Menschenrechte«, 1986–87 Mitarbeit an der Samisdat-Zeitschrift »grenzfall«, Mitunterzeichner zahlreicher Eingaben, Appelle und Memoranden u. a. zur Verwirklichung der Helsinki-Verpflichtungen, Ende 1988 Mitbegründer der DDR-weiten Arbeitsgruppe zur Situation der Menschenrechte in der DDR, Oktober 1989 bis Januar 1990 Mitglied des Vorstandes der neu gegründeten Sozialdemokratischen Partei (SDP), November 1990 bis März 1991 Pressesprecher der Partei Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag.

  18. Rainer Eppelmann, Jg. 1943, evangelischer Theologe, 1966 Verweigerung des Eides als Bausoldat, Verurteilung zu acht Monaten Haft, 1975–89 Pfarrer an der Samariter-Gemeinde in Berlin-Friedrichshain, 1979–86 Organisator von »Bluesmessen« (Gottesdienst mit Konzert) im Rahmen seiner kirchlichen Jugendarbeit, die einen Ausgangspunkt oppositioneller Aktivitäten bildeten, 1982 zusammen mit Robert Havemann Verfasser des »Berliner Appells« (»Frieden schaffen ohne Waffen«) zur Entmilitarisierung beider deutscher Staaten, daraufhin Inhaftierung durch das MfS vom 9. bis 11.2.1982, Oktober 1989 Mitbegründer des »Demokratischen Aufbruchs« in Ostberlin, Februar 1990 Minister ohne Geschäftsbereich in der Regierung Modrow, April–Oktober 1990 Minister für Abrüstung und Verteidigung der DDR, 1990–2005 Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU).

  19. Heiko Lietz, Jg. 1943, evangelischer Theologe, 1970–80 Pfarrer der Domgemeinde Güstrow, ab 1979 Mitarbeit in der unabhängigen Friedensbewegung, 1980 Aufgabe seines Pfarramtes nach Konflikten mit der Kirchenleitung, anschließend bis 1988 als Hausmeister für die Volkssolidarität in Güstrow tätig, in dieser Zeit Engagement für Oppositionsgruppen im Norden der DDR, ab 1984 Mitorganisator der DDR-weiten Treffen von »Frieden konkret«, Organisation und Moderation des »Arbeits- und Koordinierungskreises zum Wehrdienstproblem«, ab 1986 Leiter der »Arbeitsgruppe Frieden« der Mecklenburgischen Landeskirche, ab September 1989 Mitglied des »Neuen Forums« (NF), Vertreter des NF am Zentralen Runden Tisch.

  20. Das 1927 von Otto Kleinschmidt gegründete Kirchliche Forschungsheim in der Lutherstadt Wittenberg entwickelte sich unter der Leitung von Hans-Peter Gensichen besonders in den 1980er Jahren zu einem intellektuellen Zentrum der unabhängigen kirchlichen Umweltbewegung in der DDR. Gensichen und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Gerd Pfeiffer sorgten für eine klare umweltethische Ausrichtung des Instituts. Dazu zählte nicht nur die theologische und naturwissenschaftliche Analyse ökologischer Fragen, sondern auch die Initiierung öffentlichkeitswirksamer Aktionen wie der Umwelttag »Mobil ohne Auto«. Ab 1980 gab das Institut die Umweltzeitschrift »Briefe« heraus, 1988–89 erschienen fünf Ausgaben der »Pusteblume«.

  21. Die Zeitschrift »Friedensnetz« wurde seit 1984 von der »Arbeitsgruppe Frieden« (AGF) der Mecklenburgischen Landeskirche herausgegeben, nach dem die Gründung eines DDR-weiten Periodikums aller Friedenskreise auf dem Treffen »Frieden konkret« 1983 gescheitert war. 1986 übernahm der Bürgerrechtler Heiko Lietz die Leitung der AGF. In der Folgezeit ging das »Friedensnetz« an alle Landeskirchen der DDR und erreichte eine Auflage von mehr als 750 Exemplaren.

  22. Roland Jahn, Jg. 1953, Bürgerrechtler und Journalist, Aktivist der oppositionellen Szene in Jena, 1977 Exmatrikulation von der Universität Jena wegen seines Protests gegen die Biermann-Ausbürgerung, 1980–82 öffentliche Aktionen für Meinungsfreiheit und zur Unterstützung der polnischen Gewerkschaft »Solidarność«, ab September 1982 sechsmonatige Untersuchungshaft, im Januar 1983 wegen »Öffentlicher Herabwürdigung der staatlichen Ordnung« und »Missachtung staatlicher Symbole« zu 22 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, nach internationalen Protesten vorzeitige Haftentlassung im Februar 1983, anschließend Mitbegründer der Oppositionsgruppe »Friedensgemeinschaft Jena«, am 8.6.1983 gegen seinen Willen ausgebürgert und mit Gewalt in den Westen abgeschoben, anschließend Unterstützung der DDR-Opposition von Westberlin mit Druck- und Filmtechnik und journalistischen Kontakten, seit 1987 freier Journalist u. a. für »Radio Glasnost«, »taz« und SFB, produzierte u. a. für das ARD-Magazin »Kontraste« zahlreiche Beiträge zur Opposition und alltäglichen Repression in der DDR, in den 1990er Jahren in der Aufarbeitung der SED-Diktatur engagiert, seit 2011 Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen.

  23. Ralf Hirsch, Jg. 1960, Schlosser, seit 1984 Mitarbeit in der kirchlichen Jugendarbeit, 1986 Mitbegründer und Sprecher der »Initiative Frieden und Menschenrechte«, Mitherausgeber der Samisdat-Zeitschrift »grenzfall«, 1988 Ausbürgerung nach Festnahme bei der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration, im 1989 Mittelsmann zwischen der DDR-Opposition und bundesdeutschen Medien.

  24. Ulrich Neumann, Jg. 1954, Psychologe, Autor und Filmemacher, Aktivist des »Grün-ökologischen Netzwerks Arche«, nach seiner Ausreise in die Bundesrepublik Gründung der »Arche-West«, 1988 einer der Produzenten des illegal in der DDR gedrehten Dokumentarfilms »Bitteres aus Bitterfeld«, seit 1989 Autor und Regisseur für die Politmagazine von ARD und ZDF, u. a. mit Beiträgen für die Sendung »Kennzeichen D«.

  25. »Radio 100« war einer der ersten beiden privaten Radiosender in Westberlin. Im August 1987 startete die Sendereihe »Radio Glasnost – außer Kontrolle«, bei der immer am letzten Montag eines Monats über oppositionelle Aktivitäten in der DDR berichtet und Musik von ostdeutschen Liedermachern und Independent- und Punk-Gruppen gespielt wurde. Die Beiträge wurden von Journalisten, Politikern oder Diplomaten in den Westen geschmuggelt und dort u. a. von Roland Jahn und Dieter Rulff bearbeitet. Die DDR-Bürgerrechtsaktivisten konnten auf diesem Weg bis Anfang 1990 in insgesamt 27 Sendungen ihre kritischen Beiträge unzensiert in die Region Berlin-Brandenburg ausstrahlen.

  26. Vgl. Heller, Frithjof: Unbotmäßiges von »grenzfall« bis »Wendezeit« In: Deutschland Archiv (1988)11, S. 1188–1196.

  27. Vgl. Schacht, Ulrich: Bückware des Geistes aus dunklen Hinterzimmern – Politik und Hoffnung. Die Untergrund-Zeitungen in der DDR. In: Die Welt v. 17.9.1988.

  28. Vgl. Heller, Frithjof: Die inoffizielle Presse in der DDR. Von »grenzfall« bis »Kopfsprung«. In: Neue Zürcher Zeitung v. 26.4.1988, S. 5.

  29. Rüdiger Rosenthal, Jg. 1952, Physiker, Lyriker und Journalist, 1982 Erstunterzeichner des »Berliner Appells«, 1984 Publikation des Gedichtbands »Polnische Reise, Poetische Erzählungen und andere Gedichte« im Westberliner Oberbaum-Verlag, 1987 Ausreise nach Westberlin, unterstützte von dort durch Medienarbeit die DDR-Opposition, arbeitete bis 1989 als Journalist für die Sendung »Radio Glasnost«.

  30. Im September 1988 wurden Kai Feller, Katja Ihle, Philipp Lengsfeld und Benjamin Lindner von der EOS »Carl von Ossietzky« in Berlin-Pankow relegiert. Die Schüler waren wegen kritischer Plakate (»Neonazis raus«) und Artikel an der schulinternen Wandzeitung (»Solidarität mit Solidarność«) aufgefallen und hatten damit lebhafte Diskussionen in der Schule ausgelöst. Eine Unterschriftensammlung gegen Militärparaden anlässlich des Jahrestages der DDR wurde von 38 der insgesamt 160 Schülerinnen und Schüler unterzeichnet. Auf Druck von Schulleitung, SED und Elternhäusern zogen 30 Schüler ihre Unterschrift zurück, die übrigen acht wurden hart bestraft. Vier Schüler wurden relegiert, zwei erhielten einen Verweis und zwei wurden strafversetzt. Das staatliche Vorgehen schlug hohe Wellen, nicht zuletzt weil mit Philipp Lengsfeld der Sohn der gerade ausgebürgerten Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld sowie der Sohn von Egon Krenz, der die Schule ebenfalls besuchte, in den Fall involviert waren. In kirchlichen Kreisen kam es zu Solidaritätskundgebungen, auch viele Bürger artikulierten ihr Missfallen. Vgl. Kowalczuk, Ilko-Sascha: Endspiel. Die Revolution in der DDR. Bonn 2009, S. 291–300.

  31. Gemeint ist die akute ökonomische und gesellschaftliche Krise in Rumänien, die bei Andachten, Seminaren und Protestaktionen kirchlicher Basisgruppen häufig thematisiert wurde. Seit Mitte der 1980er Jahre litt die rumänische Bevölkerung unter extremen Versorgungsengpässen: Wohnungen und Straßen verfielen, Heizmittel wurden streng rationiert, die Stromversorgung brach zusammen, es fehlte an essentiellen Grundnahrungsmitteln wie Gemüse, Fleisch, Käse, Milch und Babynahrung. Proteste gegen die Verelendung, etwa in Brasov 1987, wurden schnell durch staatliche Sicherheitskräfte unterbunden. Zwei Regierungsmaßnahmen provozierten besonders viel Unzufriedenheit: Der Bau eines neuen Stadtzentrums mit dem »Haus des Volkes« und dem »Boulevard des Sieges des Sozialismus« in Bukarest und eine geplante Landreform mit der Errichtung von Planstädten und »Agroindustriellen Zentren«, für die Tausende Dörfer weichen sollten. Seit dem Frühjahr 1989 wagten sich erste Geistliche und Intellektuelle mit kritischen Stellungnahmen an die Öffentlichkeit, etwa der Pastor der Ungarischen Reformierten Kirche von Temesvár László Tőkés, die Bürgerrechtlerin Doina Cornea oder der Experte für Völkerrecht Dumitru Mazilu. Sie waren Vorboten der Rumänischen Revolution mit dem Sturz des Diktators Nicolae Ceauşescus im Dezember 1989.

  32. Die Aussage bezieht sich vermutlich auf die Verurteilung Vaclav Havels im Februar 1989 und die darauf folgenden Proteste und Solidarisierungskampagnen von Bürgerrechtsgruppen in Osteuropa und in der DDR. Im Mai 1989 wurde Havel auf Bewährung entlassen und am 29.12.1989 zum Regierungspräsidenten der Tschechoslowakei gewählt.

  33. Hans-Jochen Tschiche, Jg. 1929, evangelischer Theologe, 1982 Unterstützer des »Berliner Appells« für eine Entmilitarisierung beider deutscher Staaten, maßgeblich beteiligt an der Herausbildung überregionaler Netzwerke oppositioneller Gruppen, seit 1978 Leiter der Evangelischen Akademie in Magdeburg, 1986–88 Mitglied des Fortsetzungsausschusses des Netzwerks kirchlicher Basisgruppen »Konkret für den Frieden«, September 1989 Mitbegründer des »Neuen Forums« (NF), Dezember 1989 bis März 1990 Vertreter des NF am Runden Tisch des Bezirkes Magdeburg, 1990 Mitglied der frei gewählten 10. Volkskammer, 1990–98 Fraktionsvorsitzender der Partei Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, 1994–98 Alterspräsident des Sächsischen Landtages und Mitglied des Ältestenrates.

  34. Friedrich Schorlemmer, Jg. 1944, evangelischer Theologe, Mitglied der Friedens-, Menschenrechts- und Umweltbewegung, 1978–92 Dozent am Evangelischen Predigerseminar und Pfarrer der Schlosskirche in Wittenberg, im Oktober 1989 Mitbegründer des »Demokratischen Aufbruchs«.

  35. In seinem Positionspapier »Teilhabe statt Ausgrenzung – Wege zu einer solidarischen Lebens- und Weltordnung« gab Tschiche einen Überblick über die politischen Anliegen der Friedensgruppen und deren Verhältnis zu Kirche, Staat und Gesellschaft und forderte eine stärkere Beteiligung von Basisgruppen an gesellschaftlichen Veränderungsprozessen. Der Text wurde auf dem Basisgruppentreffen »Frieden konkret VI« im Februar 1988 in Cottbus diskutiert und ist abgedruckt in: Kowalczuk, Ilko-Sascha (Hg.): Freiheit und Öffentlichkeit. Politischer Samisdat in der DDR 1985–1989. Berlin 2002, S. 172.

  36. Schorlemmer präsentierte die 20 Thesen der Wittenberger Kirchengemeinde auf dem Kirchentag in Halle im Juni 1988. Gefordert wurde darin unter andrem eine produktive Streitkultur, eine Reform des DDR-Medienwesens, das offene Ansprechen von Widersprüchen und Fehlentwicklungen, ein Wahlrecht mit echter Auswahlmöglichkeit, eine unabhängige Verwaltungsgerichtsbarkeit, eine Revision des Strafgesetzbuches und die Etablierung einer Pädagogik der friedlichen Konfliktbewältigung. Die »20 Thesen zur Erneuerung und Umgestaltung – Wider eine Gesellschaft der Gleichgültigen und Verantwortungslosen« sind abgedruckt in: Israel, Jürgen (Hg.): Zur Freiheit berufen. Die Kirche in der DDR als Schutzraum der Opposition 1981–1989. Berlin 1991, S. 81–85.

  37. Unmittelbar nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl am 26.4.1986 verfassten Reinhard Schult (Friedenskreis Friedrichsfelde), Thomas Klein (Friedenskreis Friedrichsfelde) und Sebastian Pflugbeil (Friedenskreis Emanuelkirche) den Appell »Tschernobyl wirkt überall«, um über die Risiken der Atomenergie aufzuklären und die gezielte staatliche Desinformationskampagne zu kritisieren. Im Mai und Juni 1986 wurde der Appell als Grundlage für eine Unterschriftensammlungen innerhalb der Umwelt- und Friedenskreise genutzt. Wolfgang Templin, Ralf Hirsch, Peter Grimm und Martin Böttger von der »Initiative Frieden und Menschenrechte« nahmen den Appell zum Anlass, einen Brief an die Volkskammer mit dem Vorschlag einer Volksabstimmung über den weiteren Umgang mit der Kernenergie zu senden. Das Schreiben vom 16.6.1986 war in Form einer Willenserklärung verfasst und bezog sich auf Artikel 21 (Recht auf Mitbestimmung und Mitgestaltung) und Artikel 53 (Beschluss der Durchführung von Volksabstimmungen durch die Volkskammer) der DDR-Verfassung. Bis Oktober 1986 unterzeichneten über 1 000 Personen die Forderung. Der Brief ist abgedruckt in: Jordan, Carlo; Kloth, Hans Michael (Hg.): Arche Nova. Opposition in der DDR. Das »Grün-ökologische Netzwerk Arche« 1988–90. Berlin 1995, S. 407. Der Appell »Tschernobyl wirkt überall« ist abrufbar unter: www.stasi-mediathek.de (letzter Abruf: 27.2.2019).

  38. »Eine Mark für Espenhain« war eine von mehreren Umweltgruppen im Juni 1988 gestartete Unterschriftenaktion, um die massiven Umweltbelastungen im südlichen Leipziger Umland zu thematisieren. Da Unterschriftensammlungen in der DDR untersagt waren, sollten die Unterstützer jeweils eine Mark spenden und ihre Spende quittieren lassen. Bis Ende 1989 konnten so mehr als 100 000 Mark gesammelt werden, die dem Braunkohlenveredelungswerk Espenhain, einem der größten Umweltverschmutzer der DDR, für Umweltschutzmaßnahmen übergeben werden sollten. Nachdem das Werk im August 1990 stillgelegt worden war, flossen die Gelder als Grundstockvermögen in die »Zukunftsstiftung Südraum Leipzig« des Christlichen Umweltseminars Rötha e.V.

  39. Die »Charta 77« war ein am 1.1.1977 veröffentlichtes »Manifest für Bürgerrechte« einer Gruppe von tschechoslowakischen Intellektuellen, die sich auf die Schlussakte der KSZE berief. Aus der Gruppe entwickelte sich in der Folgezeit die gleichnamige Bürgerrechtsbewegung.

  40. Die erste freie Gewerkschaft im Ostblock, die polnische »Solidarność«, entstand am 17.9.1980 während einer Streikwelle in Danzig und wurde von der kommunistischen Führung Polens zunächst als legale Organisation zugelassen. Nachdem am 13.12.1981 das Kriegsrecht ausgerufen worden war, wurde die Organisation verboten und zahlreiche Mitglieder verhaftet. In der Folgezeit blieb die Gewerkschaft im Untergrund aktiv. Im August 1988 begannen Gespräche zwischen der polnischen Führung und Vertretern der »Solidarność«, die im Februar 1989 zur Verhandlungsplattform der »Runden Tische« und im Juni 1989 zu »halbfreien« Wahlen führten. Das Bürgerkomitee »Solidarność« gewann alle frei wählbaren Sitze im Parlament und 99 von 100 Sitzen des Senats. Die »Solidarność« hatte damit seit 1981 die wesentlichen Voraussetzungen für den friedlichen Übergang zur Demokratie in Polen geschaffen.

  41. Vgl. Wozu auf die Vergangenheit zurückkommen? Aus: Sputnik 10/88, S. 8–10, abgedruckt in: Sächsischer Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen (Hg.): Lausitzbotin. Das Jahr 1989 in der sächsischen Provinz im Spiegel einer Zittauer Oppositionszeitschrift. Bautzen 1999, S. S. 69–72; Kowalowa, Tatjana; Smagin, Alexander: Was ist Sozialistischer Pluralismus? Aus: Kultur und Leben, abgedruckt in: ebenda, S. 60–62.

  42. Die »Dokumenta Zion« war eine Sonderausgabe der seit 1986 von der »Umweltbibliothek« (UB) im Selbstverlag herausgegebenen Umweltblätter. Sie dokumentiert mit einer Auflage von 200 Exemplaren den Überfall auf die UB durch die Generalstaatsanwaltschaft und die Staatssicherheit im November 1987. Ziel der Razzia war es gewesen, die Mitglieder beim Druck der verbotenen Samisdat-Zeitschrift »grenzfall« zu überführen. Obwohl während der Durchsuchung nur die halblegalen »Umweltblätter« hergestellt wurden, verhafteten die Sicherheitskräfte sieben anwesende Personen und beschlagnahmten die Drucktechnik der Bibliothek. Der Vorfall führte im In- und Ausland zu Solidaritätsbekundungen und Protesten und machte die UB weit über die DDR hinaus bekannt. Vgl. Kowalczuk, Ilko-Sascha: Endspiel. Die Revolution von 1989 in der DDR. Bonn 2009, S. 254.

  43. »Pechblende. Der Uranbergbau in der DDR und seine Folgen« war der Titel einer Untergrundschrift über den Uranbergbau in der südlichen DDR. Verfasst hatte die Studie der Umweltaktivist Michael Beleites, herausgegeben wurde sie vom Kirchlichen Forschungsheim in Wittenberg. Über die Entstehung und die Reaktion der Staatssicherheit siehe Beleites, Michael: Untergrund. Ein Konflikt mit der Stasi in der Uran-Provinz. Berlin 1991. Die Dokumentation »Pechblende« ist abrufbar unter: www.wise-uranium.org (letzter Abruf: 27.2.2019).

  44. Die »Initiative Frieden und Menschenrechte« (IFM) entstand 1985/86 aus einer Gruppe um Bärbel Bohley, Gerd Poppe, Peter Grimm, Reinhard Weißhuhn, Ralf Hirsch, Wolfgang Templin und Werner Fischer. Im Zentrum des IFM-Engagements standen in Anlehnung an die »Charta 77« die Durchsetzung der politischen Grund- und Freiheitsrechte, die Herstellung von Rechtsstaatlichkeit und die Demokratisierung von Staat und Gesellschaft. Dabei verzichtete die lose organisierte IFM bewusst auf eine kirchliche Anbindung und damit auch auf deren schützendes Dach. Die etwa 30 Mitglieder der IFM gaben den illegalen »grenzfall« heraus, nutzten westliche Medien zur Verbreitung ihrer Erklärungen und wurden wie keine zweite Oppositionsgruppe vom MfS verfolgt.

  45. Vgl. Hirsch, Ralf; Kopelew, Lew (Hg.): grenzfall. Vollständiger Nachdruck aller in der DDR erschienenen Ausgaben (1986/87). Erstes unabhängiges Periodikum. Berlin 1989.

  46. Die »Anordnung über das Genehmigungsverfahren für die Herstellung von Druck- und Vervielfältigungserzeugnissen« in der Fassung vom 25.3.1975 ist abgedruckt in: Lübbe, Peter (Hg.): Dokumente zur Kunst-, Literatur- und Kulturpolitik der SED 1975–1980. Stuttgart 1984, S. 30.

  47. Verordnung über die Vollstreckung wegen Geldforderungen der Staatsorgane und staatlichen Einrichtungen vom 6. Dezember 1968; GBl. 1969, S. 61.

  48. Edgar Wallisch, Jg. 1953, Mediziner, seit 1987 Mitarbeit in der »Umweltbibliothek« in Ostberlin, 1988 Mitbegründer des »Grün-ökologischen Netzwerks Arche«, Redakteur und Autor der Untergrundzeitung »Arche Nova«, Mitorganisator der illegalen Aufnahmen für den Dokumentarfilm »Bitteres aus Bitterfeld«, am 13.1.1989 Übersiedlung nach Westberlin.

  49. Die »Initiative Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung« (IAPPA) ging aus einem gleichnamigen Antrag auf der Bundessynode des BEK im September 1987 in Görlitz hervor. Die Gruppe um Reinhard Lampe, Stephan Bickhardt und Ludwig Mehlhorn kritisierte die vielfältigen Reisebeschränkungen in der DDR und die damit einhergehende Isolation von internationalen und interkulturellen Kontakten. Neben dem Eintreten für unbeschränkte Reisemöglichkeiten setzten sich die Mitglieder der IAPPA auch für die Aufdeckung von Manipulationen bei der Kommunalwahl im Mai 1989 ein und riefen im September 1989 zur Gründung der Bürgerbewegung »Demokratie Jetzt« auf.

  50. Stephan Bickhardt, Jg. 1959, Vikar, ab 1986 Engagement für die »Initiative Frieden und Menschenrechte«, 1987 Mitbegründer des Arbeitskreises »Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung«, Organisator und Autor der Samisdat-Zeitschrift »radix-Blätter«, im September 1989 Mitbegründer von »Demokratie Jetzt«.

  51. Reinhard Lampe, Jg. 1955, evangelischer Theologe, 1987 Mitbegründer der »Initiative Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung«, Mitherausgeber und Autor von Samisdat-Literatur wie »Aufrisse«, September 1989 Mitbegründer von »Demokratie Jetzt«.

  52. Ludwig Mehlhorn, Jg. 1950, Mathematiker, arbeitete aufgrund eines Berufsverbots wegen oppositioneller Aktivitäten bis 1989 als Hilfspfleger, 1987 Mitbegründer der »Initiative Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung«, Beteiligung an der Herausgabe der Samisdat-Publikation »radix-blätter«, Mitglied des Arbeitskreises »Solidarische Kirche«, 1989 Mitbegründer von »Demokratie Jetzt«.

  53. Der Friedenskreis Friedrichsfelde wurde 1984 in der Ostberliner Kirchengemeinde Friedrichsfelde gegründet. Er entwickelte eine betont antikapitalistische Programmatik und distanzierte sich von der positiven Sicht der »Initiative Frieden und Menschenrechte« auf die ökonomische und politische Ordnung des Westens. Aus dem Friedenskreis ging die Gruppe »Gegenstimmen« um Thomas Klein, Vera Wollenberger (heute Lengsfeld), Silvia Müller und Reinhard Schult hervor, die 1986 den Aufruf »Tschernobyl wirkt überall« verfasste und 1988 eine Aktionswoche gegen die Tagung des Internationalen Währungsfonds in Westberlin organisierte. Der Friedenskreis gab die Samisdat-Zeitschrift »Friedrichsfelder Feuermelder« im Selbstverlag mit insgesamt 19 Ausgaben in wechselnder Auflagenstärke heraus.

  54. Werner Hilse, Jg. 1933, evangelischer Theologe, seit 1977 Pfarrer der Evangelischen Bekenntnisgemeinde Berlin-Treptow, stellte in seiner Gemeinde Räume für Friedensbewegte, Ausreisewillige und Homosexuelle zur Verfügung, 1983 Mitbegründer des Arbeitskreises »Gottesdienste für Gerechtigkeit und Frieden«, Engagement für das Grün-ökologische Netzwerk Arche, 1989 Leitung des Runden Tisches im Bezirk Treptow.

  55. Torsten Metelka, Jg. 1960, Mitarbeiter im Dresdner Albertinum und im Dresdner Zwinger, Mitglied der Evangelischen Bekenntnisgemeinde Berlin-Treptow, Herausgeber der seit 1987 erscheinenden Samisdat-Zeitung »Kontext«.

  56. Benn Roolf, Jg. 1964, Elektriker, seit 1982 in verschiedenen Oppositionsgruppen aktiv, Autor und Herausgeber der seit 1987 erscheinenden Samisdat-Zeitung »Kontext«, protestierte mit Gerd Poppe gegen die Verhaftung von Václav Havel und anderer tschechoslowakischer Bürgerrechtler, 1987 Mitarbeit in der Vorbereitungsgruppe des ersten DDR-weiten Menschenrechtsseminars.

  57. Das »Ostkreuz« war ein von Gerd Poppe, Reinhard Weißhuhn und Christian Dietrich im Januar 1989 im Selbstverlag veröffentlichtes Informationsheft mit dem Schwerpunkt »Rumänien«. Die Staatssicherheit verhinderte die Veröffentlichung eines weiteren, bereits gesetzten Heftes.

  58. Der Friedens- und Umweltkreis in der Zionsgemeinde wurde 1983 gegründet. Die Mitglieder nutzten die Kellerräume der Zionskirche in Berlin-Mitte für Veranstaltungen und den Druck der Samisdat-Publikationen »Umweltblätter« und »grenzfall«. Im September 1986 wurde hier von Carlo Jordan, Christian Halbrock und Wolfgang Rüddenklau die »Umweltbibliothek« gegründet.

  59. Der Friedenskreis der Samariter-Gemeinde entstand 1982 unter der Leitung des Pfarrers Rainer Eppelmann. Die Mitglieder organisierten die jährlichen Friedensdekaden und diskutierten in einer Vielzahl von Untergruppen Themen wie Ökologie, Menschenrechte, Eine-Welt und Christentum. Seit 1984 erschien die Samisdat-Zeitschrift »Schalom«, ab 1987 wurde mit etwa 300 Exemplaren die Zeitschrift »Wendezeit« herausgegeben.

  60. Thomas Welz, Jg. 1957, Bürgerrechtler, 1978/79 Häftling im Militärgefängnis Schwedt, Leiter des »Arbeitskreises Information« der evangelischen Samariter-Gemeinde in Berlin-Friedrichshain, Autor und Herausgeber verschiedener Samisdat-Zeitungen wie »Schalom«, »Wegzehrung« und »Wendezeit«, Mitglied des Friedenskreises der Samariter-Gemeinde, 1989 Mitbegründer von »Demokratie Jetzt«.

  61. Der »Ökumenische Friedensarbeitskreis der Region Forst« wurde 1985 um Bodo Grützner, Matthias Piel und Frank Sensel gegründet. Die kirchliche Gruppe konzentrierte sich zunächst auf die Ausgestaltung der jährlichen Friedensdekade und diskutierte pädagogische, umwelt- und entwicklungspolitische Fragestellungen. Ab 1988 lag der Schwerpunkt der Arbeit auf der Herstellung des Informationsblattes »Aufbruch«, das mit einer Auflage von 400 Exemplaren von Maria Nooke, Michael Moogk, Guido Bache und Bodo Grützner herausgegeben wurde. Zentrale Themen der Samisdat-Publikation waren der Braunkohleabbau in der Lausitz, die Demokratisierung der DDR und Menschenrechtsfragen.

  62. Die Junge Gemeinde Dresden gab seit 1987 das »Lila Band« zu frauenpolitischen Themen heraus. Das maßgeblich von Friederike Woldt gestaltete Blatt erschien in 3 Ausgaben mit einer Auflage von 300 Stück.

  63. Die Schrift »Wir Ahnungslosen« verteilte seit 1988 der Ökologische Arbeitskreis der drei Dresdener Kirchenbezirke mit einer kleinen Auflage im Raum Dresden.

  64. Das »Blattwerk« war ein von der »Ökologischen Arbeitsgruppe Halle« im Selbstverlag herausgegebenes Informationsheft zu umweltpolitischen und kirchlichen Themen. Zwischen 1984 und 1989 erschienen zehn reguläre und mehrere Sonderausgaben, u. a. zum Landeskirchentag in Halle im Juni 1988.

  65. Das Informationsblatt »Nachtgebete. Informationen-Meinungen« wurde 1988 und 1989 vom »Vorbereitungskreis Nachtgebete« der Evangelischen Kirchengemeinde Halle im Selbstverlag mit einer Auflage von über 200 Exemplaren herausgegeben. Der Vorbereitungskreis diente auch dem Verfassen von Eingaben und der Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Fragen.

  66. Frank Eigenfeld, Jg. 1943, Geologe, seit 1970 wissenschaftlicher Assistent am Geologischen Institut der Universität Halle, seit 1979 Kontakte zur offenen Jugendarbeit in Halle-Neustadt, 1982 Entlassung aus dem Hochschuldienst, anschließend Arbeit als Hausmeister in der Hallenser Kirchengemeinde »Am Gesundbrunnen«, Mitverfasser einer kritischen Eingabe an den SED-Parteitag 1986, Mitglied der »Initiative Frieden und Menschenrechte«, Autor mehrerer Samisdat-Schriften wie »Nachtgebete«, September 1989 Mitbegründer des »Neuen Forums«.

  67. Hans-Peter Gensichen, Jg. 1943, evangelischer Theologe, seit 1975 Leiter des Kirchlichen Forschungsheims in Wittenberg für den Dialog zwischen Biowissenschaften und christlichen Kirchen, förderte die Gründung und Vernetzung von Umweltgruppen, 1981 Initiierung von Baumpflanzaktionen und des jährlichen Umweltwochenendes »Mobil ohne Auto«.

  68. Der »Brief aus der Haltestelle« war eine Sonderausgabe der vom Evangelischen Jugendzentrum »Haltestelle« in Quedlinburg im Selbstverlag veröffentlichten Informationshefte »Der Straßenfeger«. Er erschien 1988/89 unter maßgeblicher Mitwirkung von Hans Christoph Jäckel in fünf Ausgaben mit bis zu 100 Exemplaren.

  69. Die »Grün-Kreuz-Blätter« gab seit 1987 der »Ökumenische Arbeitskreis Naturschutz« der St.-Pauli-Kreuz-Gemeinde Karl-Marx-Stadt um Johannes Woldt heraus. Die mehr als zehn Ausgaben mit einer Auflage von 150 Exemplaren behandelten umweltpolitische und kirchliche Themen.

  70. Das »Journal« war ein von der »Arbeitsgemeinschaft Offene Arbeit« in Karl-Marx-Stadt seit 1988 im Selbstverlag herausgegebenes Informationsblatt mit einer Auflage von bis zu 400 Stück.

  71. Hans-Jochen Vogel, Jg. 1943, evangelischer Theologe, seit 1980 Pfarrer der Evangelischen Studentengemeinde Karl Marx Stadt, Mitarbeit sowohl in unabhängigen Friedengruppen als auch in der staatsnahen Christlichen Friedenskonferenz der DDR, Engagement für die »Arbeitsgemeinschaft Offene Kirche«.

  72. Karim Saab, Jg. 1961, Buchhändler, 1980 Gründung der »Initiative hoffnung nicaragua«, Totalverweigerung des Wehrdienstes, Herausgeber der Samisdat-Zeitschrift »Anschlag«, Mai 1989 Übersiedlung in die Bundesrepublik.

  73. Die »Initiative hoffnung nicaragua« wurde 1981in Leipzig als erste frei agierende politische Gruppe in der DDR gegründet. Die Aktivisten um Karim Saab, Hans-Joachim Döring, Gertrud Müller und Wilhelm Volks wollten sich der staatlich verordneten Solidarität für Nicaragua nicht beugen und gründeten stattdessen eine eigene Soli-Initiative, um die revolutionären Umwälzungen in Nicaragua zu unterstützen. In den undogmatischen linken Positionen der Sandinisten, die 1979 den Diktator Anastasio Somoza gestürzt hatten und seit 1981 mit einer Konterrevolution zu kämpfen hatten, erkannte die Gruppe einen lohnenswerten »Dritten Weg« zwischen Kapitalismus und Ostblock-Sozialismus. Mit Benefizkonzerten, Lesungen, Ausstellungen und Seminaren, an denen sich Künstler aus der gesamten DDR beteiligten, sammelte die Initiativgruppe Geld und Kontakte, um Haushaltswaren und Schulbedarf nach Südamerika zu verschiffen. Seit 1984 publizierte sie mit insgesamt 13 Ausgaben die Zeitung »Anschlag« mit künstlerischen und politischen Themen. Die Gestaltung des Blattes erfolgte in enger Zusammenarbeit mit der Galerie »Eigen+Art«.

  74. Die Zeitschrift »glasnot« wurde seit 1987 von Christoph Radtke, Catrin Drogi und Torsten Drogi mit politischen Themen und künstlerischer Gestaltung herausgegeben. Es gab insgesamt acht Ausgaben mit einer geringen Auflage.

  75. Torsten Drogi (geb. Ziesche), Jg. 1962, Kfz-Schlosser, später Psychotherapeut, 1986–89 Herausgeber der unabhängigen Kunst- und Kulturzeitschrift »glasnot« in Naumburg und Leipzig, Autor für »glasnot« und der Publikation der »Initiative hoffnung nicaragua« »Anschlag«, April 1989 Übersiedlung in die Bundesrepublik.

  76. Christoph Radtke, Jg. 1965, Student der Theologie am Katechetischen Oberseminar in Naumburg, engagiert im Friedenskreis der Evangelischen Studentengemeinde in Naumburg, seit Mitte der 1980er Jahre Mitverfasser kritischer Eingaben und Briefe zu innenpolitischen Reformen, Bürgerrechten und Fragen des Wehrdienstes, 1986–89 Herausgabe der unabhängigen Kunst- und Kulturzeitschrift »glasnot« in Naumburg, Autor der Samisdat-Zeitschrift »Kontext«.

  77. Seit 1984 publizierte das Leipziger Jugendpfarramt das Heft »Kontakte« mit den Themen Umwelt, Frieden und Eine-Welt, das im Jahr 1989 eine sehr große Auflage erreichte.

  78. Brigitte Moritz, Jg. 1954, Katechetin in der Leipziger Lukasgemeinde, 1982 Mitglied der von Bausoldaten gegründeten »Arbeitsgruppe Friedensdienst« der Evangelischen Kirche in Leipzig, 1984 Mitbegründerin der Gruppe »Frauen für den Frieden« in Leipzig, engagierte sich gegen die Militarisierung von Kindergärten und Schulen, ab 1985 Herausgeberin und Autorin der Samisdat-Zeitung »Kontakte« des Leipziger Jugendpfarramts, ab Oktober 1989 Mitglied des »Demokratischen Aufbruchs«.

  79. Der »Arbeitskreis Solidarische Kirche« (AKSK) konstituierte sich 1986 in vielen Basisgruppen in der DDR. Die etwa 300 Mitglieder des AKSK traten für mehr Demokratie und Transparenz in der Kirche ein und wandten sich gegen eine zu große Nähe von Kirchenvertretern zum Staat. Der AKSK setzte sich auch mit der Ausreiseproblematik auseinander, erklärte sich solidarisch mit verhafteten Bürgerrechtlern und protestierte gegen die Kommunalwahlen 1989. Der Leipziger AKSK um Nicolaus Voss publizierte ab 1988 die Samisdat-Zeitung »Solidarische Kirche« mit vier Ausgaben und einer Auflage von über 300 Stück. Vgl. Goertz, Joachim (Hg.): Die Solidarische Kirche in der DDR. Erfahrungen, Erinnerungen, Erkenntnisse. Berlin 1999.

  80. Die »Arbeitsgruppe Umweltschutz« wurde 1981 unter dem Dach des Leipziger Jugendpfarramtes ins Leben gerufen. Die bis zu 70 Mitglieder befassten sich mit praktischen Umweltschutzmaßnahmen im Alltag, ökologischer Mobilität und Umwelterziehung für Jugendliche. Mit westlicher und Samisdat-Literatur bauten sie in den Räumen des Jugendpfarramtes eine Umweltbibliothek auf. Die Aktivisten Roland Quester, Nicolaus Voss und Klaus Kaden publizierten zwischen 1981 bis 1989 regelmäßig das hektographierte Informationsblatt »Streiflichter«. Darüber hinaus veröffentlichten sie Sonderhefte, zum Beispiel 1989 das Heft »Die Pleiße« anlässlich des Pleißemarsches. Aus der AG Umweltschutz ging 1987 der radikalere Flügel »Initiativgruppe Leben« hervor, der ökologische Verbesserungen mit politischen Reformen verknüpfen wollte.

  81. Der Friedensarbeitskreis der evangelischen Martinskirche in Magdeburg wurde 1986 um Rainer Bohley, Erhard Gottschalk und Gerhard Ruden gegründet. Im Herbst 1989 schloss er sich der »Initiative Frieden und Menschenrechte« an. Seit 1988 gab er mit insgesamt vier Ausgaben den Rundbrief des Kirchenkreises Magdeburg heraus.

  82. Jochen Brothuhn, Jg. 1956, Ingenieur, Fertigungstechnologe im Schwermaschinenkombinat »Ernst Thälmann« Magdeburg, seit 1985 Mitglied im Friedenskreis der Martinsgemeinde von Magdeburg, 1987 Mitorganisator eines Menschenrechtsseminars, 1988 Regionalvertreter der Kirchenprovinz Sachsen im Fortsetzungsausschuss »Konkret für den Frieden«.

  83. Das »Turmblatt« der JG Stralsund wurde seit 1988 mit einer Auflage von über 200 Stück und acht Ausgaben zu religiösen und politischen Themen herausgegeben.

  84. Die »Arbeitsgruppe Frieden« (AGF) wurde auf der Synode der Mecklenburgischen Landeskirche im Jahr 1981 auf Initiative des Landesbischofs Heinrich Rathke für die Koordinierung der kirchlichen Friedensarbeit gegründet. Sie traf sich mehrmals im Jahr zur Vorbereitung der Friedensdekade, diverser Friedensseminare, Rüstzeiten und Rüsttage, sie übernahm die Beratung bei der Seelsorge und Begleitung von Gemeindegliedern in der Volksarmee und bei den Bausoldaten und sollte als Bindeglied zwischen der Kirchenleitung und den kirchlichen Basisgruppen in Greifswald, Schwerin, Wismar, Güstrow, Neubrandenburg und Neustrelitz dienen. In der AGF saßen Vertreter der Kirchenleitung, des Amtes für Gemeindedienst, der Evangelischen Studentengemeinde Rostock, der Stadtjugendarbeit Rostock, der Landeskirchlichen Jugendarbeit sowie der kirchlichen Basisgruppen. Die Mitgliedschaft benötigte die Zustimmung des Oberkirchenrates (OKR), dem kirchenleitenden Organ der Mecklenburgischen Landeskirche. Über den Zugang zur AGF und die Themensetzung kam es zwischen dem OKR und den Basisgruppen immer wieder zu Spannungen, vor allem in Hinblick auf unbequeme Akteure wie Heiko Lietz, Dieter Nath oder Markus Meckel. Auf Druck vieler Aktivisten wurde die AGF 1986 neu zusammengesetzt und die Leitung dem Bürgerrechtler Heiko Lietz übertragen, wodurch die Arbeit stärker auf die Wünsche und Aktionsformen der Basisgruppen ausgerichtet wurde. Die Zeitschrift der AGF »Friedensnetz« ging ab 1986 an alle Landeskirchen der DDR und erreichte eine Auflage von mehr als 750 Exemplaren.

  85. Die zwei Ausgaben der Publikation »Unterwegs« entstanden 1988/89 unter der Leitung von Wolfram Grafe von der Stadtjugendarbeit Schwerin mit einer Auflage von 100 Stück.

  86. Der »Ökologische Arbeitskreis Ilmenau« entstand im Sommer 1986 unmittelbar nach der Katastrophe von Tschernobyl. Die Aktivisten um Bodo Busch, Thomas Nastoll, Iris Kanowski und Michael Doppel setzten sich aktiv für den Umweltschutz in der Region Ilmenau ein, hielten engen Kontakt mit der »Umweltbibliothek« in Berlin und diskutierten Friedens- und Menschenrechtsfragen. Nach der Verteilung von Flugblättern in Ilmenau wurden im Dezember 1988 mehrere Mitglieder vorübergehend durch die Staatssicherheit inhaftiert. 1988 publizierte der Arbeitskreis den »Zwischenruf« mit einer Auflage von 300 Stück. Nach massivem Druck des MfS auf die Kirchenleitung wurden weitere Ausgaben der Zeitung untersagt.