Treffen Mitglieder Alternative Liste und Oppositionelle
1. Juli 1989
Hinweis auf ein Treffen führender Mitglieder der »Alternativen Liste« – »AL« – Westberlin mit Kräften politischer Untergrundtätigkeit am 28. Juni 1989 in der Hauptstadt der DDR, Berlin [Bericht K 1/205]
Am 28. Juni 1989, 19.42 Uhr, reisten die Fraktionsvorsitzende der »AL« im Westberliner Abgeordnetenhaus, Bischoff-Pflanz, Heidemarie,1 sowie der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Dr. Statz, Albert,2 über die Grenzübergangsstelle Bahnhof Friedrichstraße – begründet mit touristischem Aufenthalt – in die Hauptstadt der DDR, Berlin, ein (die Ausreise erfolgte am 29. Juni 1989, 0.05 Uhr).
Intern wurde bekannt, dass die genannten Personen ihren Aufenthalt in der Hauptstadt dazu nutzten, um in der Zeit von 20.00 Uhr bis 23.00 Uhr in der Wohnung des bekannten Martin Böttger3 (»Initiative Frieden und Menschenrechte«4) mit Kräften politischer Untergrundtätigkeit (neben Böttger u. a. Peter Grimm,5 Reinhard Weißhuhn,6 Peter Rölle7 sowie Gerd8 und Ulrike Poppe9) zusammenzutreffen.
Dabei wurden von ihnen u. a. folgende, sie interessierende Themen aufgeworfen und von den Anwesenden diskutiert:
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»Differenzen innerhalb der Partei- und Staatsführung« der DDR sowie »Vorhandensein reformistischer Kräfte«, insbesondere in der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED und dem Institut für Politik und Wirtschaft;
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neofaschistische und nationalistische Tendenzen in der BRD und Westberlin sowie Hinweise auf analoge Erscheinungen in der DDR;
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Probleme der »Wiedervereinigung« BRD – DDR im Zusammenhang mit der »Deutschlandpolitik« der »AL«, wobei die anwesenden feindlichen Kräfte zum Ausdruck brachten, dass »Wiedervereinigung« kein Thema unter der DDR-Bevölkerung sei, es jedoch eine stärker werdende Orientierung auf »deutsche Gemeinsamkeiten«, wie Kultur und Geschichte sowie eine zunehmende Wertorientierung nach dem vorhandenen Lebensniveau in der BRD gäbe.
Die »AL«-Mitglieder informierten während der Zusammenkunft über in zurückliegender Zeit mit Mitarbeitern des ZK der SED und besonders der Akademie für Gesellschaftswissenschaften und des Institutes für Politik und Wirtschaft10 geführte offizielle Gespräche.11
Sie behaupteten, es sei ihnen dabei gelungen, einen »Kompromiss« auszuhandeln, indem ihnen angeblich die Möglichkeit eingeräumt worden sei, neben offiziellen Gesprächen verschiedenste Gruppen und Einzelpersonen in der DDR zu treffen, vorausgesetzt, dass sie sich nicht an spektakulären Aktionen solcher Kräfte beteiligen.
Ausgehend davon – so brachten sie zum Ausdruck – planten sie die Weiterführung von offiziellen Gesprächen mit den DDR-Einrichtungen (verwiesen wurde auf Herbst 1989) sowie weitere Treffen mit oppositionellen Gruppen und Einzelpersonen (vereinbart wurde mit dem anwesenden Personenkreis der September 1989).