Vorkommnisse am 28. Jahrestag des Mauerbaus
14. August 1989
Information Nr. 383/89 über Vorkommnisse im Zusammenhang mit dem 28. Jahrestag der Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls
Im Ergebnis durchgeführter Sicherungs-, Beobachtungs- und Kontrollmaßnahmen wurde festgestellt, dass anlässlich des 28. Jahrestages der Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls1 gegnerische Kräfte – aktiv unterstützt durch westliche Massenmedien – eine Reihe gegen die DDR gerichteter provokatorische Aktionen, insbesondere gegen die Staatsgrenze bzw. in Grenznähe durchführten.
Zu schwerwiegenden Provokationen kam es am 13. August 1989 im gegnerischen Vorfeld der Staatsgrenze der DDR zu Westberlin. Hervorzuheben sind dabei insbesondere
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die massive Zerstörung von Grenzsicherungsanlagen der DDR im Raum Heinersdorf, [Kreis] Zossen, Bezirk Potsdam, durch ca. 15 vermummte Personen, durch welche nach rechtswidrigem Eindringen in das Staatsgebiet der DDR 14 Felder des Grenzsicherungszaunes auf einer Länge von 40 Metern zerstört bzw. schwer beschädigt wurden;2
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das provokatorische Verhalten einer größeren Personengruppe (ca. 100 bis 150 Personen) an der Grenzübergangsstelle Friedrich-/Zimmerstraße, die lautstark die Grenzsicherungskräfte beschimpften und mit Flaschen und anderen Gegenständen bewarfen;
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das Bewerfen von Grenzsicherungsanlagen im Vorfeld der Grenzübergangsstelle Friedrich-/Zimmerstraße, in den Sicherungsabschnitten Brandenburger Tor und Bouchéstraße mit Brandflaschen, Steinen und anderen Gegenständen, wodurch kurzzeitig der grenzüberschreitende Verkehr beeinträchtigt wurde;
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die provokatorische Verhaltensweise eines BRD-Bürgers im Vorfeld der Grenzübergangsstelle Friedrich-/Zimmerstraße, der sich in Anwesenheit des Vorsitzenden der Feindorganisation »Arbeitsgemeinschaft 13. August e.V.«3 und ca. 50 weiteren Personen auf die Grenzmarkierung legte;
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das Bewerfen der Grenzsicherungsanlagen von Westberlin aus im Sicherungsabschnitt Bernauer Straße mit vier Fackeln nach Durchführung eines sogenannten Fackelzuges, an dem sich ca. 40 Personen beteiligt hatten;
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das Auflassen eines befestigten Ballons im Sicherungsabschnitt Brandenburger Tor durch Mitglieder der Feindorganisation »IGfM«,4 an dem ein Plakat befestigt war, sowie von mehreren Kinderluftballons im gleichen Sicherungsabschnitt.
Für die in westlichen Medien verbreiteten Meldungen über eine gescheiterte »Flucht« mittels Heißluftballon gibt es nach Überprüfung auf dem Gebiet der DDR keinerlei Bestätigung.5
Darüber hinaus inszenierten gegnerische Kräfte, darunter Mitglieder der neofaschistischen Partei »Die Republikaner«6 und der Feindorganisation »IGfM« im westlichen Vorfeld der Staatsgrenze der DDR zur BRD bzw. zu Westberlin mehrere Hetzkundgebungen (u. a. Errichtung einer symbolischen Mauer auf der Halbinsel Priwall/Travemünde) und Kranzniederlegungen.
Durch das durchgängig der Lage angepasste, verantwortungsvolle, disziplinierte und besonnene Verhalten der zum Schutz der Staatsgrenze eingesetzten Sicherungskräfte der DDR konnten schwerwiegende Folgen der Provokationen verhindert werden.
Die staatliche Sicherheit und die öffentliche Ordnung und Sicherheit in der DDR waren durchgängig gewährleistet.
Insgesamt wurden sechs Vorkommnisse auf dem Territorium der DDR mit einer relativ geringen Öffentlichkeitswirksamkeit bekannt, die hauptsächlich von Antragstellern auf ständige Ausreise verursacht wurden.7 Dazu im Einzelnen:
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Provokatorisch-demonstrative Personenbewegung durch eine Gruppe von bis zu 50 Personen, mehrheitlich Antragsteller auf ständige Ausreise, in Berlin-Mitte zwischen dem Brandenburger Tor und der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR (Überwurf eines Rosenstraußes mit Trauerflor über das Absperrgitter am Brandenburger Tor und im Einzelfall Ruf »Wir wollen raus«).8 Wegen Nichtbefolgen ergangener Aufforderungen der Sicherungskräfte zur Auflösung der Personenbewegung erfolgten insgesamt 31 Zuführungen. (Im Ergebnis der Untersuchungen werden zwei Ermittlungsverfahren ohne Haft und 16 Ordnungsstrafverfahren durchgeführt. Die anderen Personen wurden nach eingehender Belehrung über künftiges gesellschaftsgemäßes Verhalten entlassen.)
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Vorläufige Festnahme einer bisher noch nicht identifizierten männlichen Person beim Versuch nach dem rechtswidrigen Eindringen die Grenzübergangsstelle Friedrich-/Zimmerstraße nach Westberlin zu gelangen (Person verweigert bisher jede Auskunft);9
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Demonstrativhandlung einer Westberlinerin (29 Jahre), die sich auf dem Mittelstreifen Unter den Linden/Otto-Grotewohl-Straße vor dem Brandenburger Tor auf einen mitgeführten Bettvorleger setzte und ein Plakat mit der Aufschrift »Fliegender Teppich« zeigte. (Die Person wurde zugeführt und nach Befragung am Abend des 13. August 1989 nach Westberlin ausgewiesen.)
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Zuführung von drei DDR-Bürgern (24/24/33 Jahre) in Berlin, Prenzlauer Berg, die im Bereich Schönhauser Allee/Dimitroffstraße zwei Transparente mit den Texten: »Freie Marktwirtschaft« bzw. »Es gibt nichts Gutes, Recht den Vätern« zeigten, wobei einer der Täter lautstark äußerte, dass »die Leute auf die Straße gehen und für ihre Rechte einstehen« sollen. Gegen sie wurden Ordnungsstrafverfahren durchgeführt.
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Anbringen von vier Sichttafeln an einem Wohnhaus in Magdeburg durch zwei Antragstellerinnen auf ständige Ausreise (22/27 Jahre), beschriftet mit Forderungen nach Ausreise. Beide Personen wurden zugeführt und nach erfolgter Belehrung entlassen.
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Anbringen eines Plakates im Stadtzentrum von Altenburg, [Bezirk] Leipzig, mit der Aufschrift »Nieder mit der Mauer« sowie symbolischer Darstellung von Mauerwerk durch bisher unbekannte Täter.
Hinsichtlich der Situation bezüglich des Aufenthaltes von DDR-Bürgern in diplomatischen Einrichtungen der BRD ist festzustellen, dass bis einschließlich 13. August 1989 insgesamt 33 DDR-Bürger (davon 15 Personen die Ständige Vertretung, sechs die BRD-Botschaft in Budapest und zwölf die BRD-Botschaft in Prag) diese diplomatischen Einrichtungen wieder verlassen und sich in ihre Wohnorte zurückbegeben haben. Gegenwärtig halten sich noch 32510 DDR-Bürger in diplomatischen Einrichtungen der BRD auf, davon 117 in der Ständigen Vertretung, 164 in Budapest, 43 in Prag und einer in Warschau.