Treffen Oppositioneller in Leipzig
25. September 1989
Hinweis auf ein Treffen feindlicher, oppositioneller Kräfte am 24. September 1989 in Leipzig [Bericht K 3/107]
Dem MfS war bekannt, dass am 24. September 1989 in Leipzig, organisiert von dem Medizinstudenten Michael Arnold1 (Mitglied des personellen Zusammenschlusses »Initiativgruppe Leben«2 und Gründungsmitglied der oppositionellen Sammlungsbewegung »Neues Forum«3), ein Seminar zu »Fragen der Gründung von Vereinigungen und Organisationen mit oppositionellem Charakter«4 durchgeführt werden sollte.
Mit dem Ziel, diese in kirchlichen Räumen (Konvikt Leipzig) langfristig geplante Veranstaltung zu unterbinden, wurden staatlicherseits mit dem zuständigen Superintendenten Richter5 und dem Organisator Arnold getrennte Gespräche geführt und diesen entsprechend Auflagen erteilt.
Nach vorliegenden Hinweisen ist aufgrund der Veröffentlichung der Mitteilung des Ministers des Innern am 22. September 1989 über die Ablehnung des Antrages zur Bildung einer Vereinigung6 eine Reihe Führungskräfte des »Neuen Forums« übereingekommen, die vorgenannte Veranstaltung zu nutzen, um sich kurzfristig über das weitere Vorgehen zu verständigen.
In Missachtung erteilter Auflagen fand das geplante Seminar in Räumlichkeiten der Markuskirchgemeinde in Leipzig statt. Unter den ca. 80 Teilnehmern – Vertreter verschiedenster personeller Zusammenschlüsse – befanden sich die Erstunterzeichner des Gründungsaufrufes »Neues Forum«, Bärbel Bohley,7 Michael Arnold und Frank Eigenfeld/Halle8 sowie weitere Inspiratoren/Organisatoren oppositioneller Sammlungsbewegungen wie Pfarrer Edelbert Richter/Erfurt.9
Das Seminar befasste sich mit folgenden wesentlichen Inhalten:
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Notwendigkeit oppositioneller Sammlungsbewegungen
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Wirksamwerden oppositioneller Kräfte
Einflussnahme zur Erzielung einer gesetzlichen Regelung für die Bildung einer »oppositionellen Gesamtvereinigung«.
Dazu gaben Vertreter verschiedenster personeller Zusammenschlüsse sogenannte Selbstdarstellungen ab und verbanden dies mit der Orientierung, das »Neue Forum« zur Vernetzung existierender personeller Zusammenschlüsse und als Plattform des künftigen Wirkens zu nutzen.
Erarbeitet wurde eine Protestresolution gegen die Entscheidung des Ministers des Innern, die von Teilnehmern unterzeichnet wurde und an zentrale Organe versandt werden soll.
Nach bisher vorliegenden Erkenntnissen werden die Aktivitäten zur Bildung des »Neuen Forums« von einer Vielzahl kirchenleitender Personen der evangelischen Kirchen in der DDR unterstützt. Das gilt auch für eine Reihe kirchlicher Amtsträger und Mitarbeiter, die kirchliche Räumlichkeiten für Zusammenkünfte der an der Bildung des »Neuen Forums« beteiligten Personen zur Verfügung stellen. In Einzelfällen sind sie direkt beteiligt an der Propagierung des »Gründungsaufrufes« und entsprechenden Unterschriftensammlungen.