Rowdyhafte Handlungen, Dresden
11. September 1989
Information Nr. 414/89 über rowdyhafte Handlungen Jungerwachsener gegen das Gebäude der Stadtbezirksleitung Dresden-Süd der SED
In der Nacht vom 6. zum 7. September 1989 bewarfen sechs Bürger der DDR in volltrunkenem Zustand unter lautem Grölen wie »SED Verräter«, »Scheiß Zone« sowie »Scheiß Rote« das Gebäude der Stadtbezirksleitung Dresden-Süd der SED mit Steinen.
Gegen die Täter im Alter zwischen 19 und 25 Jahren, vier von ihnen sind als Facharbeiter in volkseigenen Betrieben der Stadt Dresden beschäftigt, einer studiert an der Hochschule für Verkehrswesen »Friedrich List« in Dresden, wurden Ermittlungsverfahren gemäß §§ 215, 220 StGB (Rowdytum, Öffentliche Herabwürdigung)1 eingeleitet und auf gleicher Rechtsgrundlage Haftbefehle erwirkt. Es ist vorgesehen, die Ermittlungsverfahren beschleunigt durchzuführen.
Ersten Untersuchungsergebnissen zufolge handelten die Täter aus persönlicher Verärgerung und auf der Grundlage von ihnen bekundeter Ablehnung der Politik der SED.
In der Zeit vom 25. August bis 4. September 1989 zelteten sie gemeinsam auf einem Zeltplatz am Stadtrand von Prag (ČSSR). Dort verübte am Tage ihrer Abreise ein gemeinsamer Bekannter am Zeltplatzwart eine Körperverletzung und wurde durch die Miliz der ČSSR inhaftiert. Daraufhin forderten die genannten Personen Vertreter der Botschaft der DDR in der ČSSR sowie nach ihrer Rückkehr nach Dresden den Staatsanwalt der Stadt Dresden auf, sich für die Freilassung ihres Bekannten einzusetzen. Die Tatsache, dass ihrem Anliegen nicht entsprochen wurde, werteten sie als Unvermögen der Staatsorgane der DDR. Nach dem Aufenthalt in verschiedenen Gaststätten in Dresden am 6. September 1989 und dem Konsum erheblicher Mengen Alkohol haben sich die Täter während des Heimweges beim Vorbeilaufen am Objekt der Stadtbezirksleitung der SED, das ihnen durch Beschriftung und Symbolik eindeutig erkennbar war, zur Straftat entschlossen.
Nach Betätigung der Klingeleinrichtung durch alle Personen warf ein Täter einen Stein gegen das Gebäude, wodurch eine Scheibe mit dem Parteiemblem zerstört wurde. In der Folge beteiligten sich alle weiteren Personen am Werfen mit Steinen, die zu diesem Zweck aus einer baufälligen Sandsteinmauer eines Nachbargrundstückes herausgebrochen und zu handlicher Größe zerschlagen wurden. In diesem Zusammenhang wurden die vorgenannten Äußerungen getätigt, mit denen die Täter – eigenen Einlassungen zufolge – gleichzeitig ihr Nichteinverständnis mit der ihrer Meinung nach zu »gradlinigen, sturen, engstirnigen« Politik der SED bekunden wollten.