Treffen des Schwedischen Königs mit Vertretern des BEK
30. Januar 1989
Hinweis über ein Treffen des Ministerpräsidenten des Königreiches Schweden mit Vertretern des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR [Bericht K 3/97]
Im Zeitraum seines Staatsbesuches in der DDR suchte der Ministerpräsident des Königreiches Schweden, Ingvar Carlsson,1 am 23. Januar 1989 das Sekretariat des Bundes der Evangelischen Kirchen (BEK) in der DDR auf und führte dort Gespräche mit dem Vorsitzenden des BEK, Landesbischof Leich,2 und dessen Stellvertreter, Konsistorialpräsident Stolpe.3 Während des knapp einstündigen Gespräches waren ferner u. a. anwesend der Botschafter des Königreiches Schweden in der DDR, persönliche Mitarbeiter von Carlsson und der Leiter des Sekretariats des BEK, Oberkirchenrat Ziegler.4
Nach streng intern vorliegenden Hinweisen würdigte Leich die besonderen Beziehungen zwischen der evangelischen Kirche in Schweden und in der DDR. Er dankte der schwedischen Regierung für die Vermittlerrolle im KSZE-Prozess,5 der von ihm als eine Fortführung der Friedensbemühungen von Olof Palme6 gewertet wurde. In diesem Zusammenhang verwies er darauf, dass die DDR durch die Mitwirkung am Olof-Palme-Friedensmarsch im Jahre 19877 dessen Friedensbemühungen zu einem erlebbaren Ereignis gemacht habe.
Leich würdigte die Ergebnisse des KSZE-Treffens von Wien und sprach die Erwartung aus, ein Sachgespräch mit dem Staat zur KSZE-Problematik führen zu können. Er verwies darauf, dass die Kirchen in der DDR mit dem Staat im Gespräch sind (u. a. zu Fragen des Umweltschutzes, der Nutzung der Kernenergie) und unablässig weitere Sachgespräche anstreben.
Dem Informationsbedürfnis von Ministerpräsident Carlsson Rechnung tragend, würdigte Leich die Tatsache, wonach die Kirchen in der DDR ihre religiöse Tätigkeit ungehindert durchführen können.
Probleme mit dem Staat gäbe es dann, wenn sich die Kirchen gesellschaftlich engagieren wollten. Meinungsverschiedenheiten bestünden besonders hinsichtlich der Zuständigkeit der Kirchen für politische Fragen. Seiner Ansicht nach bestehe das Problem darin, dass die Kirchen in der Gegenwart politisch stärker gefragt seien als zu früheren Zeiten und auch die Kirchen in der DDR heute und künftig nicht an bestimmten politischen Problemen vorbeigehen könnten. Mit diesem Fakt – so Leich – könne sich mancher Politiker nicht abfinden; hier sei seiner Auffassung ein Lernprozess vonnöten.
Leich ging auch auf die Zusammenarbeit der evangelischen Kirchen in der DDR mit gesellschaftlichen Organisationen ein, die praktiziert wird mit dem Friedensrat zu internationalen Friedensfragen,8 dem Solidaritätskomitee zu internationalen Hilfsangelegenheiten9 und dem Kulturbund bezogen besonders auf Probleme des Umweltschutzes.10 Die evangelischen Kirchen streben auch auf diesem Gebiet eine Vertiefung und Erweiterung der Zusammenarbeit an. Allerdings gäbe es auch hier Schwierigkeiten, indem z. B. kirchliche Ökologiegruppen11 als »Sünder« attackiert würden.
Leich bestätigte ferner, dass es in der DDR möglich sei, gottesdienstliche Handlungen in Krankenhäusern durchzuführen. Dem Bau neuer Kirchen stände nichts im Wege, allerdings gebe es in der DDR eher zu viel als zu wenig Kirchen.
Ministerpräsident Carlsson ließ erkennen, dass er die Verhandlungen mit dem Vorsitzenden des Staatsrates der DDR, Genossen Erich Honecker,12 als außerordentlich wichtig betrachte. (Zu Einzelheiten der Verhandlungen und Gespräche äußerte er sich nicht.) Übereinstimmung gebe es zwischen ihm und der Regierung der DDR hinsichtlich der Notwendigkeit, die Politik des Dialogs in Europa auf allen Ebenen fortzuführen. Deshalb auch sein persönliches Interesse an einem Gespräch mit Repräsentanten der Kirchen in der DDR.
Carlsson gab weiter zu verstehen, dass er besonderes Interesse an Umweltproblemen habe, wozu es eine stärkere internationale Zusammenarbeit geben müsse. Es sei nützlich, sich diesem Problem kritisch zu stellen, ohne die Situation zu dramatisieren, wie es manche politische Kräfte, so die Grünen, praktizieren würden. Nach Auffassung von Carlsson ist die Umweltpolitik Teil der Verständigungspolitik in Europa.
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